Erding/Ebersberg:Hoher Preis

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Erdinger Landrat kündigt dem Träger des Frauenhauses, weil die auch von Ebersberg finanzierte Einrichtung zu teuer ist

Von Florian Tempel, Erding/Ebersberg

Der Erdinger Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) hat dem Sozialdienst katholischer Frauen München (SkF) den seit 25 Jahre bestehenden Vertrag für den Betrieb des Frauenhauses Erding zum 28. Februar 2018 gekündigt. Das betrifft auch den Landkreis Ebersberg, der die Einrichtung finanziell unterstützt, da es hier kein Frauenhaus gibt. Als Grund nennt der Erdinger Landrat die hohen Kosten. Die Geschäftsführerin des SkF München, Elke Prumbach, sagte, man sei "bestürzt, dass nach so langer Zeit guter und konstruktiver Zusammenarbeit unser erfolgreiches Hilfeangebot für gewaltbetroffene Frauen nun am Geld scheitern soll". Der Zuschussbedarf des Frauenhauses lag zuletzt bei etwa 170 000 Euro im Jahr. Laut Prumbach will Bayerstorfer, dass dieser Betrag auf etwa 100 000 Euro gesenkt werden müsse. Das sei aber unmöglich, sagte Prumbach: "Wir sehen keine weiteren Möglichkeiten mehr, die Kosten zu senken, ohne dass die Qualität unserer Arbeit massiv beeinträchtigt würde."

Die Kündigung des Vertrags mit dem SkF München erfolgte bereits im Februar. In zwei Gesprächsrunden mit Bayerstorfer habe Prumbach eine Rücknahme der Kündigung erreichen wollen, zuletzt erkannt, dass weitere Verhandlungen nichts mehr brächten. In einer Pressemitteilung betont Bayerstorfer, "das Angebot für Frauen in Notsituationen soll erhalten bleiben". Neben dem SkF hätten "weitere Einrichtungen Interesse am Betrieb des Frauenhauses angekündigt". Der Erdinger Kreistag soll nun entscheiden.

Die Kündigung steht im Zusammenhang mit dem Ausstieg des Landkreises Freising aus dem bislang bestehenden Frauenhaus-Verbund der drei Landkreise Erding, Ebersberg und Freising. Das Freisinger Frauenhaus hat bislang weniger Kosten für die öffentliche Hand verursacht als das in Erding. Nach Angaben des Freisinger Landratsamtes geschah der Ausstieg aus dem Verbund auf Anraten der Rechnungsprüfung, da man sich so etwa 30 000 Euro pro Jahr sparen könnte.

Die Frauenhäuser Erding und Freising sind ähnlich. Sie bieten jeweils fünf Frauen Platz, Freising hat außerdem Platz für sechs und Erding für sieben Kinder. Träger des Freisinger Frauenhauses war bis Ende vergangenen Jahres ein lokaler Verein, bevor die Diakonie Freising die Einrichtung übernahm. Die Zahl der Mitarbeiterinnen ist in beiden Häusern gleich.

Im Frauenhaus Erding und der dazu gehörenden Interventionsstelle für Opfer häuslicher Gewalt arbeiten drei Sozialpädagoginnen und eine Erzieherin. Die Frauen arbeiten in Teilzeit und kommen zusammen auf 2,5 Vollzeitstellen. Die Interventionsstelle ist zwar prinzipiell eine eigene Einrichtung. Doch ihre weitere Existenz ist durch die Kündigung des Frauenhauses konkret in Frage gestellt.

Warum das Frauenhaus in Freising mehrere zehntausend Euro weniger Zuschussbedarf hat, ist nicht klar. Der größte Kostenpunkt ist in beiden Häusern das Personal. Doch die personelle Ausstattung ist in beiden Häusern gleich. An den Mitarbeiterinnen könne man nicht sparen, sagt auch die Leiterin der Diakonie Freising, Beate Drobniak: "Wir könnten nicht mit weniger Personal arbeiten, das geht nicht." Ein Grund für höhere Personalkosten in Erding könnte sein, dass die Mitarbeiterinnen schon relativ lange beim SfK angestellt sind und laut Tarif mehr verdienen als Berufsanfängerinnen.

Für SfK-Geschäftsführerin Elke Prumbach ist die große Berufserfahrung des hauptamtlichen Personals im Frauenhaus Erding und der Interventionsstelle vor allem ein großer Gewinn für die Frauen, die in der Einrichtung Zuflucht suchen. Durch Bayerstorfers Kündigung "geht das Wissen und die Erfahrung, auf die diese Einrichtung aufbaut, verloren". Im vergangenen Jahr waren laut Auskunft der Leiterin des Frauenhaus Erding, Angela Rupp, 31 Frauen und etwa genau so viele Kinder in der Einrichtung untergebracht. Die Hälfte der Frauen kam aus einem der drei Landkreise Erding, Ebersberg und Freising, 15 Frauen kamen aus anderen Teilen Bayerns, eine Frau aus einem anderen Bundesland.

© SZ vom 05.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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