Brauchtum in Ebersberg:Der Nikolaus kommt nicht ins Haus

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Lokale Dienste in Emmering, Poing und Markt Schwaben organisieren zwar trotz Corona den himmlischen Besuch - dieses Jahr jedoch mit Neuerungen. Die Kinder werden den heiligen Mann vorwiegend im Freien treffen

Von Karin Pill

Nur noch drei Wochen, dann kommt der Nikolaus. Welches Kind freut sich am 6. Dezember nicht über Äpfel, Nüsse und Schokolade im Stiefel - oder, noch besser, ein paar kleine Geschenke? Die alte Tradition ist in der Region nach wie vor sehr beliebt. In vielen Gemeinden gibt es Nikolausdienste, die, meist auf Spendenbasis, einen Besuch des Schutzpatrons bei ortsansässigen Kindern und Familien organisieren. Doch wie sieht es in der Pandemie mit den Nikolausdiensten im Landkreis aus? Große familiäre Zusammenkünfte mit einem Nikolaus und womöglich mehreren "Kramperln" sind jedenfalls ausgeschlossen.

Marlene Hilger, Organisatorin des Nikolausbüros in Emmering, findet, wie sie sagt, dass der Nikolaus gerade jetzt wichtig ist und möchte den Brauch daher auf keinen Fall ausfallen lassen. "Dieses Jahr war für die Kinder eh schon so schlimm, da sollten wir ihnen einen Besuch vom Nikolaus nicht auch noch nehmen."

Deshalb plant Hilger nach wie vor fest damit, die bayerische Tradition auch in diesem Jahr stattfinden zu lassen. Nur wird es eben ein bisschen anders ablaufen als gewohnt: "Wir schicken unseren Nikolaus einfach in die Gärten der Familien", sagt Hilger. Auch bei eisigen Temperaturen könne man es sich im Dezember im Garten gemütlich machen. "Die Eltern könnten zum Beispiel Fackeln anzünden", schlägt Hilger vor. "Außerdem trägt der Nikolaus natürlich eine Maske. Handschuhe wird er auch tragen, aber die trägt er ohnehin jedes Jahr." Insgesamt 20 Termine hat der Emmeringer Nikolaus zu vergeben, um die zehn Familien haben schon einen Termin bei Hilger reserviert.

Stefan Pillokat, auch bekannt als "Clown Pippo", hat sich in Markt Schwaben für eine ähnliche Vorgehensweise entschieden. Pillokat, der seine Arbeit online mit den Worten beschreibt "Gaudi zu den Menschen zu bringen", lässt sich ebenfalls nicht vom Coronavirus abschrecken. "Ich bin ohnehin stark eingeschränkt, da alle meine Auftritte bisher ausfallen mussten." Den Nikolausdienst will auch er sich deshalb nicht nehmen lassen. Er freut sich, dass sich bereits zehn Familien bei ihm angemeldet haben; auch Pillokat hat noch Kapazitäten frei.

Selbstverständlich wird er sich auch an die vorgegebenen Maßnahmen der Staatsregierung halten. "Wenn sich alle an den Abstand halten, ist es gut zu machen", sagt er. Anders als sonst, kommt auch er nicht in die Häuser der Familien, sondern auf deren Terrassen, in deren Wintergärten oder in ihre Gärten. Trotz aller Maßnahmen, die Pillokat selbst einhalten wird, appelliert er auch an die Vernunft der Eltern: "Die Familien müssen mitmachen. Dieses Jahr darf es eben kein Fest mit zwölf bis 15 Verwandten werden."

Für Pillokat ist das ohnehin eine Entwicklung der vergangenen Jahre, die er für zu ausschweifend für den traditionellen Nikolausabend hält. Daher kommt ihm die Reduzierung von Kontakten gerade recht: "Dieses Jahr müssen die Familien alleine Nikolaus feiern, ohne Großeltern, Onkel und Tanten", sagt er. Wenn nämlich lediglich der Nikolaus zu den Familien kommt und er auch seinen traditionellen Begleiter, den Krampus, im Himmel lässt, kann die Zwei-Haushalte-Regel einwandfrei befolgt werden.

Vorausgesetzt sei all dem natürlich, dass die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie im Dezember nicht noch verschärft werden. Auch Marlene Hilger betont immer wieder, dass ein Nikolausbesuch im Garten zwar aktuell geplant ist, aber das natürlich noch alles offen sei. "Aber wenn's irgendwie geht, dann möchten wir das heuer schon möglich machen."

Einen ganz anderen Plan verfolgt da Armin Rösl. Der Initiator von "Weltstadtvorstadt mit Herz" (WSVSmH), einer Poinger Online-Community, die Ortsansässigen Austausch und Hilfe bietet, organisiert schon seit vielen Jahren den Poinger Nikolausdienst. Auch Rösl wollte unbedingt, dass sich der Nikolaus und die Kinder im Corona-Jahr sehen. Doch drehte er das Ganze um: In Poing kommt dieses Jahr der Nikolaus nicht zu den Kindern, sondern die Kinder kommen mit ihren Eltern zu ihm, "ins Haus vom Nikolaus", wie Rösl sagt. Am 5. und 6. Dezember werden er und der 21-jährige Student Dominik Junga - ausgestattet mit Mitra und Stab - die Kinder in der Kirche St. Michael und in der Pfarrkirche Rupert Mayer empfangen. "Den Nikolausbesuch im Garten durchzuführen, war mir einfach zu unsicher. Denn wer weiß schon, wie am 6. Dezember das Wetter sein wird oder wie viele Leute dann im Freien tatsächlich zusammenkommen dürfen?", fragt sich Rösl. Außerdem wollte er so auch eine lokale Erkältungswelle vermeiden, die dann wohl oder übel auf den Besuch des Heiligen Nikolaus in Eiseskälte zurückzuführen wäre.

Ein Besuch der Kinder in der Kirche biete da viel mehr Planungssicherheit. "In den Kirchen gibt es bereits Hygienekonzepte mit beispielsweise unterschiedlichen Ein- und Ausgängen. Da die Familien sich vorher anmelden müssen, kann auch die Nachverfolgung gewährleistet werden." Vielleicht liegt es auch an der sicheren Durchführbarkeit des Poinger Nikolausdienstes, dass dieser bereits ausgebucht ist.

Der Poinger Pfarrer Philipp Werner, der Schnelltests für die Pfarrei kaufte, stellt ein paar davon dem Nikolausdienst zur Verfügung. So können sich Rösl und Jungas vor ihren Auftritten testen. Die beiden Männer engagieren sich ehrenamtlich als Schutzpatrone, freuen sich aber so wie jedes Jahr über Spenden für die WSVSmH-Patenkinder der Stiftung "Regentropfen Bildung zum Leben" in Ghana.

Die Gemeinden Kirchseeon und Eglharting haben ihren Nikolausdienst für dieses Jahr wegen der Pandemie abgesagt.

© SZ vom 14.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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