Ebersberg:The Sound of Silence

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Bislang ist das Interesse an einem neuen Bandcontest des Kreisjugendrings ausgeblieben. Nun hat dieser den Anmeldezeitraum verlängert

Von Konstantin Schätz, Ebersberg

Beim Grafinger Kneipenfest stehen jedes Jahr unzählige Bands aus der Region auf der Bühne. (Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Trauriges Schweigen statt kratziger E-Gitarren-Sounds. Bunte Scheinwerfer kreisen über eine völlig leere Bühne. Dort, wo eigentlich zahlreiche Fans ihren Bands zujubeln sollten, sitzen heute nur die Jurymitglieder. Mit gespitzten Bleistiften warten sie auf Musiker, die sich ihrem Urteil stellen wollen. Doch der Nachwuchs an Gitarre, Mikro und Co. scheint das Interesse daran verloren haben, auf einer Bühne zu stehen und zu zeigen, dass er Oasis oder den Beatles in Sachen Kreativität in nichts nachsteht. Dass er mit Rap die Leute ebenso begeistern kann wie Alligatoah. Wo sind die jungen Menschen, die das Erbe von Chester Bennington an die nächste Generation weitergeben wollen?

Mittlerweile scheint es schlecht bestellt um die Szene junger, wilder Musiker im Landkreis Ebersberg. Denn während früher Newcomerbands mit ihren Instrumenten von Ort zu Ort gefahren sind, um ihre extra angereisten Fans zu begeistern, scheinen die Jugendlichen heute kein Interesse mehr daran zu haben, ihre Musik live auf einer Bühne zu präsentieren. Aber woran liegt es, dass Bands Auftrittmöglichkeiten wie den neuen Wettbewerb "Lord of the Boars" offenbar nicht mehr in Anspruch nehmen wollen?

"Ich weiß nicht, wo die Bands sind", sagt Daniel Hitzke, Vorsitzender des Ebersberger Kreisjugendrings (KJR) - und selbst Tontechniker. Er wirkt verzweifelt. Schließlich hat Hitzke zusammen mit dem Verein den Bandcontest vor einigen Monaten ins Leben gerufen, um die Musikszene in der Region wieder zu befeuern.

Doch der erwartete Andrang blieb aus. Eigentlich hatten die Bands lediglich bis zum 31. August Zeit, sich bei dem Wettbewerb anzumelden. "Neun Teilnehmer wären optimal, damit unser Vorrundenkonzept aufgeht", erklärt Hitzke. Bislang haben sich aber nur zwei Bands beim KJR gemeldet, die an dem Contest teilnehmen wollen. Deshalb hat der KJR den Anmeldezeitraum nun bis Ende September verlängert. Sechs Bewerbungen müssten es aber mindestens sein, damit das Event zustande kommen kann: "Es sieht derzeit nicht rosig aus", sagt der Organisator.

Dabei müssen die Rahmenbedingungen auf die Bands äußerst attraktiv wirken: Der Gewinnerband beispielsweise winkt eine "Recordingwoche" in einem professionellen Aufnahmestudio, also die Möglichkeit, die eigenen Songs in bester Qualität zu verewigen und dafür keinen hohen Preis zahlen zu müssen. Alle Musiker, die schon einmal in einem Tonstudio waren, wissen, dass solche Aufnahmen teilweise weit mehr als 1000 Euro kosten können. Und die anderen Teilnehmer des Contests könnten Gutscheine für Musikequipment und Bandcoachings gewinnen. Auch die Location des Showdowns müsste den Bands eigentlich gefallen. Schließlich würde nach den drei Vorrunden, die zwischen Anfang November und Anfang Dezember stattfinden sollen, das Finale im Alten Kino in Ebersberg ausgetragen - auf einer Bühne also, die auch für bekanntere Musiker eine attraktive Adresse darstellt.

Was der Grund für die niedrige Interessentenzahl ist, kann Hitzke freilich nicht genau sagen. Allerdings vermutet er, dass die Einladung zu dem Contest bislang einfach nicht so viele Leute erreicht hat, wie er sich das erhofft habe: "Das Problem ist, dass nur wenige junge Leute heute noch Zeitung lesen, und auch die Facebook-Werbung hat offenbar einfach nicht genug Menschen erreicht." In der verbleibenden Zeit wolle der KJR mit Plakaten nochmals auf Lord of the Boars aufmerksam machen.

Einen ähnlichen Bandcontest hat es zuletzt vor zehn Jahren gegeben. "Rock Me" wurde dann allerdings von der gleichnamigen Initiative eingestellt - wohl wegen derselben Probleme, vor denen jetzt auch der KJR steht. Damals hieß es von einem der Organisatoren: "Die Jungen machen das jetzt eben ganz anders - und das funktioniert auch."

Doch neben dem fehlenden Interesse steht der KJR auch noch vor einer anderen Herausforderung: Auch die Zusammenstellung der Jury bereitet dem Veranstalter große Probleme. "Wir hatten ursprünglich eine dreiköpfige Jury, bestehend aus zwei Musikern und einem Mitglied des KJR", erklärt Hitzke. Mittlerweile sei aber einer aus zeitlichen Gründen abgesprungen: "Er hätte zu zwei der drei Vorrunden nicht kommen können", so Hitzke. Neben dem Sänger und Gitarristen Jeremiah Teigan sei deshalb noch ein Platz frei geworden, der bislang jedoch noch nicht neu besetzt werden konnte. "Wenn es wirklich nicht anders geht, muss ich das wohl selbst machen", erklärt der Tontechniker. Eine Aufgabe, die er allerdings nur ungern übernehmen würde.

Trotz allem zeigt sich der KJR kämpferisch: Man hoffe weiter, dass sich die Anmeldeliste schon noch füllen werde, sagt Hitzke. Der Traum von kratzigen Gitarren-Sounds und jubelnden Fans - er ist noch nicht vorbei.

Interessierte Bands haben noch bis 31. September die Gelegenheit, sich auf www.lord-of-the-boars.de für den Bandcontest anzumelden.

© SZ vom 16.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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