Dialog:Den Islam erklären

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Muslimische Reformgemeinschaft startet Aufklärungs-Kampagne

Von Viktoria Spinrad, Ebersberg

Unter dem Kampagnenmotto "Wir alle sind Deutschland" will die islamische Reformgemeinde "Ahmadiyya Muslim Jamaat" (AMJ) in den kommenden Wochen den Dialog mit den Bürgern im Landkreis suchen. "Wir wollen den Menschen ihre Ängste nehmen. Die Leute sollen wissen, dass der Islam eine friedfertige Religion ist", sagte der Imam für Oberbayern, Malik Usman Naveed, bei einem Pressegespräch am Donnerstag in Oberndorf. Um aufzuklären, wollen Vertreter von AJM in allen Ortschaften Flyer verteilen und in einigen Gemeinden mit Infoständen Präsenz zeigen. Auftakt ist am Samstag, 14. April, in Vaterstetten; weiter geht es in Grafing (Samstag, 21. April), Ebersberg (Samstag, 28. April) und wieder in Vaterstetten (Samstag, 5. Mai).

Die AMJ ist eine Religionsgemeinschaft mit Ursprung im damals britisch beherrschten Indien. Sie versteht sich als Reformgemeinde, die den Islam vor falschen, unzeitgemäßen Interpretationen schützen will. Zudem spricht sie sich für Religions- und Meinungsfreiheit aus. Nach eigenen Angaben hat die Gemeinde bundesweit 45 000 Mitglieder in etwa 220 Kommunen; zudem gibt es einen eigenen Verlag. AMJ wird von einem spirituellen Oberhaupt, dem auf Lebenszeit gewählten Kalifen, geführt. Seit 2003 ist Mirza Masrur Ahmad der spirituelle Führer; er lebt im Londoner Exil - denn wegen des Anspruchs des Gründers im Jahr 1889, der vom Heiligen Propheten Muhammad prophezeite Verheißene Messias zu sein, wird die Gemeinschaft vielerorts verfolgt. In Pakistan ist sie gänzlich verboten.

Der Titel "Wir alle sind Deutschland" klingt wie eine Antwort auf die kürzlich entflammte Debatte, ob der Islam zu Deutschland gehöre. Allerdings sind Vertreter bereits seit dem vergangenen Jahr unter diesem Motto bundesweit unterwegs. "Gerade in ländlichen Gebieten haben viele Menschen weniger Kontakt zum Islam", so Naveed, deswegen wolle man gerade hier in den Dialog treten. Als größtes Vorurteil sehe er, dass die Frau dem Mann im Islam nicht gleichgestellt sei. "Der Koran sagt: Beide Geschlechter sind gleichwertig", betont der Imam. Vielmehr gehe es um die Aufgabenverteilung: Männer und Frauen hätten verschiedene Stärken. Frauen seien geduldiger und einfühlsamer und damit besser für die Kindererziehung geeignet. "Natürlich dürfen Frauen auch arbeiten", betont der Imam - solange die Kindererziehung nicht vernachlässigt werde.

Ob es bei der Kampagne auch um die Rekrutierung neuer Mitglieder gehe? Zwar fände er es schön, wenn Menschen sich entscheiden, beizutreten. "Unsere höchste Priorität ist aber, dass die Menschen den wahren, friedlichen Islam erkennen. Für ihn darf nur in einer geistigen Auseinandersetzung geworben werden", sagt der Imam. Auch Berichterstattungen hätten die Ängste vieler Menschen vor dem Islam geschürt; bei Anschlägen im Namen des Islam gerieten mittlerweile alle Muslime unter Generalverdacht. "Viele sind müde, sich ständig zu rechtfertigen", so der Imam. Man sehe sich aber in der Pflicht, die Menschen über den wahren Islam aufzuklären. Den Abschluss für die Kampagne bildet die Spende zweier Friedensbäume. "Wenn unsere Werte überall vertreten wären, dann gäbe es diese Konflikte nicht mehr", so Naveed.

© SZ vom 06.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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