Sicherer Verkehr:Kein Votum für die Gurtpflicht

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Der Umwelt- und Verkehrsausschuss des Kreistags befasst sich mit Sicherheit in Schulbussen. Der Forderung nach Sitzplätzen für alle schließt sich die Mehrheit an, dass sich Kinder anschnallen müssen, befürworten die wenigsten

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Sitzplatzgarantie in Schulbussen ja, Anschnallpflicht nein: Das ist die Position des Ausschusses für Umwelt- und Naturschutzangelegenheiten, Landkreisentwicklung, Regionalmanagement, Verkehrsinfrastruktur, Abfallwirtschaft, ÖPNV und Schülerbeförderung (ULV) im Kreistag. Die Kreisräte diskutierten ausführlich darüber, wie man die Schulbusse noch sicherer für die Kinder machen könnte. Anlass war ein Schulbusunfall, der sich vor einigen Wochen bei Glonn ereignet hatte - danach hatten sich nicht nur die örtlichen Abgeordneten für eine Anschnallpflicht und Sitzplatzgarantie in Bussen eingesetzt, auch SPD-Kreisrat Martin Esterl hatte einen entsprechenden Antrag gestellt: Der Kreistag möge sich in einer Petition bei der Bundesregierung und der Staatsregierung für derartige Verbesserungen einsetzen. Um diesen Antrag ging es nun.

Doch eine Anschnallpflicht in einem Bus mit 50 energiegeladenen Schulkindern durchzusetzen, würde sich wohl alles andere als einfach gestalten, das machten auch drei Vertreter örtlicher Busunternehmen eindrucksvoll deutlich. Unternehmer Josef Ettenhuber sagte, auf einer seiner Linien kümmerten sich sogar bereits jetzt tatsächlich die Eltern darum, dass die Kinder zum Beginn der Fahrt alle angeschnallt seien. Dazu stehe der Bus extra schon eine Viertelstunde vorher bereit. "Aber dann steigen die Eltern aus - und die Kinder stehen auf und laufen rum", berichtete Ettenhuber. Appelle der Busfahrer, die Gurte anzulegen, blieben meist gänzlich unbeachtet - übrigens auch von Erwachsenen im Bus, fügte Busunternehmer Simon Riedl an. Auch in der Sitzplatzgarantie für jedes Kind sahen beide Busunternehmer ein Problem, weil es schon jetzt schwierig sei, die Haltestellen vor den Schulen anzufahren. Oft müsse man einen Slalomparcours absolvieren, die Aufstellmöglichkeiten vor den Schulen reichten längst nicht mehr auf, dazu kämen noch uneinsichtige andere Verkehrsteilnehmer, die etwa haltende Schulbusse überholten und dadurch die Kinder gefährdeten. Überdies gebe es, so Ettenhuber, bereits jetzt sehr häufig für jedes Kind einen Platz, was aber nicht heiße, dass diese Plätze auch genutzt würden. Die einen blockierten den Sitz neben sich mit Jacken und Schulranzen, die anderen wollten sich nicht neben jeden setzen, die dritten stellten sich eben zu ihren Freunden, um ratschen zu können. Zwar biete er jedes Jahr ein kostenloses Schulbustraining an, sagte Ettenhuber, doch der Erfolg sei nicht durchschlagend: "Die wissen alle, wie's geht, aber sie machen es nicht so."

Henry Rüstow, der im Landratsamt für den Bereich zuständig ist, sagte, es gebe auch wenig Handhabe, die Schüler für Fehlverhalten zu bestrafen. Man könne sie zwar theoretisch von der Beförderung ausschließen, praktisch sei das aber schwierig: Einmal etwa habe man einen Schüler, der im Bus geraucht habe, ausschließen wollen, doch der Vater sei mit einer einstweiligen Verfügung dagegen vorgegangen.

Auch mehrere Kreisräte zeigten sich schließlich skeptisch, ob eine Anschnallpflicht im Schulbus durchsetzbar wäre. Ludwig Maurer (FW) sagte, die Aufgabe der Schulbusfahrer sei ohnehin schon strapaziös, er könne sich kaum vorstellen, wie das in der Praxis funktionieren könnte. Ilke Ackstaller (Grüne) betonte, die gefährlichsten Situationen träten nicht bei der Fahrt auf, sondern an den Haltestellen, wo es regelmäßig ein "Riesengerangel" gebe und Schüler auf die Fahrbahn geschubst würden. "Wer kontrolliert das?", sagte Johann Riedl (CSU) zur Anschnallpflicht: "Das ist eine Sache, die man fast nicht in den Griff bekommen kann." Besonders deutlich wurde Martin Lechner (CSU), der verkündete: "Für Unsinn hebe ich nicht die Hand auf." Die Anschnallpflicht sei einfach nicht durchsetzbar, wenn man die Eltern nicht in die Pflicht nehme: "Aber es ist ja gesellschaftspolitisch nicht mehr gewollt, dass die Mütter sich um ihre Kinder kümmern."

Letztlich stimmten nur Bianka Poschenrieder (SPD) und Landrat Robert Niedergesäß (CSU) dafür, dass sich der Landkreis für die Anschnallpflicht einsetzt. Die Ausschussmehrheit mit Ausnahme von Johann Riedl und Manfred Vodermair (beide CSU) will sich aber in Bund und Land weiter für eine Sitzplatzgarantie in Schulbussen einsetzen. Das letzte Wort ist damit freilich nicht gesprochen: Der gesamte Kreistag befasst sich in seiner Sitzung am Montag, 27. Juli, 15 Uhr, erneut mit dem Thema. Erst danach wird klar sein, welche Signale Ebersberg tatsächlich an die Verantwortlichen in Bund und Land senden will.

© SZ vom 27.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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