Ebersberger Amtsgericht:Teures Vertrauen

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Hohe Geldstrafe wegen Weiterversendens von Paketen

Von wieland Bögel, Ebersberg

Vierzig Euro Gewinn und dafür mehr als Dreieinhalbtausend Euro Verlust - es ist zweifellos ein schlechtes Geschäft, auf das sich eine junge Frau im vergangenen Sommer eingelassen hat. Sie hatte Pakete angenommen, neu etikettiert, weiterverschickt und sich dafür bezahlen lassen. Dumm nur, dass sich in den Päckchen geklaute Waren befanden, die Frau musste sich darum am Dienstagmittag wegen Geldwäsche vor dem Ebersberger Amtsgericht verantworten.

Dort versicherte die 24-Jährige, von der kriminellen Herkunft der Päckchen keine Ahnung gehabt zu haben. Sie sei damals, im August und September 2017, erst seit kurzer Zeit als Au-Pair im Land gewesen und habe niemanden hier gekannt außer einer Freundin aus der gemeinsamen ukrainischen Heimat. Und ausgerechnet diese Freundin habe sie zu dem Päckchen-Job angestiftet, angeblich als Vertretung. Die Freundin habe behauptet, sie mache das mit den Paketen schon geraume Zeit, müsse für ein paar Wochen nach Hause, und - damit sie den Job nicht verliere - müsse jemand einspringen. Die nun Angeklagte brauche die Pakete nur anzunehmen oder von der Post abzuholen und weiterzuschicken. An eine Adresse nach Russland, wie ihr dann ein "unbekannter Typ" über den Internettelefondienst Skype mitteilte. Pro Paket sollte sie 20 Euro bekommen, schilderte die Angeklagte.

Mindestens zwei Mal, so die Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft, war die junge Frau als Weiterversenderin tätig. Einmal hätten sich Kleidungsstücke im Wert von 490 Euro, das andere Mal ein Smartphone im Wert von 794 Euro darin befunden. Warum diese Beträge so genau bekannt sind, liegt daran, dass das Geld jeweils vom Konto einer völlig unbeteiligten Person abgebucht wurde. Offenbar hatten der "Typ" oder ein Komplize Kreditkartendaten gestohlen und damit im Internet eingekauft. Die Dienste der Angeklagten sorgten dafür, dass die Geschädigten oder die Polizei den Betrügern nicht auf die Spur kamen - dieser allerdings schon. Dass sie nicht selbst die Betrügerin war, wurde den Ermittlern schnell klar, per Strafbefehl verurteilte das Amtsgericht die 24-Jährige zu 2400 Euro - wegen fahrlässiger Geldwäsche. Dagegen legte sie Einspruch ein.

Denn, wie der Verteidiger argumentierte, habe seine Mandantin vielleicht "blauäugig aber nicht strafbar gehandelt". Es sei ihr nicht vorzuwerfen, nicht erkannt zu haben, dass die Waren in den Paketen illegal beschafft wurden. Zudem es sich auch nicht um verdächtige oder außergewöhnlich wertvolle Gegenstände gehandelt habe - wie die Angeklagte wusste, weil sie den Inhalt auf Anweisung des "Typen" nachkontrollierte. Nicht zuletzt sei sie ja erst durch die Freundin zur Versenderin geworden, so der Advokat. Da diese eine Vertrauensperson gewesen sei, sei es normal, dass die Angeklagte keinen Verdacht schöpfte. Zudem sei die 24-Jährige in der Ukraine aufgewachsen und habe wenig bis keine Erfahrungen mit Internet- oder Kreditkartengeschäften. Sie hätte den Betrug gar nicht bemerken können, weil sie nicht wusste, dass sowas möglich ist. Eigentlich, so der Verteidiger, sei seine Mandantin Opfer eines Trickbetruges geworden. Er regte daher an, das Verfahren einzustellen.

Was Staatsanwaltschaft und Richterin allerdings anders sahen. Nur weil ihre Freundin auch Pakete weiterverschickt habe, könne die Angeklagte nicht darauf schließen, dass es damit seine Ordnung habe, so der Staatsanwalt. Sowohl er wie die Richterin fragten die Angeklagte auch, ob sie sich nie gefragt habe, warum sie Geld für eine "offenbar sinnlose Leistung" bekomme und warum sich der Auftraggeber nicht Zeit und Porto spare und sich die Pakete direkt liefern lasse. "Es muss doch auffallen, dass da etwas nicht stimmen kann", fasste der Staatsanwalt zusammen - eine Idee, welche der Angeklagten nach eigener Aussage aber nie gekommen ist: "Ich habe mir da keine Gedanken gemacht", und sie habe auch nicht gewusst, dass man im Internet Waren mit fremdem Geld einkaufen kann. Auf die Frage der Richterin, welchen Grund es denn geben könnte, für einen Unbekannten Pakete anzunehmen und ins Ausland weiterzuschicken, wusste die 24-Jährige allerdings keine Antwort.

Das ganze Konstrukt "macht doch überhaupt keinen Sinn", so die Richterin, die Angeklagte hätte dies erkennen und Verdacht schöpfen müssen. Darum wurde sie wegen fahrlässiger Geldwäsche zu 2250 Euro und zur Rückzahlung des von den Betrügern zum Warenkauf ergaunerten Geldes verurteilt. Denn, so die Begründung, die Angeklagte habe beim Umetikettieren der Pakete "Verfügungsgewalt" über die illegal erworbenen Gegenstände gehabt, mit dem Weiterschicken den Schaden der Bestohlenen vergrößert.

© SZ vom 04.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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