Frauenneuharting:Applaus für den Abt

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Gewitzt und scharfzüngig liest Abt Sepbastian alias Peter Gschwendtner seinem Publikum die Leviten. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Bei der ersten Frauenneuhartinger Fastenpredigt nimmt Peter Gschwendtner die große und kleine Politik aufs Korn

Von Wieland Bögel, Frauenneuharting

Wer sich freiwillig eine Strafpredigt anhört, hat entweder ein sehr schlechtes Gewissen - oder sehr gute Laune, wie die mehr als 150 Besucher der Fastenpredigt am Sonntagmittag in Frauenneuharting. Vielleicht aber auch beides, wie Abt Sebastian vom Kloster Ebersberg, abseits der Kanzel Peter Gschwendtner, seinen Zuhörern mitgab. Zwar seien die Frauenneuhartinger immer sehr freigiebig bei Wohltätigkeitsaktionen oder wenn der Klingelbeutel rumgeht. Vielleicht halten sie es aber auch nur wie in früheren Zeiten, als es hieß, "Die Münze in dem Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt", und sie plagt nur das schlechte Gewissen.

Dafür gebe es reichlich Anlass, wie der Abt in seiner langen aber kurzweiligen Predigt seinen Zuhörern enthüllte. Zahlreiche Anekdoten über die eine oder andere kleine Verfehlung des einen oder anderen Anwesenden - vom missglückten Versuch, im Vollrausch nach Hause zu finden, über mehr und weniger eifrige Schneeräumer bis zu Werbeeinspielungen im Trauungszimmer - kamen sehr gut an beim Publikum. Dem der Fastenprediger eine geradezu "überkandidelte Intelligenz" bescheinigte, schließlich hätten die Frauenneuhartinger es geschafft, einen der ihren nach Berlin zu schicken, um dafür zu sorgen, "dass euch von anderen nichts vorgeschrieben wird", und natürlich, um christliche Werte zu verteidigen. Wobei die in der CSU leider auch nicht mehr so verbreitet sind. Als Abt dürfe er ja nicht fluchen, aber drei Beispiele nennen: Erstens, der Affront für Kanzlerin Angela Merkel auf dem CSU-Parteitag. Nicht nur, dass der Ministerpräsident der Gescholtenen "weder einen Stuhl geschweige denn eine Halbe Bier" anbot, er verletzte auch ein ehernes bayerisches Gesetz: "Man schimpft nur über Leute, die es nicht hören."

Aber auch im Landkreis gibt es Negativbeispiele. So habe die CSU vor einigen Jahren ihren Ehrengast beim Leonhardiritt, Erwin Huber, - "nicht verwandt mit unserem Grafinger Geschichtenerzähler und Selbstdarsteller" - in einer mittelalterlichen Kutsche durch die Stadt gefahren. Und das, obwohl der doch so technikaffin sei und am liebsten die vierte und fünfte Startbahn bauen wollte. "Da setzt man ihn lieber in den Hubschrauber beim Kinderkarussell". Und auch andere behandele die CSU schlecht, etwa "einen jungen, aufstrebenden Bundestagsabgeordneten, der mit einem Auto zur Arbeit fahren muss, das unwesentlich jünger ist als er selbst." Vielleicht sollte man bei der nächsten Wohltätigkeitsaktion "ein paar Euro wegzwicken, für ein neues Auto für den Andi."

Zumindest bis zum Feuerwehrhaus hat es das alte noch geschafft, so dass Bundestagsabgeordneter Andreas Lenz die Gäste begrüßen konnte. Auf eine politische Ansprache werde er verzichten - trotz günstiger Gelegenheit: "Es sind viele Leute da, die auch nicht auskönnen." Stattdessen gab es Dank für die Organisatoren, die Redenschreiber und natürlich den Prediger, "der sofort zugesagt hat, obwohl es gar nichts dafür gibt". Und der seiner Aufgabe zweifellos hervorragend nachkomme - "wir vergleichen uns nicht mit anderen Fastenpredigten, wir wissen, dass wir die besten sind." Da mache es auch gar nichts, dass Landrat Robert Niedergesäß und Landtagsabgeordneter Thomas Huber bei einer anderen Veranstaltung weilten, "wir verzichten auf die Prominenz, dafür haben wir hier die versammelte Intelligenz".

In der Predigt war die Prominenz natürlich anwesend, etwa Huber der "sehr bewundert wird - nicht nur von sich selbst", für alles was er schon erreicht hat. Nur eines werde der nie schaffen, ein Grußwort von weniger als einer Viertelstunde zu sprechen, "er ist halt selbst immer überrascht und begeistert, was er alles weiß." Wissenswertes aus dem Landratsamt gab es ebenso, da "weht jetzt ein frischer Wind aus Vaterstetten". Übrigens nur, weil der Abt höchstpersönlich die entsprechende Fürbitte geleistet hat, auf Flehen der in Wahlkampfnöten befindlichen CSU, die sich gegen den Wind aus Grafing, der "viel roten Sand" aufgewirbelt hatte, nicht anders zu helfen wusste.

Leider sei es bisher kaum gelungen, diesen Wind zu nutzen. Im Ebersberger Forst "haben die Wildschweine schon ihren Anwalt eingeschaltet" gegen den Bau der Windräder - aber zumindest habe dort ein "Beispiel für ehrliche Gewerbesteuerzahler" entstehen können. Gemeint ist der Stadel bei Sankt Hubertus, wo der Kreis Briefkästen als Firmensitze mit sehr geringer Besteuerung registrieren lässt. Auch in Frauenneuharting haben sich Windradpläne zerschlagen "der Wind war so stark, da hat es die Messgeräte weggeblasen." Ohnehin bauen die Frauenneuhartinger viel lieber "riesige, prächtige Hallen" überall in die Landschaft - weshalb sie ihren Ort vielleicht bald in "Frauenneuhalling" umbenennen sollten.

© SZ vom 13.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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