Entwurf aus Baiern:Widersprüche integriert

Von Protokoll: Johannes Korsche

Stefan Häring. (Foto: Christian Endt)

Stefan Häring, 47, Architekt aus Baiern, beugt sich über den Trostberger Ortsplan, auf dem mit Karton ein Gebäude nachgebaut ist: Davor stand da eine Wirtschaft mit Biergarten und einem angebauten Saal. Das Areal ist riesig: 1400 Quadratmeter. Eigentlich perfekt, aber es ist nach Norden und zur Straße hin stark abschüssig. Außerdem ist das die Eingangsstraße ins Dorf, sie führt zu hoch einer alten Wallfahrtskirche, auf deren Vorplatz einmal im Jahr ein mehrtägiges Fest stattfindet. Das - und noch viel mehr - habe ich recherchiert, bevor ich mit dem Planen begonnen habe. Das mache ich immer so. Erst Recherche, dann Planung. Eine junge Familie wollte hier ein Einfamilienhaus mit Gästebereich für die Großeltern.

Es kam dann anders. Auch weil der Ortsteil an einer Hangkante liegt. Deshalb wird vermutet, dass dort im Boden noch Rückstände von historischen Wallanlagen liegen, Verdacht auf Bodendenkmal. Heißt, dass da schnell ein Archäologe die Baustelle sperrt. Auch aus Kostengründen haben wir daher die Stützwände der alten Wirtschaft stehen lassen und sie integriert. Daraus hat sich dann ergeben, dass gegenüber des Haupthauses noch ein Zuhaus steht, das vollkommen autark funktioniert. Da waren Gästebereich und die Büros geplant, aber man könnte es auch mal verkaufen oder ausbauen. Außerdem entstand zwischen den beiden Häusern und einem Nebengebäude ein intimer, eingefasster Garten. Das bestätigt meine Überzeugung: Gute Entwurfslösungen integrieren anfängliche Widersprüche, nicht selten entsteht dadurch erst der qualitative Mehrwert.

Das Zuhaus auf dem Foto war gar nicht geplant, es ergab sich für Stefan Häring aus den Begebenheiten des Grundstücks.Man könnte noch ein Stockwerk nach unten bauen. (Foto: Stefan Häring)
© SZ vom 24.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: