Debatte im Kreistag:Die Vermessung des Wassers

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Das Strandcafé Kastensee gehört dessen Betreiber, genau wie die Liegewiese ganz rechts im Bild. Der Uferstreifen dazwischen und ein Grundstück links vom Café ist im Besitz des Landkreises, im Hintergrund sind private Flächen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

In den Verhandlungen um den Verkauf der Kastenseegrundstücke gibt es eine weitere Verzögerung. Offenbar bestehen Unklarheiten über Grenzverläufe und Wert der Flächen, beides soll nun bis Herbst ermittelt werden

Von Wieland Bögel, Ebersberg/Glonn

Die seit Jahren vor sich hindümpelnden Verhandlungen um einen möglichen Verkauf landkreiseigener Flächen am Kastensee in Glonn verzögern sich weiter. Eigentlich hätte der zuständige Ausschuss des Ebersberger Kreistages im Juli über das Thema beraten sollen. Diese Woche nun wurde auf der Fraktionssprechersitzung vereinbart, die Beratung auf den Herbst zu verschieben. Denn offenbar war bisher nicht ganz klar, worüber eigentlich verhandelt wird, es gibt noch Klärungsbedarf zum Verlauf der Grundstücksgrenzen. Darum soll nun zunächst eine genaue Vermessung der Grundstücke am See vorgenommen und ein Wertgutachten erstellt werden. Laut Landratsamt könne frühestens im Oktober, möglicherweise auch erst im November oder Dezember, weiter über einen Verkauf der Grundstücke beraten werden. Währenddessen scheint unter den Kreisräten die Skepsis zu wachsen, ob ein Verkauf wirklich sinnvoll ist.

Bereits seit einigen Jahren versucht der Besitzer des Kastenseebades vom Landkreis zwei Grundstücke zu erwerben. Sie liegen im nördlichen und westlichen Teil des Sees und grenzen an das Strandcafé an. Dieses, so erklärte der Badbesitzer, solle saniert und modernisiert werden, ein kleines Wohngebäude nördlich davon ist bei der Gemeinde Glonn ebenfalls bereits beantragt. Er hat auch schon klar gemacht, dass er nur auf eigenem Grund bauen will, der Rechtssicherheit wegen.

Landrat Robert Niedergesäß (CSU) sieht darin ein legitimes Anliegen, wie er nun erneut betont. Der Eigentümer wolle investieren und "ein völlig neues und attraktives Restaurant mit Seeterrasse für seine Kunden errichten". Da sei es verständlich, dass er "zur Investitionssicherheit" die Grundstücke erwerben wolle. Im Gegenzug habe der Badbesitzer angeboten, zwischen Oktober und April ständig und in den übrigen Monaten immer dann, wenn das Bad geschlossen ist, einen freien Seezugang für alle zu gewähren. Dies solle vertraglich über eine sogenannte Grunddienstbarkeit abgesichert werden. Zudem habe man über die Option eines Rück- beziehungsweise Vorkaufsrechtes verhandelt, so Niedergesäß.

Dies ist als Sicherheit für den Fall zu verstehen, dass das Bad geschlossen wird und die Grundstücke verkauft werden. Ein Szenario, das man etwa bei der Kreis-SPD für realistisch, wenn auch nicht unmittelbar bevorstehend hält, wie der Fraktionssprecher, Poings Bürgermeister Albert Hingerl, erklärt. Aber niemand wisse, was in fünf, zehn oder auch 20 Jahren sei. Zumal zumindest der nördliche Teil der Grundstücke durchaus als Bauland zu verwerten sei. Was, das betont Hingerls Fraktionskollegin, die Ebersberger Landtagsabgeordnete Doris Rauscher, man dem Badbesitzer natürlich nicht verbieten könne. Genauso wenig könne man ihn zum Betrieb des Bades verpflichten. Aber der Landkreis könne dafür Sorge tragen, dass bei einer Schließung des Bades trotzdem ein Seezugang für die Bevölkerung möglich sei.

