Bilanz:Hilfe für die Helfer gesucht

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Retter ohne abgeschlossene Ausbildung: Fünf Monate lang hat der Angeklagte für die Kreisklinik Ebersberg gearbeitet. (Foto: BRK Ebersberg/oh)

Demografischer Wandel und Fachkräftemangel beschäftigen den BRK-Kreisverband

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Es sind Zahlen, die manchen Firmenchef neidisch machen könnten: Knapp 1300 Mitarbeiter an mehr als 20 Standorten in 16 von 21 Landkreisgemeinden. Nur, dass es eben keine Firma ist, sondern eine gemeinnützige Organisation: der Kreisverband des Bayerischen Roten Kreuzes. In der Geschäftsstelle in Ebersberg wurde am Freitag der aktuelle Leistungsbericht vorgestellt.

Beim Namen Rotes Kreuz dächten die meisten vor allem an Rettungsdienst und Katastrophenschutz, sagt BRK-Kreisgeschäftsführerin Elisabeth Seibl-Kinzlmaier, was natürlich auch eine der wichtigsten Aufgaben sei. Allerdings eben nur eine von vielen, neben etwa Pflege- und Fahrdiensten, Ausbildung und Kinderbetreuung. Letztere ist inzwischen sogar der größte Fachbereich des Ebersberger BRK geworden: 16 Einrichtungen von der Krippe bis zur Schülerbetreuung gibt es im Landkreis, insgesamt sind es 842 Plätze. Von den 400 angestellten Mitarbeitern des BRK Ebersberg sind etwa 120 in der Kinderbetreuung beschäftigt - und es könnten gerne etwas mehr sein, sagt Christian Althoff, Bereichsleiter für Soziales beim BRK. "Es ist immer zu wenig, es gibt immer irgendwo offene Stellen." Aber als relativ großer Träger habe das BRK mehr Möglichkeiten, Personalengpässe auszugleichen, etwa durch Mitarbeiterwechsel zwischen den Einrichtungen. Allerdings mache sich der Mangel an Fachkräften schon bemerkbar, etwa, wenn man das Platzangebot nicht in dem Maße erweitern könne, wie es die Kommunen eigentlich bräuchten.

Ein anderer Wachstumsbereich ist die häusliche Pflege und Betreuung, besonders im niederschwelligen Bereich. So habe sich etwa die Zahl der sogenannten "hauswirtschaftlichen Versorgungen", also Unterstützung von Saubermachen, über Kochen, Waschen oder Einkaufen und ähnliches, 2017 im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht, sagt Seibl-Kinzlmaier, auf insgesamt 947 Fälle. Der Trend könnte sich fortsetzen, so die Kreisgeschäftsführerin, der demografische Wandel mache sich beim BRK in vielen Bereichen bemerkbar. Etwa bei der ebenfalls hohen Nachfrage nach Hausnotrufen. Diese funktionieren wie eine Gegensprechanlage, die an die Telefonleitung angeschlossen wird, außerdem gibt es noch einen tragbaren Alarmknopf, etwa so groß wie eine Walnuss. 774 Kunden nehmen das Angebot, das teilweise von den Kassen bezahlt wird, derzeit in Anspruch, im vergangenen Jahr gab es 7095 Alarme. Etwa weil jemand gestürzt ist und nicht mehr aufstehen konnte, aber auch bei lebensgefährlichen Situationen.

Solche gab es 2017 natürlich auch für die Rettungsdienste. Die 443 Mitglieder der derzeit elf Bereitschaften leisteten im vergangenen Jahr zusammen 30 396 Stunden bei insgesamt 1716 Einsätzen. Besonders wichtig dabei, sagt die Leiterin des Rettungsdienstes, Martha Stark, sei die ehrenamtliche Arbeit. Und hier gehe es dem BRK wie vielen Vereinen: Man müsse sich stärker um Nachwuchs bemühen, besonders seit es den Zivildienst nicht mehr gebe. Erfreulich sei allerdings die Entwicklung bei der Jugendarbeit, sagt Seibl-Kinzlmaier, aktuell sind 127 junge Leute Mitglied beim Jugendrotkreuz. Wie viele von ihnen eines Tages im Rettungswagen zum Einsatz eilen werden, muss sich zeigen. Denn die langfristige Bindung ans Ehrenamt nehme auch beim BRK ab. Hinzu kommt, dass, wer Rettungsdienst machen will, zunächst mindestens 130 Stunden Fortbildung braucht, bis zum Rettungssanitäter dann noch einmal 360 Stunden mehr, bei Ehrenamtlichen alles am Abend oder an den Wochenenden.

Zumindest eines bleibt den Rettern im Landkreis meist erspart: Dass sie bei Einsätzen mit gewalttätigen Leuten konfrontiert werden. Zwar habe sie auch den Eindruck, sagt Stark, dass die Hemmschwelle sinke, aber Angriffe auf Retter kämen trotzdem so gut wie nie vor. Im vergangenen Jahr gerade zweimal, beide wurden angezeigt. Sowohl für das Verhältnis zur Gesamtzahl der Einsätze wie auch für die Ursache könne man sagen, "das liegt im Promillebereich

© SZ vom 14.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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