Freischankflächen:Die Ausnahme ist die Regel

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Wann Freischankflächen im Landkreis am Abend schließen müssen, wird für jedes Restaurant einzeln festgelegt. Den Wirten gefällt das gar nicht: Sie wünschen sich längere Öffnungszeiten.

Von Bastian Hosan

Was könnte es Besseres geben, als am Abend nach Feierabend ein kühles Bier im Freien zu genießen? Wenig, könnte man da meinen. Doch was des einen Freud ist, ist des anderen Leid. Denn die Anwohner von Kneipen fühlen sich oft von dem abendlichen Lärm gestört. Während die Landeshauptstadt München die Zeiten für die Freischankflächen verlängert hat - Wirte dürfen ihre Gäste nun bis 24 Uhr im Freien sitzen lassen -, ist die Situation im Landkreis Ebersberg unübersichtlicher.

"Einheitliche Verordnungen gibt es bei uns nicht", sagt Franz Neudecker, im Landratsamt Ebersberg zuständig für Wasserrecht und Immissionen. In den Zuständigkeitsbereich seiner Abteilung fällt auch, Regeln für die Wirte aufzustellen, wann diese ihre Gäste am Abend nach drinnen bitten müssen. Das Landratsamt müsse jeden Fall gesondert prüfen, sagt Neudecker.

Konkret bedeutet das, dass es je nachdem, wo die Freischankfläche der jeweiligen Gaststätte liegt, gesonderte Regeln gibt - Einzelfallprüfung eben. Ist erst einmal eine Regel für ein Lokal aufgestellt, dann ist es Aufgabe des Landratsamtes, dafür zu sorgen, dass sie eingehalten wird. In den meisten Fällen ist es der Lärmschutz, der der limitierende Faktor für die Öffnungszeiten von Freischankflächen ist, erklärt Neudecker.

Im Prinzip gilt das auch während der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien, die seit Donnerstagabend läuft. "Auch hier müssen wir wieder jeden Fall einzeln prüfen", sagt Neudecker. Bis zum WM-Start waren lediglich drei Anfragen von Gaststätten aus dem Landkreis eingegangen. Es gebe eine Verordnung, die den Lärmschutz zurückstuft und es so ermöglicht, dass die Spiele im Freien angesehen werden können, fährt Neudecker fort.

Grund für diese Sonderregelung ist, dass die Spiele durch die große Zeitverschiebung zwischen Deutschland und dem Gastgeberland Brasilien mit fünf Stunden so groß ist, dass die Partien hierzulande erst sehr spät ausgestrahlt werden. Zum ersten Mal ist eine solche Ausnahmeregelung bei der Weltmeisterschaft im Jahr 2006 in Kraft getreten - die Bundesregierung messe einem Ereignis wie der Weltmeisterschaft eine so hohe gesellschaftliche Bedeutung bei, dass sie es den Bürgern ermöglichen will, die Partien gemeinsam zu gucken, erklärt Neudecker.

Spiele, die nach Mitternacht hiesiger Zeit angepfiffen werden, können aber trotz der Sonderregel nicht im Freien angeschaut werden. Das sei nicht mit dem Nachbarschaftsschutz in Einklang zu bringen: "Wir müssen die Berufstätigen schützen", sagt er. Außerdem dürfe nicht jeder Wirt einfach einen Fernseher oder eine Leinwand vor sein Lokal stellen: "Jeder braucht eine Genehmigung." Und die muss er beantragen. Wenn das gemeinsame Fußballschauen dann zu viele Probleme hervorrufe, könne die Sondererlaubnis jederzeit widerrufen werden. Hält ein Gastronom die für sein Lokal aufgestellten Regeln nicht ein, gibt es verschiedene Stufen. Bei ersten Verstoß belässt es das Landratsamt noch bei einem Gespräch mit dem Wirt. Danach folgt dann ein Mahnschreiben. Sollte es dann noch immer nicht zu einer Besserung kommen, können Bußgelder verhängt werden; die drastischste Strafe ist der Entzug der Konzession. "Das ist aber dann ein Extremfall, der in der Regel nicht eintritt", sagt Neudecker. "Die meisten Wirte sind Profis und halten sich an die Bestimmungen." Ob es auch im Landkreis Überlegungen gibt, die Sperrzeiten zu liberalisieren, wie es zum Beispiel in München passiert ist, weiß Neudecker hingegen nicht.

