E-Bike statt Dienstwagen:Geladene Gäste

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Beim Infotag für Elektro-Mobilität in Ebersberg kommen Besucher auf ihre Kosten. Zentrales Thema ist die schwierige Stromversorgung der Fahrzeuge im Landkreis

Von Moritz Kasper, Ebersberg

"Puh, Wahnsinn, diese Beschleunigung", sagt ein mittelalter Herr in beiger Jacke mit vom Wind durcheinandergewirbeltem Haar und leuchtenden Augen. Er steigt ab und gibt das Testfahrzeug an einem Stand zurück. Als er wieder festen Boden unter den Füßen hat, macht er erst einmal ein paar taumelnde Schritte. Das Gefährt, dass den Mann so von den Socken gehauen hat, ist kein Auto oder Motorrad, sondern ein unscheinbares graues Fahrrad mit etwas dickerem Unterrohr und Scheibenbremsen. Doch natürlich trügt der erste Eindruck. Denn hierbei handelt es sich um ein Pedelec, also ein E-Rad, das den Nutzer beim Pedale treten elektrisch unter die Arme greift.

Ein Selbstversuch mit dem aktuellen Spitzenmodell einer bekannten E-Bike-Firma zeigt, warum der Mann so aus dem Häuschen war. Ein bis zwei Sekunden nach dem Antreten nimmt das Rad plötzlich an Fahrt auf und schießt in einem Affenzahn die Ebersberger Altstadtpassage hinauf. Gerade noch rechtzeitig beenden die mächtigen Scheibenbremsen diesen Höllenritt und das Gefährt kommt kurz vor dem dicht befahrenen Bahnhofsplatz zum Stehen. Nach einem Wendemanöver geht es dann vorsichtig rollend wieder den Berg hinunter und rechts in den Klosterbauhof.

Im Ebersberger Klosterbauhof stellen die Anbieter elektrischer Fahrzeuge sich und ihre Produkte vor. (Foto: Christian Endt)

Dort findet an diesem Samstag ein Informationstag für E-Mobilität in Unternehmen statt. Am Stand des Fahrradhändlers "Radsport Lang" informiert Besitzer Paul Lang über den aktuellen Stand der Technik. Bis zu 200 Kilometer weit kommt man mittlerweile mit einem Pedelec, und das bei Geschwindigkeiten von bis zu 25 Kilometer pro Stunde ohne, beziehungsweise 45 Kilometer pro Stunde mit Nummernschild. Wer also über eine Versicherung und die nötige Fahrerlaubnis verfügt, ist in der Stadt ungefähr so schnell wie ein Pkw unterwegs. Wer sich aber von einem Spitzenmodell durch die Straßen katapultieren lassen will, muss derzeit noch mehr als 7000 Euro hinblättern. Das ist für Privatleute vielleicht abschreckend, aber durchaus interessant für Unternehmen, die mit dem Elektrorad ein teures Firmenauto ersetzen können.

Weiter Richtung Mitte des Hofes. Dort stellen Autohändler aktuelle Elektro- und Hybridautos vor. Besonders betroffen vom Trend zum E-Auto ist das Autohaus Grill, das in Ebersberg einen Standort für den Verkauf von Smarts betreibt. Dort steckt man derzeit in einer Zwickmühle. "Obwohl wir aktuell nur zwei bis drei Prozent rein elektrische Fahrzeuge verkaufen, will Smart ab 2020 nur noch Autos mit E-Antrieb produzieren", erklärt Verkaufsleiter Alexander Blab. Und wenn ein Kunde sich dann mal für ein E-Auto interessiert, beginnt für den Händler Neuland.

Neben Luxusschlitten und Baufahrzeugen sind auch Mofas dabei. (Foto: Christian Endt)

Denn das Gespräch geht schnell über Fahrzeugdetails hinaus. "Wo kann ich mein Auto laden?", fragen Kunden dann. Oder: "Geht das auch mit grünem Strom, oder werde ich vom nächsten Kohlekraftwerk versorgt?". So wird Blab zum Vermittler für eine ganze Reihe von Dienstleistungen, die momentan seine Möglichkeiten übersteigen, in Zukunft aber auch neue Geschäftsfelder für ihn eröffnen könnten. Elektriker überprüfen den heimischen Stromanschluss und installieren eine sogenannte "Wall-Box", eine Art Mini-Ladesäule fürs Zuhause. Heizungsmechaniker verbinden diese kleine Stromtankstelle mit der Solaranlage, so dass Überkapazitäten in die Batterie des Autos fließen. Solche Gesamtsysteme sind noch relativ teuer - und eine Solaranlage auf dem Dach eines Einfamilienhauses reicht nicht aus, um ein E-Auto aufzuladen.

"Bei einem Supermarkt, der auf seinem Dach eine Anlage mit 60 Kilowatt Spitzenleistung betreibt, sieht das aber schon anders aus", sagt Bärbel Zankl von der Energieagentur Ebersberg. Sie sieht vor allem auch Arbeitgeber in der Pflicht, ihren Mitarbeiten und der Öffentlichkeit die passende Ladeinfrastruktur zur Verfügung zu stellen. Für Näheres bittet sie hinauf in den Alten Speicher, in den großen Saal, wo gerade Fachvorträge zum Thema laufen.

Beim Infotag für Elekro-Mobilität war so ziemlich für jeden etwas dabei. (Foto: Christian Endt)

Oben angekommen wird schnell klar, wie weit E-Mobilität auch in Unternehmen im Mainstream angekommen ist. Ernste Männer Mitte Vierzig diskutieren im Anzug und weißem Hemd über Wirtschaftlichkeit und steuerliche Begünstigung von Ladeinfrastruktur. Frauen dagegen muss man lange suchen. Prominenter ist da ein Foto von einem weiblichen Model, dass mit etwas nackter Haut für die Potenz einer Schnell-Ladesäule mit großem Bildschirm wirbt. Diese Säulen können einen "Stromer" schon in weniger als 30 Minuten mit ausreichend Energie versorgen, sind aber mit bis zu 200 000 Euro Anschaffungskosten kein Schnäppchen. Deswegen soll ein Werbebildschirm mit verschiedenen Angeboten für zusätzliche Einnahmen sorgen.

Als Bezahlsystem soll im ganzen Landkreis Ebersberg das E-Giro System, also das kontaktlose Bezahlen mit EC-Karte, zum Einsatz kommen. Interessierte Unternehmen können sich beim Energieversorger Eberwerk kostenlos über die verschiedenen Möglichkeiten beraten lassen, wie sie Ladeinfrastruktur für ihre Mitarbeiter und die Öffentlichkeit bereitstellen können.

© SZ vom 17.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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