Ebersberg/Poing:Beruhigende Töne von der Polizei

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Im Landkreis Ebersberg gibt es seit der Ankunft der Flüchtlinge nicht mehr Straftaten als vorher

Von Alexandra Leuthner, Ebersberg/Poing

Helmut Hintereder, Dienststellenleiter der Poinger Polizei, tourt seit Wochen durch den Landkreis, von einer Flüchtlingsinformationsveranstaltung zur anderen, und wird nicht müde zu betonen: Es gibt keinen Anstieg von Straftaten in seinem Zuständigkeitsbereich, im Gegenteil. Ganz ähnliches sagt auch der Chef der Ebersberger Dienststelle, Hendrik Polte. Im Gegensatz zu allen Befürchtungen könne er von einem generellen Rückgang an kriminellen Straftaten berichten, sagt Helmut Hintereder, trotz der etwa 900 Asylbewerber, die im nördlichen Landkreis inzwischen untergebracht sind. Einzig die Zahl der Wohnungseinbrüche steigt ja bekanntermaßen kontinuierlich, das aber sei seit zwei oder drei Jahren schon zu beobachten, stehe also nicht in direktem Zusammenhang mit der Zahl der Flüchtlinge. Aufgrund der relativ geringen Aufklärungsquote könne er aber natürlich nicht ausschließen, dass mal ein Flüchtling unter den Einbrechern sei.

Ein einziger Fall von Ladendiebstahl, bei dem ein junger Asylsuchender eine Lederjacke geklaut hatte, sei im vergangenen Jahr aktenkundig geworden. Die Straßenkriminalität insgesamt sei aber zwischen Januar und September sogar um 18 Prozent zurückgegangen, hatte Hintereder im November bei einer Informationsveranstaltung zur Traglufthalle für Flüchtlinge in Pliening berichtet. Ganz aktuelle Zahlen gibt es noch nicht. Eines aber kann er klar sagen: "Wir haben keine Sexualstraftaten oder Übergriffe von Asylbewerbern auf junge Mädchen."

Dass gerade solche Attacken von Eltern immer wieder befürchtet werden - erst recht nach den Ereignissen von Köln in der Silvesternacht - könne er verstehen, "natürlich", er habe selbst eine Tochter. Zugleich aber halte er das Risiko für ein ähnliches Geschehen mit einer derart großen Menge aggressiv auftretender Männer im eher ländlichen Raum wie dem Landkreis für gering. "So etwas kann ich mir hier nicht mal bei einem Volksfest vorstellen." Schon weil die Mehrheit der Besucher aus Einheimischen bestünde, die das gar nicht zulassen würden. Solche vermutlich organisierten Treffen würden immer ein städtisches Problem bleiben.

Gestiegen ist zwar tatsächlich der Anteil der Flüchtlinge an den gemeldeten Straftaten, aber die Zahl der Asylsuchenden im Landkreis habe sich seit 2014 ja auch vervierfacht, so Hintereder. Die bisherige Erfahrung zeige aber, das berichteten beide Dienststellenleiter übereinstimmend, dass es in der Regel um interne Auseinandersetzungen gehe. Streitereien und auch körperliche Auseinandersetzungen entzündeten sich oft an Kleinigkeiten: Wer die Herdplatte zuerst benutzen dürfe, oder wer beim Nachhausekommen zu viel Radau für den Geschmack des Nachbarn gleich hinter der dünnen Trennwand mache. "Das ist wie überall, wo Menschen so dicht auf engstem Raum zusammenleben müssen, da kommt es zu Konflikten", so Polte. Und Hintereder merkt an: Wie es sei, monate- oder sogar jahrelang so ganz ohne Privatsphäre leben zu müssen, das wolle er sich gar nicht vorstellen. So ein Streit werde dann durchaus auch mal mit Faustschlägen ausgetragen. Viele der verzeichneten Polizeieinsätze ergäben sich aber auch daraus, dass die Sicherheitsdienste in den Flüchtlingsunterkünften sehr frühzeitig alarmieren, damit aus kleineren Streitereien gar nicht erst körperliche Auseinandersetzungen werden, "man weiß ja nie". Hintereder kündigte an, den genauen Anteil interner Auseinandersetzungen bei den von Asylsuchenden begonnenen Straftaten herausrechnen zu wollen, um mit ganz konkreten Zahlen arbeiten zu können. Von 90 bis 95 Prozent gehe er aber jetzt bereits aus.

Bei allen guten Erfahrungen, sagen beide Dienststellenleiter, könnten sie aber keine Garantie übernehmen, dass nie etwas passiert, auch "wenn wir natürlich ein wachsames Auge auf die Unterkünfte haben, ebenso wie die Kollegen in Poing auch", sagt Hendrik Polte in Ebersberg. Vorsichtsmaßnahmen habe er keine auf Lager. Aber grundsätzlich solle man sich im Umgang mit Flüchtlingen auf die "allgemeine Lebenserfahrung" verlassen: "Eltern sagen ihren Kindern ja sonst auch, lass dich nicht ansprechen, geh' mit niemandem mit. Das gilt hier genauso wie im Allgemeinen."

© SZ vom 16.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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