Und die Wirte? Was halten sie von diesen gesonderten Regeln? Raphael Brandes, Inhaber der Gaststätte Oberbräu in Markt Schwaben, sagt seine Meinung ganz offen: "Diese Regelung ist unglücklich." In Markt Schwaben stehe man in direkter Konkurrenz zu München oder zu Gaststätten im Landkreis Erding. In der Landeshauptstadt dürften die Gäste neuerdings bis 24 Uhr im Freien bewirtetet werden, in Erding immerhin bis 23 Uhr. Im Oberbräu dagegen dürfen die Gäste nur bis um 22 Uhr vor dem Lokal sitzen, was bedeute, dass er bereits um 21.15 Uhr mit dem Aufräumen beginnen müsse, sagt Brandes: "Das gibt oft Diskussionen mit den Kunden." Wer nach Feierabend noch etwas trinken gehen möchte, überlege sich, ob er das in Markt Schwaben tut, befürchtet der Oberbräu-Inhaber.

Auch Ilonka Steinberger, Betreiberin des Cafés "Steinbergers Marktblick" in Glonn ist nicht glücklich darüber, wie das Problem im Landkreis Ebersberg geregelt ist: "Mein Mann und ich würden uns wünschen, dass wir draußen länger ausschenken dürfen." Meist gehe es ja eh nur um wenige Tage im Jahr, sonst sei es ohnehin zu kalt um im Freien zu sitzen. Dazu käme noch, dass in ihrem Café meist nur wenige Leute zu später Stunde im Freien sitzen, wodurch sich der Lärm in Grenzen halte. Steinberger zeigt allerdings auch Verständnis für die im Vergleich zu München strengere Regelung: "Man muss auch die Nachbarn schützen."

Von Beschwerden der Anwohner weiß auch Claudia Behr, Inhaberin der Gaststätte Kreiller's no.2 in Markt Schwaben, zu berichten. Bei ihr dürfen Gäste bis 22 Uhr im Freien sitzen. "Länger dürfen wir leider nicht und die lieben Nachbarn rufen auch gleich die Polizei", bedauert sie. Oft könne man die Gäste nicht zum Hineingehen bewegen. Viel zahlten und gingen heim, sobald sie nicht mehr draußen sitzen dürfen. "Da geht bares Geld verloren." Claudia Behr befürwortet eine einheitliche Regelung, wonach die Leute bis 23 Uhr draußen sitzen dürfen. Froh ist sie hingegen über die Sonderregelungen während der Fußball-Weltmeisterschaft: "Der Fernseher ist schon vorbereitet, jetzt hoffen wir auf gutes Wetter."

In der Café-Bar Herzog in Zorneding müssen die Gäste laut Inhaber Ulrich Fischer ebenfalls um 22 Uhr nach Drinnen ziehen. Bisher habe es noch nie Probleme mit den Nachbarn gegeben. Benno Neukamp, Inhaber des Kaffeehauses am Marienplatz in Ebersberg, hält 22 Uhr für eine angemessene Zeit, die Freischankflächen zu schließen. Irgendwann müsse auch mal Schluss sein, schließlich wohnten rund um seine Bar Leute: "Wenn die Gäste bis 22 Uhr draußen sitzen dürfen, muss um 22.30 Uhr Ruhe sein; das reicht." Die Spiele überträgt Neukamp nicht - zu teuer, wie er sagt: "Für zwei, drei Halbe am Abend lohnt sich das nicht."

Die Betreiber der nahen Eisdiele "Gelato e Fantasia" am Marienplatz in Ebersberg würden es begrüßen, wenn die Gäste bis 23 Uhr im Freien sitzen dürften. Sie sehen die Regelung aber pragmatisch: Da Ebersberg aber ohnehin ein kleiner Ort sei und nach 21 Uhr nicht mehr so viel los sei, sei es auch nicht schlimm, wenn man die Freischankflächen um 22 Uhr dicht machen müsse.

Oberbräu-Besitzer Brandes hofft, dass die Regeln für Freischankflächen im Landkreis Ebersberg überarbeitet werden. "Kein Gastwirt will Ärger mit seinen Nachbarn", sagt er. Daher würden die Wirte im Falle einer Lockerung mit Argusaugen darauf achten, dass es keine Probleme gibt. "In München funktioniert es und in Erding auch - immerhin seit dem Jahr 2001.

© SZ vom 13.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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