Differenzen bleiben bestehen:Auf und ab

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Ebersberg und Grafing verhandeln weiter über die Finanzierung des Trinkwassernotverbunds. Strittig ist vor allem, wie die Kosten für die Übergabestation aufgeteilt werden

Von Wieland Bögel und Thorsten Rienth, Ebersberg/Grafing

Die Frage, wie eine Rechnung aufzuteilen ist, stellt sich nicht nur nach einem Restaurantbesuch, auch beim Trinkwassernotverbund zwischen Grafing und Ebersberg wird derzeit intensiv darüber verhandelt, wer welchen Anteil zu zahlen hat. Konkret geht es um die geplante Übergabestation, welche die Wassernetze der beiden Städte miteinander verbinden soll.

Diese wird nach ersten Schätzungen etwa 260 000 Euro kosten, nötig ist sie wegen des Höhenunterschiedes zwischen Grafing und Ebersberg. Falls etwa in der Kreisstadt einmal die Brunnen ausfallen, müsste das Wasser der Nachbarn bergauf gepumpt werden. Dazu, so erläutert es der zuständige Planer Andreas Dersch, sind insgesamt drei Pumpen nötig. Zwei, um dem Wasser den nötigen Druck zu verleihen, eine als Reserve. Aber auch in die Gegenrichtung kann man das Wasser nicht einfach fließen lassen, sonst würde der hohe Druck möglicherweise die Grafinger Wasserrohre beschädigen. Darum wird neben den Pumpen ein Druckverminderer eingebaut - der laut Dersch allerdings nur ein Druckventil braucht und damit ein deutlich weniger aufwendiges Gerät ist als eine Pumpe.

Und hier liegt die Ursache, warum die Verhandlungen zwischen den zwei Städten über den Notverbund einigermaßen zäh verlaufen. Denn die Ebersberger hatten sich bisher, so zumindest der Stand auf der vergangenen Sitzung des Technischen Ausschusses Mitte März, eine gleichmäßige Kostenverteilung gewünscht. Was allerdings aus Sicht der Grafinger unfair sei, dort hält man eine Aufteilung im Verhältnis 43 zu 57 für gerechtfertigt. Dies wäre analog zum Verbrauch, für den Fall dass die Grafinger Aiterndorfer Brunnen ausfallen würden.

Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) wehrte sich jedenfalls gegen Kritik, ihre Stadt käme vertraglichen Verpflichtungen gegenüber Ebersberg nicht nach. Grafing habe bereits gut 700 000 Euro in die Infrastruktur für den Notverbund investiert. In Ebersberg, so war es in der jüngsten Ausschuss-Sitzung zu erfahren, waren es bislang 430 000 Euro. Allerdings hätten viele der Maßnahmen, wie der Austausch alter Wasserrohre durch leistungsfähigere, sowohl in Grafing wie in Ebersberg auch ohne den geplanten Notverbund gemacht werden müssen.

Nicht zuletzt, so drückte es CSU-Fraktionschef Max Graf von Rechberg im jüngsten Grafinger Bauausschuss aus, liege es doch an den Ebersbergern, dass die Übergabestation so aufwendig werden müsse. Schließlich würden die Pumpen ja nur nötig, damit im Notfall die Kreisstadt mitversorgt werden kann, die bergauf liegt. Umgekehrt müsse man das Wasser einfach nur fließen lassen.

Dies sei zwar grundsätzlich nicht falsch, erklärt Ingenieur Dersch auf Nachfrage - aber eben auch nicht ganz vollständig. Denn die meisten Kosten für die Übergabestation entstehen beim Kauf des Grundstücks und für die Errichtung des Gebäudes. Die "Installation", also sämtliche Rohrleitungen und auch die drei Pumpen sowie das Druckventil, würden insgesamt vielleicht mit etwa 50 000 Euro zu Buche schlagen. Tatsächlich, so Dersch, seien die Pumpen etwas teurer als das Druckventil, er schätzt die Differenz auf etwa 20 000 Euro.

Was allerdings noch nicht die Frage kläre, wer diese Kosten tragen müsse, so der Experte - man könne nämlich durchaus darüber streiten, ob der Einbau der Pumpen eine Bring- oder eine Holschuld sei. Also ob die Ebersberger die Kosten der Pumpen übernehmen müssten, weil sie im Notfall davon profitieren, oder die Grafinger, weil sie ohne Pumpen ihren Teil der Verpflichtung des Notverbundes - also die Wasserlieferung nach Ebersberg - nicht einhalten können. Beantworten könne er diese Frage ausdrücklich nicht, sagt Dersch, "das muss die Politik klären".

Und genau das soll auch bald passieren, da sind sich die Grafinger und die Ebersberger einig. Noch heuer sollte man sich auf die Kostenverteilung geeinigt haben, erwartet der Ebersberger Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU) - dazu, wie diese dann aussehen könnte, "möchte ich öffentlich nichts sagen". Wohl um die Nachbarn nicht zu verärgern - diese hatten bekanntlich in der Vergangenheit eher unfroh darauf reagiert, dass in Ebersberg offen über angeblich mangelndes Grafinger Engagement beim Leitungsbau geklagt worden war.

Die betont deeskalierende Aussage Brilmayers legt außerdem nahe, dass Grafing und Ebersberg einer Einigung schon sehr nahe sind. Wie nahe, auch dazu gibt es keine konkrete Aussage, aber eine Einschätzung: "Wir sind auf einem guten Weg." Diesen scheint auch die Grafinger Rathauschefin zu sehen, eine Vereinbarung sei so gut wie erreicht, einziger Knackpunkt seien noch die Differenzen um die Kosten der Übergabestation. Was nun aber nicht bedeutet, dass der Notverbund schnell umgesetzt wird. Brilmayer geht davon aus, dass das sicher noch zwei bis drei Jahre dauert - wenn die Einigung wirklich heuer kommt. Und im Notfall? Dann würde Ebersberg versuchen, aus Steinhöring und Pfaffing, mit deren Netzen die Kreisstadt verbunden ist, Wasser zu beziehen. Weil das sicher nicht reicht, würde außerdem eine stetige Befüllung des Hochbehälters per Tankwagen nötig - und eine Einschränkung des Wasserverbrauchs.

© SZ vom 05.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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