Asylbewerber in Bruck:Bürgermeister wirbt bei Bürgern um Verständnis

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Großes Interesse, einigen Widerspruch, aber auch Unterstützung gab es im Alxinger Bürgersaal bei der Vorstellung der neuen Asylbewerberunterkunft. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Bei der Brucker Informationsveranstaltung zur Asylbewerberunterkunft sprechen die Bürger ihre Sorgen aus. Doch andere bieten den "besorgten Bürgern" mithilfe von Fakten Paroli.

Von Thorsten Rienth, Bruck

Händeringend warben Landrat Robert Niedergesäß und der Brucker Bürgermeister Josef Schwäbl (beide CSU) für die Zustimmung der Brucker zur neuen Asylbewerberunterkunft. Doch die war erst einmal verhalten. Am Ende ist der Plan am Montagabend auch deshalb aufgegangen, weil immer wieder Leute aufstanden und mit Fakten gegen die sogenannten "Ängste und Sorgen" anredeten.

Eine Zustimmung der Brucker zu dem Vorhaben an der Straße zwischen Pienzenau und Alxing ist formell gar nicht nötig. Bereits im Januar hatte der Gemeinderat einstimmig für die Container-Unterkunft für 25 bis 30 Flüchtlinge votiert. "In unserer Luxuszeit gehört es dazu, Flüchtlinge human und menschenwürdig unterzubringen", erklärte Schwäbl kurz darauf beim Neujahrsempfang. Diesen Satz wiederholte er am Montag fast wortgleich vor den mehr als 120 Besuchern - und stellte klar: "Da hat auch eine kleine Gemeinde wie Bruck ihren Beitrag zu leisten."

Dezentrale Wohnmöglichkeiten werden gewünscht

Wie das konkret aussehen kann, darüber gingen die Meinungen im Alxinger Bürgersaal auseinander. "25 oder 30 Leute auf einem Fleck unterzubringen, das ist doch totaler Schmarrn", echauffierte sich ein Besucher. Er frage sich, warum die Flüchtlinge nicht dezentraler und in kleineren Gruppen untergebracht werden. So, wie Bruck jetzt plane, sei Integration unmöglich. Niedergesäß widersprach. "Die Erfahrung zeigt, dass sich Gruppen mit zehn bis 30 Leuten gut aufnehmen lassen."

Ganz abgesehen davon sei die Platzwahl auch immer eine Frage der Infrastruktur, stellte Schwäbl klar. "Wir können die Container nicht einfach irgendwo aufs Feld bauen - da geht es doch auch um Fragen wie Wasser, Abwasser und Erschließung." Das grenze die Möglichkeiten nun einmal stark ein. Und außerdem: "Dann machen Sie doch Vorschläge!"

Beinahe wäre die Stimmung gekippt

Auf seine Bitte, Wohnungen oder Grundstücke zur Miete anzubieten habe er keine einzige Rückmeldung bekommen, berichtete der Bürgermeister. Nicht zuletzt deshalb hatte Schwäbl Zweifel, ob es den Wortmeldern wirklich um Integration gehe. Oder vielmehr darum, vor ihrer Haustüre keine Flüchtlinge zu haben. Im Gemeindeteil Pienzenau verweise man auf Alxing als besseren Standort, erzählte Schwäbl. Die Alxinger zeigten hinunter nach Taglaching. "Und so geht das weiter, egal, mit wem ich rede."

Zweimal stand die Stimmung kurz vor dem Kippen. Das erste Mal, als sich eine Frau mit den Worten echauffierte: "Das Problem sind lauter junger Männer, unbeweibt! Es gibt natürliche Bedürfnisse, die hier nicht erfüllt werden können - wir haben Kinder und Enkelkinder, wo führt dieser Weg hin?" Ein zweites Mal, als ein Brucker Familienvater ins gleiche Horn stieß und zusätzliche Polizeikräfte verlangte. Wie könne es sein, dass "von denen" 30 kämen - und trotzdem kein Sicherheitskonzept für die Gemeinde erstellt würde?

Mit Fakten gegen die Angst vor steigender Kriminalität

Dass es trotzdem ruhig blieb, lag mit auch an der Courage anderer Besucher. "Was soll das? Als ob Flüchtlinge pauschal kriminell wären!", rief ein Brucker nach der Wortmeldung der Frau. Ein anderer forderte den Familienvater zur Recherche auf: "Hol dir doch die Informationen." Erst unlängst habe doch der Poinger Polizeichef klargestellt, dass die Unterkünfte in seinem Einsatzbereich keinesfalls pauschal zu einem größeren Anstieg der Kriminalität führten. "Ich gehe mal davon aus, dass für südlichen Landkreis ähnliches gilt", sagte der Widerredner.

Genau dies hatte Hendrik Polte, Leiter der Ebersberger Polizeiinspektion, bei einer Veranstaltung im Februar in Grafing bekräftigt. Von 951 Einsätzen in der Stadt hätten im vergangenen Jahr 40 im Zusammenhang mit Flüchtlingen gestanden, sagte Polte. "Das sind zwei Prozent mehr, als im Vorjahr." Die Anzahl der Asylbewerber stieg dagegen prozentual deutlich stärker.

Den Schlusspunkt setzte nach knapp zweieinhalb Stunden eine Bruckerin: "Wir leben im viertreichsten Landkreis in Deutschland - lasst uns doch aus der Weltgeschichte was Gutes machen, 20 oder 30 Leute sprengen hier doch überhaupt nichts!"

© SZ vom 20.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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