Bildung im Landkreis:Berufsschule für den Süden

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Der Schulausschuss des Kreistages begrüßt die Möglichkeit für eine neue Bildungseinrichtung - wenn auch nicht einstimmig

Von Wieland Bögel, Ebersberg

So schnell können sich die Zeiten ändern: Noch vor drei Jahren hatte das Kultusministerium dem Landkreis noch eine Absage erteilt, als dieser eine eigene Berufsschule einrichten wollte, nun scheint es nur noch eine Frage der Zeit, bis die ersten jungen Ebersberger im Heimatlandkreis ein Handwerk lernen können. Sogar einen Standort für die Schule gibt es bereits, lediglich die Frage, ob der Landkreis Ebersberg die Schule alleine oder zusammen mit dem Landkreis München bauen und betreiben wird, ist noch offen.

"Es traf uns wirklich wie aus heiterem Himmel", so Landrat Robert Niedergesäß (CSU) im Schulausschuss über den überraschenden Kurswechsel im Kultusministerium. Nachdem man seit 2013 vergeblich versucht hatte, eine Berufsschule in den Landkreis zu holen, "scheint sich die Welt inzwischen geändert zu haben." Bisher, so erklärte es Hubert Schulze vom Sachgebiet Bildung im Landratsamt, habe man das Ansinnen des Landkreises immer mit dem Argument sinkender Berufsschülerzahlen abgelehnt. Ende Juli nun zeichnete das Ministerium ein anderes Bild. Demnach gebe es in den Landkreisen Ebersberg und München derzeit einen Bedarf von insgesamt 2000 Berufsschulplätzen. Diese seien aber wohl nicht alle vorhanden - oder nicht in der nötigen Qualität: "Die Kapazitäten der Berufsschulen in der Landeshauptstadt München sind teilweise wohl ausgereizt beziehungsweise es existieren suboptimale Raumsituationen".

Zudem erwartet man im Ministerium einen weiteren Anstieg der Schülerzahlen. So will man dort beobachtet haben, "dass die berufliche Bildung wieder mehr Bedeutung erlangt". Etwas, das sich auch die bayerische Staatsregierung auf die Fahnen geschrieben hat, man will die Attraktivität der beruflichen Bildung steigern. Nicht zuletzt erhöhe sich auch durch die vielen jugendlichen Flüchtlinge der Bedarf an Berufsschulplätzen. Ebersberg als einziger bayerischer Landkreis ohne staatliche Berufsschule biete sich als Standort an, so die Überlegungen aus dem Kultusministerium. Außerdem gebe es auch bereits ein entsprechendes Grundstück, jenes in Zorneding, das vor Jahren einmal als Standort für das vierte Landkreisgymnasium im Gespräch war. Der Zornedinger Gemeinderat hat dem bereits zugestimmt.

Noch völlig unklar sind allerdings sowohl die fachliche Ausrichtung der Berufsschule als auch deren Trägerschaft. Möglich wäre ein Zweckverband zusammen mit dem Landkreis München als gleichberechtigter Partner, oder auch eine Zweckvereinbarung, bei der die Münchner lediglich finanziell beteiligt wären. Grundsätzlich seien die Nachbarn zur Zusammenarbeit bereit, so Schulze, zumindest hatte der dortige Kreistag bereits im Juli beide Möglichkeiten nicht ausgeschlossen. Eventuell könne man aber auch einen bestehenden Zweckverband nutzen - etwa jenen für die Realschule Vaterstetten, an dem die beiden Landkreise beteiligt sind. Ebenfalls möglich wäre aber auch, dass der Landkreis Ebersberg die neue Berufsschule selbst finanziert und betreibt. Welches Modell günstiger ist, soll nun ein Gutachten klären, möglicherweise könnten dem Kreistag bereits in der Dezembersitzung erste Ergebnisse vorgelegt werden.

Noch keine Informationen gibt es zur Ausrichtung, also welche Berufe an der neuen Schule unterrichtet werden sollen, erklärte Schulze auf Nachfrage von Johann Schwaiger (CSU). Dies richte sich nach dem Bedarf und der Nachfrage, "letztendlich ist es eine Ministeriumsentscheidung."

Es sei ja eine gute Nachricht, dass die Berufsschule überhaupt in absehbarer Zeit entstehe, sagte Toni Ried (FW), mahnte aber an, der Landkreis solle sich trotzdem in der Frage um die Ausrichtung frühzeitig einbringen: "Es geht ja nicht um irgendeine Berufsschule, sondern um eine, die wir auch brauchen können." Dem könne er nur zustimmen, so Niedergesäß, merkte aber auch an, dass der Einfluss des Landkreises begrenzt sei: "Das ist leider kein Wunschkonzert." Aber man könne doch "wenigstens andeuten, was wir gerne hätten", sagte Renate Glaser (SPD) und das möglichst früh. Es werde auf jeden Fall eine Bedarfsanalyse geben, erklärte Schulze, dabei wird an den Schulen im Umkreis abgefragt, für welche Berufe Interesse besteht.

Auch wenn grundsätzlich Einigkeit bestand, dass man eine Berufsschule im Landkreis haben will und die Voraussetzungen dafür prüfen sollte, gab es Kritik - allerdings eher aus formalen Gründen. Die Grünen störten sich an der Formulierung, man "begrüßt die Initiative des Kultusministeriums". Zutreffender wäre, man "nimmt es zur Kenntnis", so Philipp Goldner, er zumindest habe zu wenige Informationen um sich derart freudig zu äußern. "Bei mir überwiegt schon die Freude", befand Niedergesäß, und traf damit wohl die Stimmung der Mehrheit im Ausschuss, der die neue Schule dann bei zwei Gegenstimmen begrüßte.

© SZ vom 07.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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