Bauen am Wasser:Sinnvolles Tabu

Lesezeit: 1 min

Hochwassergebiete im Landkreis dürfen nicht weiter bebaut werden. Das ist gut so. Grundstücksbesitzer können sich dennoch den Traum vom Eigenheim erfüllen, wengleich hier Kreativität gefragt ist.

Von Anja Blum

Wasser ist eine Naturgewalt, die sich nur schlecht steuern lässt. Das haben die jüngsten Ereignisse in Simbach und anderswo erneut eindrücklich gezeigt. Immer wieder treten gerade Flüsse über die Ufer, verwandeln Felder, Straßen und Siedlungen in Wüsten aus Wasser und Schlamm. Erst vorigen Donnerstag hat ein Platzregen Teile Steinhörings und auch die B 304 unter Wasser gesetzt. Acht Überschwemmungsgebiete listet das Ebersberger Landratsamt auf - von Markt Schwaben bis Glonn und eben Steinhöring. Doch es sind keineswegs nur brachliegende Flächen, die eine Überflutung ohne größere Schäden überstehen, sondern teils erheblich bebaute Areale. Erst vor sechs Jahren wurden nämlich die Gesetze zur Bebauung von Überschwemmungsgebieten dergestalt verschärft, so dass es nur noch in Ausnahmefällen und unter vielen Auflagen möglich ist, auf solchen Arealen etwas Neues zu errichten.

Dass im Landratsamt trotzdem immer wieder Anträge auf Baugenehmigungen in hochwassergefährdeter Lage landen, ist vermutlich dem hohen Siedlungsdruck in der Region geschuldet. Dahinter aber steht auch eine Haltung, die hier wie in vielen anderen Fällen durchaus zweifelhaft ist: Tabus werden nicht akzeptiert; was Machbar ist, muss doch bitte auch umgesetzt werden dürfen. Zumal, wenn da bereits ein anderes Haus steht: Dann kann man doch ohne Weiteres noch ein zweites hinstellen, oder etwa nicht? Das Verwaltungsgericht jedenfalls kann ein Lied von solchen Auseinandersetzungen singen. Wenn dann allerdings etwas passiert, das Haus doch einmal voll Wasser läuft, dann ist das Wehklagen groß. Und auf Soforthilfen beziehungsweise Spenden mag man ja in so einer Situation auch nicht verzichten . . .

Die Gesetzeslage ist zwar eine andere, doch aus fachlicher Sicht ist klar, dass eine zunehmende Bebauung hochwassergefährdeter Bereiche das Schadenspotenzial wachsen lässt - trotz einer Anpassung der Gebäude an die gesetzlichen Vorgaben zum Hochwasserschutz. "Unser frommer Wunsch wäre jedenfalls, die Räume einfach frei zu halten für die Gewässer", sagt Christine Huber, Expertin aus dem Landratsamt. Häuser wie das auf Stelzen in Glonn, die die Situation tatsächlich nicht verschlechtern, sind schließlich bislang im Landkreis eine große Ausnahme. Aber wer weiß, vielleicht macht dieses Modell auch bald Schule. Denn es scheint, als wäre dies ein gangbarer, fairer Weg - zwischen Risiko und Verzicht.

© SZ vom 13.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: