Ebersberg:Einfach ist schwierig

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Landratsamt bietet zunächst nur einige Formulare in "Leichter Sprache" an - alles andere wäre zu kompliziert

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Leichte Sprache ist eine richtig schwierige Sache: Das haben die Mitglieder des zuständigen Sozialausschusses des Kreistags in ihrer jüngsten Sitzung gelernt. Denn es genügt nicht, wenn man versucht, sich möglichst einfach auszudrücken und allzu viele Nebensätze zu vermeiden. Wer tatsächlich Formulare in leichter Sprache anbieten möchte, muss Fachleute beschäftigen, die sich mit den offiziellen Regeln ganz genau auskennen - und das kann teuer werden. Deshalb wird der Landkreis zunächst drei Formulare in leichte Sprache übersetzen lassen. Auch eine Übersetzung der Homepage in leichte Sprache wird geprüft. Alle anderen Dokumente und der Schriftverkehr werden hingegen zunächst nicht übersetzt.

Leichte Sprache soll es Menschen mit Lernschwierigkeiten oder Behinderungen oder auch Menschen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, einfacher machen, Textinhalte zu verstehen. Vor allem am Behördendeutsch der meisten Antragsformulare verzweifeln viele von ihnen. Dass der Landkreis deshalb etwas unternehmen sollte, war schon bei der ersten Inklusionskonferenz im Juni 2014 diskutiert worden. Im November 2014 hat die Fraktion der Grünen im Kreistag konkrete Forderungen nachgelegt: Leichte Sprache, so argumentieren die Grünen, sei ein wichtiger Bestandteil zur Teilhabe am Leben.

Die Ansicht teilen zwar die Verwaltung und auch die Mitglieder des zuständigen Ausschusses. Doch es gibt diverse Hürden, die die Verwirklichung nicht so einfach machen. Das zeigt das Beispiel der Regierung von Oberbayern, deren Übersetzung der Homepage in leichte Sprache sehr gelobt wird - ganze zwei Jahre hat das Vorhaben in Anspruch genommen. Anträge und Broschüren müssen nämlich von besonders geschulten Übersetzungsbüros in leichte Sprache übertragen werden. Übersetzungen müssten auch von einem Spezialistengremium gegengelesen und genehmigt werden, um das offizielle Siegel "Leichte Sprache" zu erhalten, erläuterte Familienbeauftragte Christine Klostermann. Übersetzungen kosten pro Seite mindestens 80 Euro. Aus diesen Gründen sei es auch nicht möglich, dass Sachbearbeiter ihren Schriftverkehr mit den Klienten in leichter Sprache abfassen. Jeder einzelne müsste intensiv geschult werden, um das den Regeln entsprechend zu beherrschen, sagte Klostermann.

Dennoch möchte der Landkreis, der bereits seinen Bericht zur "Lebenssituation der Menschen mit Behinderungen im Landkreis" in eine einfache Version übersetzen hat lassen, nun einen Schritt weiter voran gehen. Drei Antragsformulare aus dem Bereich Soziales und Bildung sollen in leichte Sprache übertragen werden. Über die Übersetzung der Homepage des Landratsamts soll der Ausschuss im Juni nochmals beraten und entscheiden.

Alle Vertreter des Gremiums begrüßten aber jetzt den Einstieg in diese Aufgabe. Im übrigen, das sagte Susanne Linhart (CSU) profitieren viele Menschen von den Übersetzungen: "Ich zum Beispiel habe Germanistik studiert und denke mir bei manchem Antrag auch: Was wollen die eigentlich von mir?"

© SZ vom 04.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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