Hilfen für die Störer:Acht Kinder, zwei Pädagogen

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Helga Schneitler, Leiterin der Comenius-Schule. (Foto: Christian Endt)

An der Grafinger Comenius-Schule wird eine Klasse für besonders auffällige Kinder eingerichtet

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Es gab neulich diesen Fall, da hätte man das Mobiliar eines Klassenzimmers einer Grundschule im Landkreis verheizen können. Ein Kind hatte es zu Kleinholz verarbeitet. So beschreibt es jedenfalls Schulamtsleiterin Angela Sauter. Sie ist eine Frau, die nicht im Verdacht steht, Dinge zu dramatisieren. Wenn etwa aus weiten Teilen Bayerns Klagen über Unterrichtsausfälle kommen, hört man meist von ihr, dass die Lage im Landkreis bei weitem nicht so alarmierend sei. Doch dass immer mehr Kinder schwer verhaltensauffällig sind, beunruhigt auch sie. Nach Einschätzung Sauters gibt es mittlerweile an jeder Grundschule im Landkreis mindestens ein oder zwei Kinder, die aus diesem Grund eigentlich nicht in einer Regelklasse unterrichtet werden können. Sie sollen künftig in einer Stütz- und Förderklasse an der Comenius-Schule in Grafing die besondere Betreuung erhalten, die sie brauchen.

"Kinder mit sehr hohem Förderbedarf im Bereich emotionale und soziale Entwicklung": So werden die Schülerinnen und Schüler genannt, die den anderen Kindern das Lernen und den Lehrern das Unterrichten schwer machen. Sie stören den Unterricht, irritieren ihre Mitschüler, können bisweilen ihre Aggressionen nicht kontrollieren. Nach Erfahrungen von Helga Schneitler, Leiterin der Johann-Comenius-Schule in Grafing, werden einige dieser Kinder deshalb sogar vom Unterricht ausgeschlossen und sitzen nur noch daheim. Schneitler und ihre Kollegen und Kolleginnen des Sonderpädagogischen Förderzentrums in Grafing haben immer wieder mit diesen Problemfällen zu tun. Sie gehen mit ihrem Mobilen Sonderpädagogischen Dienst (MSD) an die Grundschulen, um Lehrkräfte zu beraten und sie bei der Planung von Förderangeboten für auffällige Kinder zu unterstützen. Sie helfen auch herauszufinden, ob die Kinder, die so stark auffallen, nicht in einer anderen Schule besser gefördert werden könnten.

Doch für einige Kinder gibt es bisher im Landkreis noch kein passendes Angebot. Während andere Landkreise schon länger auf Stütz- und Förderklassen setzen, gibt es das im Landkreis Ebersberg noch nicht. Das hat laut Florian Robida, stellvertretender Leiter der Abteilung Jugend, Familie und Demografie im Landratsamt, allerdings auch den Vorteil, dass man nun schon von den Erfahrungen der anderen profitieren kann. Der Jugendhilfeausschuss des Landkreises hat kürzlich der Einrichtung der Stütz-/Förderklasse bereits zugestimmt; der Kreis ist als Sachaufwandsträger der Comenius-Schule bei der Entscheidung mit eingebunden. Allerdings wird es noch eine Weile dauern, bis das neue Angebot tatsächlich verfügbar ist: Erst im nächsten Sommer soll das konkrete pädagogische Konzept vorliegen, auch einige Umbaumaßnahmen sind nötig. Die erste Klasse soll dann im Schuljahr 2021/22 eingerichtet werden.

Aufgenommen werden in die Förderklasse Kinder aus dem ganzen Landkreis und von der ersten bis zur vierten Jahrgangsstufe. Fünf bis maximal acht Schüler werden von zwei Pädagogen gemeinsam betreut. Maximal zwei Jahre soll ein Kind in der besonderen Klasse bleiben, danach ist es im Idealfall so weit, dass es wieder am regulären Unterricht teilnehmen kann. Das Angebot wendet sich an Kinder mit psychischen Auffälligkeiten und extremen Verhaltensstörungen oder extremen Störungen im sozialen und emotionalen Bereich. Auch aggressive und destruktive Verhaltensweisen, depressives Verhalten und Angststörungen, beginnende Schulverweigerung oder psychosomatische Störungen können Indikatoren sein, die darauf hinweisen, dass ein Kind die besondere Unterstützung in der Klasse braucht. Zeigen die Eltern keine Bereitschaft zur Kooperation ist der Wechsel in die Stütz- und Förderklasse hingegen keine Option. Das gilt auch, wenn die Kinder für sich selbst oder andere eine größere Gefahr darstellen.

Nach Aussage der Schulamtsleiterin zeichnet sich bereits ab, dass der Bedarf das Angebot übersteigen wird. Doch gleich mit zwei Klassen zu starten, ist für Schulleiterin Schneitler keine Option. Man müsse die Erfahrungen abwarten und könne dann gegebenenfalls reagieren. Für ältere Jugendliche gibt es bereits seit längerem ein entsprechendes Angebot im Landkreis, in der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung Schloss Zinneberg. Auch hier registriere man steigenden Bedarf, so die Leiterin, Schwester Christophora Eckl, im Jugendhilfeausschuss.

© SZ vom 07.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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