Europäisches Netz:Über alle Grenzen

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"Natura 2000" soll Naturräume in ganz Europa bewahren

Ein europäisches Netz zu schaffen aus zusammenhängenden Schutzgebieten, in welchen die einheimische Natur über Ländergrenzen hinweg erhalten bleiben soll, das ist die Idee hinter "Natura 2000". Die Verordnung, mit deren Hilfe ein umfassender Lebensraum - Habitat - für Fauna und Flora geschützt und erhalten werden sollte, stammt aus dem Jahr 1992. Alle EU-Mitgliedstaaten wurden damals aufgefordert, Gebiete zu identifizieren, in denen schützenswerte Tier- oder Pflanzenarten vorkommen.

Drei Jahre hatten sie Zeit, entsprechende Listen in Brüssel vorzulegen. Jetzt, mehr als 20 Jahre später, ist es um den Schutz der europäischen Natur aber noch lange nicht so gut bestellt, wie es sich damals angehört hat.

In Deutschland hatte es gleich einmal drei Jahre länger gedauert als geplant, bis die Länder ihre Listen von Flora-Fauna-Habitat - (FFH)-Gebieten überhaupt erst erstellt hatten, und auch das erst nach einer Klage des EU-Gerichtshofs. Die Benennung der Gebiete löste eine Welle von Einsprüchen von Seiten der Land-und Forstwirte aus. Die Prüfung der Einwände dauerte wiederum lange Zeit, sie fand im Rahmen eines Dialogverfahrens statt.

Doch worum geht es eigentlich? In einem FFH-Gebiet muss ein günstiger Erhaltungszustand gewährleistet werden, es gilt ein sogenanntes "Verschlechterungsverbot". Menschliches Eingreifen ist aber durchaus möglich. Forstwirtschaft, landwirtschaftliche Nutzung und sogar Bauprojekte werden genehmigt, solange sie im Einklang mit den FFH-Richtlinien stehen. Das heißt, Vorhaben können verwirklicht werden, wenn zugleich für die Erhaltung geschützter Arten gesorgt wird oder diese davon nicht beeinträchtigt sind.

Seit 2004 ist das genannte Dialogverfahren beendet, doch "Natura 2000" ist noch lange nicht abgeschlossen. Das Ziel ist es, die europäischen Schutzgebiete vollständig im nationalen Naturschutz zu verankern, FFH-Gebieten als Landschafts- oder Naturschutzgebieten eine einklagbare Stellung im nationalen Recht zu verschaffen. Dieser Prozess dauert an.

In einer Feinabgrenzung der FFH-Gebiete wird im Augenblick der Maßstab der Kartierung verfeinert, von 1:25000 auf 1:5000, und damit Grundstücksgrenzen oder örtlich erkennbaren Strukturen angepasst. Erneut ist damit die Möglichkeit einer Öffentlichkeitsbeteiligung gegeben, Einwendungen konnten bis Anfang März eingereicht werden, Vorschläge für weitere Gebietsausweisungen sollten nicht aufgenommen werden.

Naturschützer kritisieren die Umsetzung der Richtlinie, vor allem die verspätete rechtliche Verbindlichkeit. Die Erhaltungsziele und die benötigten Maßnahmen seien zu allgemein gehalten, die Verordnung zu wenig konkret, so der Bund Naturschutz in Bayern. Auch sei in den vergangenen Jahren eine Verschlechterung der Lebensräume festgestellt worden, was auf mangelnde Effizienz der FFH-Richtlinie hinweist. Die Naturschützer fordern eine Einzel-Verordnung für jedes ausgewiesene FFH-Gebiet sowie die Möglichkeit neue Gebietsvorschläge aufzunehmen.

Einen höheren Schutzstatus als ein FFH-Gebiet etwa genießt ein Landschaftsschutzgebiet. Es ist exakt benannt, es gibt klar und individuell geregelte Verordnungen, in denen genau aufgelistet ist, was verboten und was erlaubt ist. Es sind meist großflächige Gebiete und vom Menschen gemachte Landschaften; also nicht unberührte, aber in ihrer Form häufig einzigartige Natur.

Landschaftsschutzgebiete dürfen besiedelt und landwirtschaftlich genutzt, bauliche Veränderungen müssen aber genehmigt werden. Ausweisung und Veränderungsanträge unterliegen den Behörden der Bundesländer in Zusammenarbeit mit den Landkreisen.

Der Status eines Naturschutzgebietes bietet den weit reichendsten Schutz. Häufig leben hier schutzbedürftige Tierarten. Die Ausweisung ist aus ökologischen, wirtschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen und wegen ihrer Seltenheit oder hervorragenden Schönheit gerechtfertigt. Eine Rechtsverordnung der Landesregierung setzt Erhaltungsmaßnahmen fest. Hier ist alles verboten, was zu Beschädigung oder Veränderung führen kann.

Landwirtschaftliche Nutzung, Betreten abseits von Wegen oder Entnahme von Pflanzen ist meist verboten. Ist ein Naturschutzgebiet einmal von den Oberen Naturschutzbehörden festgelegt, kann das nur in seltenen Fällen rückgängig gemacht werden.

© SZ vom 10.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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