Dazu brauche der Kreis aber das südlichere der Grundstücke, so Rauscher. Dieses bildet gewissermaßen eine Brücke zwischen den Flächen des Badbesitzers im Norden und im Süden. Durch den Erwerb des Uferstreifens könnte er den kompletten Zugang zum See kontrollieren, zumindest des Teils, der nicht Naturschutzgebiet ist. Niedergesäß verweist darauf, dass der Kreis zwar ein Seegrundstück, aber trotzdem keinen Seezugang habe. Denn zwischen dem kreiseigenen Uferareal und der nächsten öffentlichen Straße liegen Privatgrundstücke, neben jenen des Badbesitzers auch solche anderer Eigentümer.

Dies ist für die SPD wiederum eher Chance als Problem. Hingerl und Rauscher halten es durchaus für möglich, im Fall einer Schließung des Kastenseebades von einem anderen Grundstückseigentümer ein Stück Land für den Seezugang und eventuell eine neue Freibadwiese zu pachten. Was aber unmöglich werde, sollte der Landkreis sein Ufergrundstück verkaufen. Warum dieses überhaupt von Interesse für den Badbesitzer ist, könne er ohnehin nicht nachvollziehen, sagt Hingerl. Denn zwar schließt es an das bestehende Gebäude im Norden an, wäre für dessen Erweiterung also möglicherweise nützlich. Doch der größte Teil der Fläche ist ein wenige Meter breiter Uferstreifen. "Warum will er komplett alles haben?", fragt Hingerl, noch dazu, weil der Badbetreiber bereits jetzt über eine Grunddienstbarkeit dafür verfügt.

Eher wenig erhellend ist eine Nachfrage beim Kaufinteressenten. Der Gastronom aus Ingolstadt, dessen Familie das Bad 1957 gekauft hat, macht klar, dass er inzwischen ziemlich genervt davon ist, dass in der Sache nichts vorangeht. Die Frage, warum er unbedingt ein Grundstück kaufen möchte, das er ohnehin unbefristet nutzen kann, beantwortet der Badbesitzer ausdrücklich nicht - da beendet er lieber das Gespräch. Zuvor deutet er aber noch an, dass er seine Sanierungspläne auch ganz bleiben lassen könne, wenn man ihm nicht bald entgegenkommt. Eine Befürchtung, die man offenbar auch im Landratsamt hat. Niedergesäß warnt in einer aktuellen Stellungnahme zum Thema davor, dass "der Bogen überspannt werden könne".

Allerdings scheint es, dass auch unter den Kreisräten die Unlust über den Verkauf immer mehr zunimmt. Nach SPD und Grünen, die sich seit Jahren dagegen aussprechen, sind nun auch die Freien Wähler auf diese Linie eingeschwenkt. Vor vier Jahren stimmten sie noch für die Aufnahme von Verkaufsverhandlungen, vor zwei Monaten beantragten sie, von einem Verkauf der Flächen Abstand zu nehmen. Dafür gebe es "keinen vernünftigen Grund zum Wohle der Allgemeinheit", so der Wortlaut des Antrages.

Sogar in der größten Fraktion, jener aus CSU und FDP, scheint die Skepsis zuzunehmen. Ebenfalls im Mai plädierte FDP-Kreisrat Alexander Müller gegen einen reinen Verkauf der Flächen. Dadurch bestehe die Gefahr, so Müller, "dass ein Seezugang von den Launen eines privaten Schwimmbadbetreibers oder dessen Rechtsnachfolger abhängt". Besser sei daher, der Landkreis tausche seine Grundstücke im Norden des Sees gegen Flächen des Badbetreibers im Süden, die dieser dann wieder pachten könne.

Tatsächlich, so ist aus dem Landratsamt zu erfahren, war die Frage eines "wertgleichen Grundstückstausches" ebenfalls bereits Thema der Verhandlungen. Dazu passt auch die nun anstehende exakte Vermessung und Bewertung der Flächen. Ob der Badeigentümer auf ein solches Angebot eingehen würde, ist aber unklar, auch zu diesem Thema will er sich mit Verweis auf laufende Verhandlungen nicht äußern. Bekannt ist allerdings sein bislang letztes Angebot an den Landkreis: Im Gegenzug für einen Verkauf der Flächen bekäme der Landkreis ein Betretungsrecht für die südliche Wiese und den See außerhalb der Badöffnungszeiten. Das Grundstück selbst steht offenbar nicht zur Debatte.

© SZ vom 06.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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