Für bezahlbares Wohnen:Vorbildliches Projekt

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Der Landkreis und seine Kommunen wollen mit einem gemeinsamen Unternehmen bezahlbaren Wohnraum schaffen. In Grafing laufen die Vorbereitungen für die Errichtung des ersten Hauses, bald soll auch in anderen Gemeinden gebaut werden

Von Wieland Bögel, Ebersberg/Grafing

Zu den vielen Baustellen, die es in Grafing derzeit gibt, könnte bald eine neue dazukommen. An der Kapellenstraße planen Landkreis und Stadt, gemeinsam günstige Wohnungen zu errichten. Ende vergangenen Jahres wurde deswegen ein Kommunalunternehmen für Wohnungsbau gegründet, nun ist man kurz davor, die Bauarbeiten an dem ersten Haus zu vergeben, heißt es aus dem Landratsamt.

Bereits seit einigen Tagen wird an den bestehenden Gebäuden in der Kapellenstraße gearbeitet. Diese sollen abgerissen werden, um Platz für einen Neubau mit bezahlbaren Wohnungen zu schaffen. Die Mieter des städtischen Gebäudes sind bereits zum Jahresende in andere kommunale Wohnungen umgezogen. Das Grundstück ist der Anteil der Stadt Grafing an dem Bauprojekt, die Erstellung des Hauses, sein Betrieb und Unterhalt wird der andere Teilhaber des Kommunalunternehmens, also der Landkreis übernehmen. Nach 20 Jahren soll das Gebäude komplett abgeschrieben sein, dann geht es in den Besitz der Stadt über. Diese erhält außerdem das Belegungsrecht für das Haus, kann also entscheiden, wem eine der Wohnungen zugeteilt wird. Bis zu 20 Wohnungen werden laut Kreiskämmerin Brigitte Keller, die als kaufmännischer Vorstand das Unternehmen führt, dort entstehen. Ein Teil der Wohnungen, das steht bereits fest, soll für Obdachlose zur Verfügung stehen. Bereits der Vorgängerbau wurde gelegentlich als Unterkunft für Obdachlose genutzt.

Geplant ist, so Keller, dass das Kommunalunternehmen demnächst einen Vertrag mit einem Generalübernehmer schließt. Das bedeutet, Kreis und Stadt bestellen gewissermaßen bei ihrem Vertragspartner ein Haus, das dieser dann schlüsselfertig übergibt. An der Organisation der Bauarbeiten ist das Kommunalunternehmen damit nicht beteiligt. Wie viel man für das Rundum-Sorglos-Paket am Ende wird zahlen müssen, steht noch nicht fest, auch einen groben Rahmen will Keller angesichts der bevorstehenden Vertragsunterzeichung noch nicht nennen. Sie ist aber zuversichtlich, einen guten Preis erzielen zu können. Denn das Kommunalunternehmen habe mehr Spielräume als Kreis und Stadt bei ihren Projekten: "Wir können verhandeln."

Das städtische Wohnhaus in der Grafinger Kapellenstraße wird demnächst abgerissen, um Platz für einen Neubau zu machen. Das gemeinsame Unternehmen von Stadt und Landkreis will dort günstigen Wohraum schaffen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Nicht verhandelt werden soll aber nach Möglichkeit über den Zeitplan. Bereits vor Gründung des Kommunalunternehmens hatte man sich das erste Quartal 2018 als Ziel für die Fertigstellung des ersten Hauses gesetzt. Auch wenn dieser Plan "durchaus sportlich" sei, halte man daran fest, sagt Landrat Robert Niedergesäß (CSU), in einem Jahr sollen in der Kapellenstraße die ersten Mieter eingezogen sein.

Und auch in anderen Kommunen könnten bald ähnliche Projekte beginnen. So haben Moosach und Anzing bereits ebenfalls Grundstücke zur Bebauung zugesagt, so Niedergesäß, in Pliening sei man "in der Vorprüfung" zur Auswahl geeigneter Flächen. Der Landrat geht davon aus, dass weitere Gemeinden folgen werden - spätestens, wenn das Pilotprojekt in Grafing abgeschlossen ist. Von diesem erhofft sich Niedergesäß einen Nachahmereffekt. Ohnehin sei es besser, wenn die Kommunen nach und nach dem gemeinsamen Unternehmen beiträten: "Wenn alle auf einmal kommen, wäre das gar nicht machbar."

Parallel zum nun anlaufenden eigenen Wohnungsbau werde der Landkreis auch weiterhin den Bau von Sozialwohnungen anderer Träger unterstützen, betont der Landrat. Seit 1991 fördert der Landkreis jede neue Wohnung mit 4000 Euro, wenn die Gemeinde die gleiche Summe beisteuert. Heuer werden zum Beispiel 17 Sozialwohnungen in Vaterstetten bezuschusst. Insgesamt stehen jährlich 200 000 Euro für diese Art der Förderung zur Verfügung, und Niedergesäß schließt nicht aus, dass diese Summe bei Bedarf auch aufgestockt werden könnte: "Wenn jemand Sozialwohnungen bauen will, scheitert es sicher nicht am Geld."

Besorgt zeigten sich Anwohner über Öllachen vor dem Haus, laut Landratsamt ist die Verschmutzung aber nur oberflächlich. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Gute Nachrichten gibt es auch von der Baustelle in der Kapellenstraße. Dort hatten Anlieger in der vergangenen Woche große Ölflecken bemerkt, und den Verdacht geäußert, beim Abriss sei Heizöl ausgelaufen. Dies bestätigt man im Bauamt, Abteilung Wasserrecht, des Landratsamtes. Ursache für die Flecken seien Reste aus alten Öltanks, die zuvor im Keller des Hauses gelagert waren. Eine Gefahr für Boden und Grundwasser bestehe aber wohl nicht, das Öl sei lediglich auf die Oberfläche einer Betonplatte gelaufen. Die Stadt Grafing habe auch bereits die Baufirma aufgefordert, die Verschmutzungen zu beseitigen.

© SZ vom 08.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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