"Halbwahrheiten und Falschbehauptungen":Persönliche Post vom Bürgermeister

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Rudolf Heiler (Freie Wähler) geht in seiner Dienstwagenaffäre in die Offensive und wendet sich per Brief an die Grafinger Haushalte.

Thorsten Rienth

Der Grafinger Bürgermeister Rudolf Heiler (Freie Wähler) greift zum praktisch letzten Mittel, doch noch die Deutungshoheit über seine Dienstwagenaffäre zu erlangen. "Ein Teil der Journalisten schreckt nicht davor zurück, mich mit Halbwahrheiten und Falschbehauptungen als Betrüger und Veruntreuer von Steuergeldern hinzustellen", klagt er in einem offenen Brief. In der vergangenen Woche hat ihn der Bürgermeister an die Grafinger Haushalte verteilen hat lassen.

Heiler legt dabei offenbar großen Wert darauf, zwischen seinem Bürgermeisteramt und seinem Dasein als Privatmann zu trennen. So trägt das an die "lieben Mitbürgerinnen und Mitbürger der Stadt Grafing" adressierte Schreiben als Absender seine Privatanschrift und den Hinweis: "Diese Mitteilung ist von mir privat erstellt, gedruckt und verteilt worden."

Heiler geht darin auf vier Vorwürfe ein, die er in den vergangenen Wochen festgestellt haben will. Den ersten, nämlich dass er die private Dienstwagennutzung über etwa zehn Jahre hinweg nicht ordnungsgemäß verteuerte, obwohl er bereits 1998 darauf hingewiesen worden war, räumt Heiler ein. "Ich muss mir ankreiden lassen, dass ich der Sache nicht nachgegangen bin." Dadurch kam es dazu, dass die Stadt Grafing für knapp 12 500 Euro Lohnsteuer einsprang, die eigentlich Heiler selbst hätte begleichen müssen. Erst nachdem von der Angelegenheit in den Zeitungen zu lesen war, hatte Heiler den Betrag der Stadt Grafing wieder zurückerstattet. Etwas überraschend ist daher, dass Heiler sich in seinem Brief an die Grafinger noch immer gegen den Vorwurf wehrt, er hätte eben dies nicht getan.

Entschieden wehrt sich der Bürgermeister auch dagegen, Steuern hinterzogen zu haben. Im Gegenteil: "Ich selbst habe den Stein ins Rollen gebracht und die Nachzahlung der Steuer veranlasst (...). Unstrittig ist es jedenfalls: der Stadt Grafing ist kein Schaden entstanden." Gleichzeitig nutzt Heiler die Gelegenheit, sich gegen Berichte von Teilnehmern der nicht öffentlichen Sondersitzung vor knapp zwei Wochen zu wehren. Sie hatten erklärt, der Bürgermeister habe nur deshalb keine Hinterziehungszinsen bezahlen müssen, weil eben diese verjährt seien. Heiler nennt diese Darstellung "absolut unrichtig". "Der Bescheid über Hinterziehungszinsen wurde aufgehoben, weil keine Hinterziehung vorliegt."

Dass Heiler bei seinem vierten thematisierten Vorwurf nachweislich richtig liegt, ist inzwischen unbestritten. Tatsächlich war zu Beginn der Affäre von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen den Bürgermeister die Rede gewesen. Es handelt sich jedoch lediglich um Vorermittlungen. Die Staatsanwaltschaft prüft also, ob sie förmliche Ermittlungen startet. Eine Nachfrage der SZ bei dem Münchner Oberstaatsanwalt Ken Heidenreich ergab, dass diese Prüfungen noch immer laufen.

Heiler demonstriert indes Offenheit: Weitergehende Informationen seien auf seiner Internetseite www.rudolf-heiler.de zu finden. "Informationen aus erster Hand", titelt Heiler dort. Wer Fragen habe, könne ihn gerne in seiner Bürgersprechstunde besuchen, "oder mich auch sonst ansprechen, anrufen oder mir eine Email schicken".

Unterdessen schaltet sich auch die Grafinger SPD in die Angelegenheit ein. Allerdings weniger mit dem Fokus auf Heiler, denn auf den Stadtrat. Aufgabe des Gremiums sei es, "allgemein unbequeme Fakten und fehlerhaften Umgang damit in der Rathausspitze anzusprechen", schreibt der SPD-Stadtrat Franz Frey. Worauf er anspielt, liegt auf der Hand: Er wehrt sich gegen die Unterstellung aus Heilers Unterstützerlager, die Aufklärer aus dem Stadtrat würden lediglich eine Verleumdungskampagne gegen den Bürgermeister fahren. "Freundschaftsdienste, die klare Aussagen aus dem Bericht des kommunalen Prüfungsverbands nicht wahrnehmen wollen oder verniedlichen, empfinde ich als peinlich und belastend für die weitere Zusammenarbeit im Stadtrat."

© SZ vom 19.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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