Buslinie nach Parsdorf:Sinnlose Schuldzuweisung

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Für die Finanzierung der Buslinie nach Parsdorf hatte Vaterstetten nie einen Plan B in der Schublade

Von Wieland Bögel

Blame Game ist nicht etwa der Name des neuen Spiels des Jahres, sondern bezeichnet im Amerikanischen ein Ritual, das oft nach eingetretenen Schäden zu beobachten ist. Niemand will an nichts schuld sein und jeder beschuldigt jeden. Auch der Vaterstettener Gemeinderat hat in der Frage, wie man die Buslinie nach Parsdorf retten kann, und wie es dazu kam, dass man sie überhaupt retten muss, nun eine vorbildliche Partie Blame Game gespielt. Besonders hervorgetan haben sich die beiden größten Fraktionen. CSU und SPD machten die Verwaltung und ganz besonders Bürgermeister Georg Reitsberger dafür verantwortlich, dass die Gemeinde nun einen teuren Defizitausgleich zahlen muss, und die Busverbindung nach Parsdorf vielleicht trotzdem bald deutlich schlechter sein wird. Doch auch hier gilt die alte Weisheit, dass, wer auf andere mit dem Finger zeigt, drei Finger auf sich selbst richtet.

Es ist durchaus zutreffend, dass Verwaltung und Bürgermeister nun bei der Suche nach weiteren Sponsoren für die Buslinie zu zögerlich gehandelt haben. Aber den selben Vorwurf muss man Reitsbergers beiden Amtsvorgängern und sämtlichen Mitgliedern des Gemeinderats seit Mitte der 1990er Jahre machen. Denn, dass die Firma Segmüller den Shuttle-Bus zwischen Vaterstetten, Parsdorf und Grub nicht für ewige Zeiten bezahlen wird, war von Anfang an klar. Der 1997 zwischen Gemeinde und Möbelhaus geschlossene Vertrag hatte eine Laufzeit von drei Jahren. Dass daraus mittlerweile 18 Jahre wurden, ist reine Kulanz des Unternehmens Segmüller - und nichts, auf das sich eine Gemeinde verlassen sollte. Doch weder Bürgermeister, egal ob von SPD oder CSU, noch Gemeinderäte aller Fraktionen und Parteien haben sich in den vergangenen beiden Jahrzehnten Gedanken über einen Plan B gemacht. Spätestens, als die Planungen zur Erweiterung des Gewerbegebiets in Parsdorf konkret wurden, hätte der eine oder die andere auf die Idee kommen können, dass Segmüller nicht unbedingt für die Fahrtkosten für Kunden der Konkurrenz aufkommen möchte.

Dass es nie einen Plan B gab, haben sich also eigentlich alle auf die Fahnen zu schreiben. Gleichzeitig ist die Frage, wer genau jetzt an was genau schuld ist, komplett irrelevant. Jetzt sollte es allen, ob Bürgermeister, Verwaltung oder Gemeinderäten darum gehen, die Buslinie irgendwie zu retten. Alles andere wäre etwas, das sprachlich eng mit dem englischen Blame verwandt ist: eine Blamage nämlich.

© SZ vom 15.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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