Sterben:Gegen Schmerzen und Einsamkeit

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Alzheimer-Gesellschaft, Hospizverein und ambulante Palliativversorgung engagieren sich im Landkreis für ein Modellprojekt zur Sterbekultur in Alten- und Pflegeheimen

Von Ina Berwanger, Ebersberg

Im Alten- oder Pflegeheim einsam zu sterben, ist für viele Menschen eine grausame Vorstellung. Dass der letzte Weg ein würdevoller ist - ohne Schmerzen und mit persönlicher Begleitung, dafür setzt sich die Alzheimer-Gesellschaft im Landkreis gemeinsam mit dem Christophorus-Hospizverein und der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV) ein. Unterstützt wird dieses Engagement nun auch politisch. Der Ebersberger SPD-Bundestagsabgeordnete Ewald Schurer will beim Bundesgesundheitsministerium in Berlin ein Modellprojekt mit wissenschaftlicher Begleitung initiieren.

"Die Menschen kommen in immer höheren Lebensjahren und mit zumeist mehreren Erkrankungen und oft schon demenziell verändert in die Alten- und Pflegeheime", sagt Katja Goudinoudis, Leiterin des Zentrums für Ambulante Hospiz- und Palliativversorgung München Land, Stadtrand und Ebersberg. Bei einem Treffen mit Ewald Schurer sowie Hans Gnahn und Willi Daniels vom Vorstand der Alzheimer-Gesellschaft im Landkreis stellte sie die Notwendigkeit eines solchen Projektes vor. Alten- und Pflegeheime würden demnach immer häufiger zu Orten des Sterbens. "Demzufolge müssen wir das Hospiz zu den Menschen bringen, also in die Einrichtungen, sagte Goudinoudis. "Wenn es uns nicht gelingt, für Menschen mit fortgeschrittener Demenz und Kommunikationsstörungen eine Sterbekultur zu etablieren, müssen wir uns als humane Gesellschaft in Frage stellen lassen", ergänzte Gnahn.

Der Neurologe hat für seinen Wunsch, die Alten- und Pflegeheime im Landkreis auch in der Sterbephase ihrer Bewohner, zu unterstützen und um mehr Anerkennung und Honorierung der Pflege zu kämpfen, in Katja Goudinoudis eine starke Partnerin gefunden. Die Pflegefachfrau mit Masterstudium Palliativ Care ist im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DPG) und hat sich intensiv mit der Situation der Palliativversorgung in Heimen auseinandergesetzt und eine Reihe von Angeboten erarbeitet.

Dazu gehört unter anderem auch eine 40-stündige palliativmedizinische Schulung für Ebersberger Hausärzte. Diese wird Goudinoudis gemeinsam mit Hans L. Schneider, Chefarzt der Onkologie und Palliativmedizin an der Kreisklinik Ebersberg, von 2016 an anbieten. Mit viel Fachkompetenz und auch Fingerspitzengefühl gilt das besondere Augenmerk von Goudinoudis, Gnahn und Schneider der Verbesserung der palliativen Versorgung in den Alten- und Pflegeheimen. Dort wünschen sie sich im Sinne der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin Palliativbeauftragte für jede stationäre Pflegeeinrichtung. Dafür müssten Pflegekräfte bei der Begleitung Sterbender intensiv geschult und auch betreut werden. Dies gebe den Menschen in der Pflege Sicherheit, sagt auch Werner Benningsfeld, Pflegedienstleiter im AWO-Seniorenzentrum "Gertrud-Breyer-Haus" in Kirchseeon.

Dort gibt es bereits seit fünf Jahren das "Projekt Sterbekultur", erklärt Benningsfeld. Schmerztherapie und Palliativversorgung seien in seiner Einrichtung inzwischen selbstverständlich. Benningsfeld war es auch, der ein Modellprojekt in diesem Kontext angeregt hat und Ewald Schurer davon überzeugen konnte. Der Bundestagsabgeordnete versprach, sich zügig mit dem Ministerium in Verbindung zu setzen. "Lasst uns diesen Dialog fortführen und vertiefen", bekräftigte er zum Abschied sein Engagement für eine fachlich fundierte und an der Nächstenliebe orientierte Sterbekultur in den Pflegeeinrichtungen des Landkreises.

© SZ vom 19.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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