Auszeichnung:Reiz der Vergänglichkeit

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Die Preisträger der diesjährigen Mitgliederausstellung des Ebersberger Kunstvereins, Horst Siegel, Anna Wesely und Karin Nahr, widmen sich in ihren Werken der Natur und dem Wirken der Zeit

Von Rita Baedeker, Ebersberg

"Zeichnungen erfahren wieder mehr Wertschätzung", sagt Schatzmeister Wout Wolters, der bei der am Sonntag zu Ende gegangenen Mitgliederausstellung des Kunstvereins Ebersberg die Projektleitung inne hatte. Etwa 2000 Stimmen wurden bis zum letzten Tag der Ausstellung abgegeben, jeder Besucher musste vier Favoriten benennen. "Die drei Sieger hatten einen deutlichen Vorsprung", berichtet Wolters, der selber kein Votum abgegeben hat, sich aber darüber freut, dass alle drei Werke, auf die er getippt hatte, einen Preis bekamen. Eine Besonderheit sei dieses Mal gewesen, dass jede der 77 ausgestellten Arbeiten ein paar Punkte bekommen habe. "Keiner ging leer aus."

Karin Nahr mit ihrem Löwenzahn-Motiv, Anna Wesely mit Monets Garten in Giverny und Horst Siegel mit seiner Bleistiftzeichnung einer Greisin (v. li.). (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Karin Nahr, die in Glonn lebt, hat eine Ausbildung als grafische Zeichnerin absolviert. Sie war Lehrerin für Werken, Technisches Zeichnen und Kunsterziehung an Hauptschulen, seit einiger Zeit ist sie in ihrem Glonner Atelier freischaffend tätig. Ihre mit einem dritten Preis, das heißt 400 Euro, ausgezeichnete zweiteilige Arbeit "Löwenzahn (Zustände)" dokumentiert eindrucksvoll ihr grafisches und kompositorisches Können. Nahrs Technik, das Motiv in eine Paraffinschicht hinein zu kratzen, Ölfarbe hinein zu reiben und wieder abzuwaschen, verstärkt den filigranen Charakter der Pflanze mit ihren zerbrechlichen Stängeln und schwerelosen Schirmchen. Ein dramatisches Sinnbild der Vergänglichkeit hat Nahr hier geschaffen, anders, als ein oberflächlicher Blick auf eine Wiese mit Löwenzahn es vermuten ließe. "Durch die Wachstechnik werden die Linien unregelmäßig", sagt Karin Nahr, dadurch bekommt das Motiv etwas Malerisches und auch Bizarres". Solche Formen, erklärt Nahr, reizten sie sehr viel mehr als glatte ebenmäßige Schönheit.

Schatzmeister und Projektleiter Wout Wolters registriert die eingereichten Arbeiten zur Mitgliederausstellung 2016 des Kunstvereins. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Geheimnis und Vergänglichkeit, das sind auch Qualitäten, die die Künstlerin an der Stadt Venedig, eines ihrer Lieblingsmotive, faszinieren. "Ich mag die Stimmung, das Licht, das Theatermäßige dieser Stadt", sagt Nahr. "Viele Leute meinen, man malt das, was schön ist. Aber das stimmt nicht. Alles Glatte, Edle ist reizlos."

Anna Wesely aus Pienzenau, die den mit 500 Euro dotierten zweiten Preis bekam, bekundet mit ihrem Ölbild "Monets Garten in Giverny" ihre Verehrung für den großen Impressionisten und dessen Begriff von Schönheit. Vier Fünftel der Leinwand werden bedeckt von Monets Seerosenteich, den sie so liebt. "Ich wollte diesen Garten immer schon mal live sehen, bisher hat es nicht geklappt", sagt sie. Wesely ist seit 30 Jahren in verschiedenen Malkreisen tätig, sie ist Autodidaktin und hat als Mitglied der Münchner Künstlergenossenschaft, die vor 150 Jahren gegründet wurde, auch im Haus der Kunst ausgestellt. Wesely, ehemals Dachauer Künstlerin, malt ausschließlich in Öl, bevorzugt Landschaften wie zum Beispiel das Dachauer Moos, ein Lieblingsmotiv der traditionellen Dachauer Schule. Im Landkreis lebt sie seit 28 Jahren, seit zwei Jahren ist sie Mitglied im Kunstverein. Wasser, Weite, das Meer sind ihre liebsten Sujets. "Meine Bilder leben vom Licht", sagt sie. An ihre Malerei habe sie hohe Ansprüche. "Ich habe mich riesig über den Preis gefreut, damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet".

Bei der Premiere gleich den ersten Preis errungen hat Horst Siegel, Schreinermeister aus Moosach und erst seit Anfang des Jahres im Kunstverein. Die prämiierte feine Bleistift-Zeichnung, das großformatige Porträt einer Greisin, erhielt die meisten Stimmen, dafür gab es 700 Euro, gestiftet von der Spardabank. Vorlage der Arbeit sei eine Fotografie gewesen, die er im Internet gefunden habe, sagt Siegel.

In seiner Jugend habe er viel gezeichnet, dieses Hobby dann aber aufgegeben. "Ich wollte auch mal Kunst studieren, wurde aber an zwei Akademien abgelehnt", erzählt der 60-Jährige ganz offen, "da habe ich es eben gelassen. Der Preis macht mich sehr stolz. Vielleicht lag ich mit der Kunst doch nicht so ganz falsch."

© SZ vom 20.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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