Faschingsgala in Grafing:Politik, wilde Tiere und Kampfschlümpfe

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Bei der traditionellen Veranstaltung des TSV zeigen Sportler und Tänzer ihr Können. Clowns und Faschingsbären machen sich über die Stadtprominenz lustig

Von Wieland Bögel

Selbst wenn die Grafinger - was ja unwahrscheinlich genug ist - einmal den Wunsch hätten, sich Ebersberg genauer anzuschauen, sie könnten es gar nicht. Zumindest haben August, Giagl und Wiggal, die drei Clowns des Grafinger Faschings-Varietés, diese leidvolle Erfahrung gemacht. Zur Melodie des legendären Taxi-Lieds von Fredl Fesl erzählten sie von ihrer abenteuerlichen Reise durch die Kreisstadt, wo man dauernd irgendwo im Stau steht und "nicht mal ins Krankenhaus fahren kann, ohne einen Verkehrsverstoß zu begehen". Denn bei der Straßenplanung verfahren die Nachbarn nach dem Motto "viel Mut und keine Ahnung."

Aber August, Giagl und Wiggal, alias Hermann Holzmann, Christian Fischer und Martin Weigand, kamen nicht umhin, die Nachbarn auch ein kleines bisschen loben zu müssen: "Einheimischenbauland, das können sie besser als wir." Schließlich seien die Parzellen im Neubaugebiet der Ebersberger nicht nur so günstig, dass sie sich auch Bürgermeistersöhne und Rathausmitarbeiter leisten könnten, diese dürfen auch noch den wunderschönen Blick auf Grafing genießen.

Natürlich durfte im Programm auch die anstehende Bürgermeisterwahl nicht fehlen. Die Clowns widmeten jedem der vier Bewerber einen eigenen Song. Zur Melodie von "Angie" empfahlen sie Angelika Obermayr, ruhig mal ein Schwein zu sein, das helfe gelegentlich in der Politik. Falls Susanne "Oh Susanna" Linhart das Rennen mache, dürfe sie endlich in die Aktenschränke schauen, welche der Amtsinhaber in seiner Abwesenheit bislang immer verschlossen halte. Beim Lied über Heinz Fröhlich hätten sie sich schwer getan, die Ur-Version habe man stark zensiert, "sonst akquiriert der Heinzi gleich wieder seinen Anwalt". Dass das Mundwerk des Kandidaten "meistens schneller ist, als sein Hirn", wollten August, Giagl und Wiggal den Zuhörern dann aber doch nicht vorenthalten. Genauso wenig, dass das Motto bei den Freien Wählern um Gabriela Wischeropp derzeit "Für Gabi tun sie alles", lautet, und sich trotzdem die Frage stelle: "Ist sie wirklich geiler, als der Rudi Heiler?". Dem scheidenden Stadtoberhaupt, welcher dem Varieté seit Jahren fernbleibt, widmeten die Clowns ebenfalls ein Lied, und auch hier stand Fredl Fesl Pate: Lediglich "A-De" sangen die Clowns Heiler hinterher.

Wie es in Grafing weitergeht, versuchten auch die Faschingsbären zu beantworten. In ihrem Sketch "Heinis heimliche Quelle" eröffnet Stadtrat Heinrich Hölzle in seinem Getränkemarkt ein illegales Wettbüro, wo man auf den Ausgang der Bürgermeisterwahl setzen kann. Das Geschäft läuft eigentlich nicht schlecht, so verwettet CSU-Fraktionschef Max-Josef Schlederer gleich einen ganzen Koffer Geld, "von diesen Sozialverkäufen" - gemeint ist das umstrittene Einheimischenbauland Wolfsschlucht. Doch das Auge des Gesetzes hat das Wettbüro schnell im Visier und zu allem Überfluss wird auch noch die gestohlene Leonhardi-Reliquie als vermeintliche Pfandflasche abgegeben.

Bei den "IG Tschippendales" wird Grafing zur Wüste. Kostümiert als Charaktere aus "König der Löwen", versuchen sie zu ergründen, warum es in ihrer Oase so langweilig zugeht, während es "die Borstigen im Norden" schaffen, ihr Wasserloch richtig hübsch zu machen. Keine große Hilfe ist dabei der alte Löwenkönig "Rudi der Humorlose", der sich missmutig aufs Altenteil zurückzieht, anstatt auch mal ein Einkaufszentrum bauen zu lassen. Mehr Gelächter, als für ihre politischen Anspielungen, ernteten die Tschippendales bei der Premiere am Freitag allerdings mit ihrer Tanzeinlage. Bei der bekam das Publikum nicht nur phantasievolle Kostüme, sondern auch einen nackten Hintern zu sehen. Eine Tatsache, die Varieté-Direktor Herbert Bayerlein damit erklärte, dass selbst die Veranstalter nicht ganz genau wüssten, was die einzelnen Gruppen darbieten würden.

Wesentlich gesitteter, wenn auch überhaupt nicht weniger wild waren die übrigen Showeinlagen. So verwandelte sich die Mädchenturngruppe in blutrünstige Vampire und kreischende Jungfern, die Jüngsten im Verein gingen auf eine Zeitreise durch die Welt der heißesten Musik und die Kinderturner waren als wilde Tiere unterwegs. Als Schlümpfe kostümiert, zeigte die Ju-Jutsu-Gruppe, dass man sich auch als blauer Zwerg nicht alles gefallen lassen muss und vermöbelten - sehr zur Freude der jüngeren Zuschauer - den bösen Zauberer Gargamel nach Strich und Faden. Lustig wurde es auch beim Stück der Feuerwehrler. Sie zeigten, was man als Patient in der Praxis von Doktor Metzger so alles über sich ergehen lassen muss. Und auch eine Doppelpremiere stand am Freitag auf dem Programm: Mit der ersten Aufführung des Varietés gab auch die neue Faschingsgarde ihren Einstand.

© SZ vom 24.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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