Darmspiegelung:Kampf gegen den Krebs

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Jedes Jahr im März empfehlen Mediziner eine regelmäßige Darmspiegelung. Mit Hilfe einer kleinen Kamera werden dabei in der Schleimhaut Polypen aufgespürt, die zu bösartigen Tumoren entarten können

Von Theresa Schierl, Ebersberg

Als Brigitte Zehetmeier vor eineinhalb Jahren wegen Magenschmerzen zu ihrer Hausärztin geht, schickt diese sie zu einer Magenspiegelung. "Und den Darm machen wir gleich mit", sagt die Medizinerin. Ihren Mann nimmt die Zornedingerin mit, da auch seine letzte Darmspiegelung schon einige Zeit her ist. Sie machen Termine bei dem Ebersberger Gastroenterologen Gernot Straka. "Bei Frau Zehetmeier war es kurz vor Zwölf", erklärt Straka rückblickend. Er fand einen kleinen, aber bereits bösartigen Polypen. Nur durch die zusätzlich angeordnete Darmspiegelung wurde der Krebs noch rechtzeitig entdeckt.

So wie Brigitte Zehetmeier geht es in Deutschland jährlich etwa 62 000 Menschen, 26 000 Patienten sterben jedes Jahr an Darmkrebs, dabei ist er, wenn er früh erkannt wird, fast immer heilbar. Zehetmeier hatte weder Beschwerden noch eine familiäre Vorgeschichte mit Darmkrebs. Um diese Neuerkrankungen zu verhindern, empfehlen Mediziner eine Darmspiegelung. Dabei wird mit einer kleinen Kamera nach Polypen in der Darmschleimhaut gesucht, um diese, wie im Fall von Zehetmeier, sofort entfernen zu können.

Das Gefährliche am Darmkrebs ist das lange unbemerkte Wachstum, bevor der Patient Symptome verspürt. "Was am Darm wehtut, ist meistens harmlos", erklärt der Gastroenterologe Stefan Greimel. Wer etwa alle zehn Jahre eine Darmspiegelung durchführen lässt, senkt das persönliche Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, um bis zu 90 Prozent. Denn von der Entwicklung eines vermeintlich harmlosen Polypen in einen bösartigen Tumor vergehen in der Regel zehn Jahre. Vom 56. Lebensjahr an wird eine Darmspiegelung alle zehn Jahre von den Krankenkassen übernommen. Dennoch nehmen dieses Angebot nur drei Prozent der Ebersberger wahr. "Das muss man aber nicht so schwarz sehen", sagt Greimel, " die Hälfte der 60-Jährigen war in den letzten zehn Jahren trotzdem bei einer Darmspiegelung". Der Fehler, den viele Menschen machten, sei zu denken, sie würden ein gesundes Leben führen. "Ich rauche nicht, ich trinke nicht, ich gehe joggen, woher sollte ich Darmkrebs kriegen?" Doch Darmkrebs hänge im Gegensatz zu vielen anderen Krebsarten kaum von äußeren Faktoren wie Ernährung oder Sport ab, sagt Straka.

Darmspiegelungen haben immer noch den Ruf, sehr unangenehm zu sein, dabei hat laut den Fachleuten die Technik sich in den vergangenen zehn Jahren deutlich verbessert und das Verfahren erträglicher gemacht. "Um Darmkrebsvorsorge zu normalisieren, sollte sie wie Sporttreiben und Ernährung zum Gesundheitsverhalten gehören" , betont Tobias Philippzig, Praxispartner von Straka. In Zukunft versucht das die Politik in Zusammenarbeit mit der Felix-Burda-Stiftung mit persönlichen Briefen zum 56. Geburtstag. "Die Patienten sind unsere Multiplikatoren", meint Straka, man erzähle seiner Familie, wo man war, und die machen dann irgendwann auch einen Termin.

Auf die Frage, ob eine Darmspiegelung alle zehn Jahre reiche, antwortet Greimel: "Zehn Jahre sind das längste vertretbare Maß, wichtiger ist es, Männer bereits vom 50. Lebensjahr an zu erreichen, da bei ihnen das Risiko schon dann deutlich steigt." "Mit der Darmspiegelung kann man fast in die Zukunft schauen" sagt Philippzig. Er erklärt, andere Vorsorgeuntersuchungen würden lediglich ein akutes Bild der Lage liefern, während eine Darmspiegelung eine Aussage über mindestens die nächsten fünf Jahre liefere. Statistiken zufolge besteht bei jedem Menschen eine etwa sechs prozentige Wahrscheinlichkeit, in seinem Leben irgendwann an Darmkrebs zu erkranken. Damit ist die Erkrankung auf Platz Zwei der häufigsten Krebserkrankungen bei Männern und Frauen. Eine familiäre Vorgeschichte mit Darmkrebs allerdings erhöht das Risiko entscheidend, dann sollte man früher und öfter zur Darmkrebsvorsorge gehen, empfehlen die Mediziner.

Durch Darmspiegelungen wurden in den ersten zehn Jahren der Vorsorgeuntersuchung in den Jahren von 2003 bis 2012 etwa 180 000 Fälle von Darmkrebs in Deutschland verhindert. Brigitte Zehetmeier sagt heute: "Ich bin froh, dass ich hingegangen bin. Man denkt, es fehlt nichts - aber weiß man das?"

© SZ vom 08.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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