Ebersberg/Erding:Großer Name, kleine Abteilung

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Bei rechten Straftaten ermittelt der Erdinger Staatsschutz

Von Max Nahrhaft, Ebersberg/Erding

Der Staatsschutz zieht ein positives Fazit für den Landkreis Ebersberg. Ein tendenzieller Rückgang des Rechtsextremismus sei zu erkennen, so Gerhard Karl, der seit 2001 als Erdinger Staatsschützer auch für Ebersberg zuständig ist. Das gelte vor allem für Gewalt-Straftaten. Mit Ausnahme des bewaffneten Übergriffs auf einen Ebersberger Döner-Imbiss seien keine weiteren bekannt. Und auch rechte Vereinigungen, die im Landkreis mittels Info-Ständen oder Kundgebungen öffentlich auftreten, gebe es nicht mehr. Doch wie kommt der Staatsschutz zu diesen Erkenntnissen? Was gilt als rechtsextrem? Was ist strafbar, was ist noch zulässig?

"Ein großer Teil unserer Ermittlungsarbeit beginnt mit Hinweisen aus den lokalen Polizeiinspektionen oder auch von der Bevölkerung", sagt Karl. Wenn irgendwo rechte Schmierereien, Flugblätter oder auch einschlägige Beiträge im Internet gesichtet werden, wird das dem Staatsschutz gemeldet. Nachdem die Polizei den Vorfall dokumentiert und mögliche Zeugen befragt hat, stellt der Staatsschutz nochmals eigene Ermittlungen an. Doch die Erfolgsquote ist gering. Gerade bei Schmierereien und Stickern fehlen häufig die Ermittlungsansätze. Außerdem müsse die "mögliche Straftat auch in Relation zum polizeilichen Aufwand stehen", so Karl. Man könne nicht alle Kapazitäten für ein Hakenkreuz-Graffito bündeln. Der Erdinger Staatsschutz ist eine Abteilung mit sechs "aktiven Ermittlern, die voll beschäftigt sind", so Karl.

Doch nicht jeder Flyer oder Sticker einer rechtsextremen Organisation ist als rechtsextrem zu werten. "Solange Texte inhaltlich und presserechtlich nicht zu beanstanden sind, können wir sie strafrechtlich auch nicht verfolgen", so Karl. So auch der Internetauftritt der Neonazi-Partei "III. Weg". In einem Artikel vom vergangenen Oktober werden Poinger Geflüchtete als "Krawallasylanten" und die Traglufthalle als "Asylkaschemme" bezeichnet. Doch diese Wortwahl, so Karl, sei nicht aggressiv oder kämpferisch, sondern lediglich "überzeichnend" und "süffisant". Nur Kennzeichen von verfassungswidrigen Organisationen, wie das Hakenkreuz, sind vollständig verboten. "Bei einem Hakenkreuz ist von einer rechtsmotivierten Tat auszugehen", sagt Karl. Trotzdem zählen für den Staatsschutz die Motiven der Tat. Sei etwa ein Hakenkreuz neben einem Genital-Graffito an die Wand einer Schule gesprüht, sei das eher als "dummer Schülerstreich" zu werten, sagt Karl. Bei so etwas wäre es, anders als bei einer schweren Straftat, nicht möglich, alle bekannten Rechten zu vernehmen, um das Vergehen aufzuklären.

Dass die rechten Aktivitäten Propaganda nicht überschreiten und es zu keinen Aufmärschen oder gewalttätigen Ausschreitungen kommt, dafür gibt es laut Karl einen einfachen Grund: der Wohlstand im sogenannten Münchener Speckgürtel. "Der Bevölkerung geht es zu gut, als dass sie dem Rechtsextremismus verfallen würde", so Karl. Daran habe auch die Unterbringung Geflüchteter nichts geändert. Weder eine rechte Partei noch eine nationalistische Kameradschaft könne sich momentan im Landkreis behaupten. Zwar sind dem Staatsschutz einige Mitglieder des "III. Weg" bekannt, diese sind aber öffentlich nur über ihre Aktionen gegen Flüchtlinge wahrnehmbar und seien damit nicht gefährdend für die Gesellschaft.

© SZ vom 04.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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