Ebersberg hat Schwein:Das Wappentier im Zielvisier

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In der diesjährigen Jagdsaison wurden in Bayern so viele Wildschweine erlegt wie nie zuvor. Auch im Landkreis ist die Zahl gestiegen. Der Grund ist die wachsende Population

Von Konstantin Schätz, Ebersberg

Wenn der Begriff "Wildschweinjagd" fällt, denken viele an die Abenteuer um die Gallier Asterix und Obelix. Denn wenn die beiden Helden eins lieber tun als dem römischen Despoten Julius Caesar auf der Nase herumzutanzen, dann ist es die Jagd. Der ständig hungrige Obelix soll im Laufe der Comics insgesamt 125 Wildschweine verzehrt haben. Um das diesjährige Jagdniveau der bayerischen Jäger zu erreichen, muss sich der Gallier in den nächsten Abenteuern allerdings anstrengen. Auch im Landkreis Ebersberg wurden deutlich mehr Wildschweine erlegt als in den Jahren zuvor.

95 000 Wildschweine wurden in Bayern in der Jagdsaison 2017/18 geschossen, 34 000 mehr als im Vorjahr. Auch in dem Landkreis, in dem das Wildschwein das Wappen ziert, ist die Zahl der Abschüsse gestiegen. Konrad Metzger, Vorsitzender der Kreisgruppe Ebersberg im Landesjagdverband, geht in dieser Jagdsaison von 150 getöteten Wildschweinen aus. Das sei im Vergleich zum Vorjahr allerdings nur ein geringer Anstieg: "Letztes Jahr waren es rund 120", schätzt er. Die Zahlen beziehen sich dabei auf die Tiere, die außerhalb des Wildparks im Ebersberger Forst erlegt wurden. Rechnet man die Abschüsse innerhalb des Zaunes mit, waren es 791 Tiere. Noch vor zehn Jahren waren im Landkreis gerade einmal 426 Wildschweine erlegt worden, wie eine Statistik des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zeigt. Vor allem die Zahl der abgeschossenen Frischlinge und der Überläufer ist in den vergangenen Jahren stark angestiegen. Als Frischlinge werden Wildschweine bezeichnet, die unter einem Jahr alt sind, als Überläufer Tiere, die jünger sind als zwei Jahre. Bei der Jagd müsse man vor allem diese Tiere erlegen: "Die Elterntiere haben eine Schonzeit. Bei den Jungtieren versucht man die schwächeren zu erwischen, damit sich ein gesunder Wildbestand entwickelt", erklärt Metzger.

Der Anstieg der Abschüsse sei vor allem durch die wachsende Population zu begründen: "Noch vor 30 Jahren musste das ein oder andere Wildschwein gejagt werden. Das waren Tiere, die vom Ebersberger Wildpark ausgekommen sind", erklärt Metzger. Mittlerweile sei der Bestand stark angestiegen. Das Schwarzwild komme vor allem vom Odenwald vom Spessart-Gebirge, aus Thüringen und Tschechien und breite sich nun hier aus.

Vor allem der Klimawandel begünstige die wachsende Population. Denn mittlerweile trete die sogenannte Eichenmast - die Jahre, in denen die Bäume blühen - deutlich häufiger auf. Die Tiere hätten dadurch mehr zu fressen. "Früher haben Bäume wie Eichen und Buchen nur alle sieben Jahre geblüht. Mittlerweile finden die Mastjahre alle zwei Jahre statt", erklärt Metzger. Dadurch seien die jungen Wildschweine heute deutlich stärker. Außerdem würden Bachen, also weibliche Wildschweine, dadurch nicht mehr nur fünf oder sechs Junge bekommen, sondern acht bis zehn. Auch die Jagd sei durch die steigenden Temperaturen heute schwieriger. So habe man früher die Fährten der Tiere an der geschlossenen Schneedecke lesen können. "Das ist heute nicht mehr möglich", erklärt Metzger.

Die wachsende Population an Wildschweinen ist, wie Metzger weiß, vor allem für die Landwirtschaft ein Problem. Denn die Tiere beschädigen nicht nur Mais- und Weizenfelder, sondern graben auch in den Wiesen Löcher. "Das erschwert den Landwirten ihre Arbeit", sagt der Chef des Kreisjagdverbands. Nach Angaben Metzgers richtet das Schwarzwild im nördlichen Landkreis am meisten Schäden an: "Hier sind die Waldbestände geschlossener als im Süden." Vor allem die Landwirtschaft um den Großhaager Forst sei betroffen. Im Süden könne man am wenigsten Schäden feststellen. Das Wühlen und Graben des Schwarzwilds sehen aber laut dem Jagdfachmann nicht alle als Plage. Im Wald seien die Tiere gern gesehen, da sie den Boden lockern und den Pflanzen dadurch das Wachsen erleichtern würden. "Das ist eine ewige Diskrepanz zwischen Waldbesitzern und Feldbesitzern", sagt Metzger.

Ein weiteres Problem für die Landwirtschaft sei die afrikanische Schweinepest, eine Seuche, die vor allem das aus Tschechien kommende Schwarzwild einschleppen könnte. "Es gibt Vorkehrungen des Umweltministeriums. Wenn diese Seuche entdeckt wird, dann wird das Gebiet zu einem Sperrbereich erklärt. Der Handel mit landwirtschaftlichen Produkten aus diesem Areal wird dann verboten oder zumindest eingeschränkt", warnt Metzger. Zwar seien Menschen und Haustiere von der Seuche nicht bedroht, die Schweine eines Bauern müsse man für den Fall einer Ansteckung allerdings vorsorglich "keulen".

Mit dem Erlegen der Wildschweine sei es aber noch nicht getan, heißt es in einer Pressemitteilung des Bayerischen Jagdverbands: "Jetzt ist es auch notwendig, dass das Wildbret gern gegessen und von den Verbrauchern kräftig nachgefragt wird." Wegen der Bedenken, dass das Fleisch durch die Nachwirkungen des Atomunfalls in Tschernobyl nach wie vor verstrahlt sein könnte, gibt Metzger Entwarnung: "Das Fleisch wird immer geprüft, bevor es in den Handel kommt", erklärt er. Werte unter 600 Becquerel seien unbedenklich und deswegen zum Verkauf freigegeben. Anderes Fleisch komme nicht in den Handel. Bedenken braucht man also zumindest seiner Ansicht nach nicht zu haben, wenn man den gleichen Speiseplan wie der Gallier Obelix hat.

© SZ vom 05.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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