Erding:Alle drei Minuten ist Alarm

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Vor 25 Jahren wurde die europaweite Notrufnummer 112 beschlossen. Die Integrierte Leitstelle koordiniert alle Einsätze in Erding, Freising und Ebersberg

Von Judith Issig, Erding

Der 11. Februar ist der Tag des europaweiten Notrufs unter der Nummer 112. Damit soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Feuerwehren und Rettungsdienste in ganz Europa unter dieser Nummer zu erreichen sind. Denn laut einer Umfrage des Euro-Barometers 2014 wissen nur 17 Prozent der Deutschen, dass die Nummer in ganz Europa gilt. Wer die 112 aus den Landkreisen Erding, Freising oder Ebersberg wählt, dessen Anruf landet in Erding, bei den Disponenten in der Integrierten Leitstelle. Seit 2006 laufen hier alle Informationen über die Einsätze der Feuerwehr und der Rettungsdienste zusammen. Betreiber ist der Landkreis Erding.

Im Moment wird die Leitstelle technisch auf den neuesten Stand gebracht. Neben neuer Hardware kommt eine Medienwand - für 80 000 Euro. Diese vier Großbildschirme sollen den Disponenten ermöglichen, das Geschehen auf einen Blick zu erfassen: welcher Rettungswagen befindet sich wo, wie ist die Wettervorhersage bei Unwetterlagen.

Vier Disponenten sind immer im Einsatz. Sie koordinieren 198 Feuerwehren, elf Rettungswachen, sechs Notärzte. Zusätzlich kann die Leitstelle auf vier Rettungshubschrauber zurückgreifen. Jeder Disponent hat fünf Bildschirme vor sich. Darauf hat er Karten. Er sieht, welche Rettungswagen belegt und welche verfügbar sind und kann die Notrufe schnell erfassen und weitergeben.

165 000 Anrufe nimmt die Leitstelle im Jahr entgegen. Das bedeutet, etwa alle drei Minuten klingelt das Telefon. Dazu gehören aber auch viele sogenannte Hosentaschenanrufe, bei denen Mobiltelefone in den Taschen ihrer Besitzer unbeabsichtigt den Notruf wählen. Höchstens dreimal soll der Anrufer das Telefon läuten lassen müssen, sagt Siegfried Aigner, der Leiter der Leitstelle, das ist das interne Ziel.

Es brauche Gespür für den Anrufer, sagt Florian Schöppele, einer der Disponenten in Erding: "Wenn jemand hektisch ist, sage ich ihm, das Hilfe unterwegs ist. In der Situation vergessen viele die einfachsten Sachen, dass sie die Blutung stillen sollten zum Beispiel." Das Wichtigste sei, den Unfallort herauszufinden, sagt Aigner. "Anrufer, die die fünf Ws verinnerlicht haben", so Aigner, "erleichtern uns die Arbeit sehr". Die fünf Ws das sind Antworten auf die Fragen Wer, Wo, Was, Wie viele Betroffene und Warten auf Rückfragen.

Anhand der Ortsangabe und eines Schlagworts - "Kollaps" zum Beispiel - berechnet das Einsatzleitsystem, welche Rettungskräfte und welches Material benötigt werden. Es schlägt dem Disponenten auch vor, welcher Rettungswagen am schnellsten am Unfallort wäre. Die Feuerwehr muss innerhalb von zehn Minuten nach Eingang des Notrufs am Einsatzort sein, Rettungsdienste dürfen zwei Minuten länger brauchen, so die gesetzliche Vorgabe. "Eine sportliche Zeit", sagt Aigner.

Spricht der Anrufer von einem Bewusstlosen, fragt der Disponent: "Atmet der Verletzte?" Denn auch am Telefon kann er zur Rettung beitragen - über die sogenannte Telefonreanimation. Bei Verdacht auf einen Kreislaufstillstand, leitet der Telefonist den Anrufer über das Telefon bei einer Herzdruckmassage an. Ein Kollege schickt derweil einen Rettungswagen los. "Drücken Sie immer weiter", sagt der Telefonist dann, und: "gut, dass Sie helfen. Der Rettungsdienst ist schon unterwegs." Studien hätten gezeigt, sagt Aigner, dass die Telefonreanimation die Überlebenschancen des Patienten erheblich steigere. Der Disponent ist nach dem Laienhelfer der erste in der Kette der Notfallhelfer. Deswegen beinhalte die Ausbildung Praktisches aus beiden Bereichen: Feuerwehr und Rettungsdienst. "Ein Leitstellendisponent ist eine eierlegende Wollmilchsau", sagt Aigner.

© SZ vom 11.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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