Aus dem Amtsgericht:Unbekannt verlogen

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Ein Paar soll versucht haben, eine Bank zu betrügen. Laut ihren Anwälten sind die beiden dazu aber gar nicht in der Lage

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Der große Unbekannte ist zumindest für Krimifreunde meistens ein alter Bekannter. Kommt doch erst dann so richtig Spannung auf, wenn der Schurke im Dunkeln bleibt. Im Gerichtssaal, wo es ja bekanntlich um die Wahrheitsfindung geht, ist dies meist anders, doch manchmal hat auch dort der große Unbekannte seinen Platz. In Ebersberg hat er nun einem Pärchen aus dem westlichen Landkreis mehrere Tausend Euro Strafe erspart.

Die beiden waren angeklagt, weil sie versucht haben sollen, eine Internetbank zu betrügen. Konkret ging es um einen Kredit über rund 50 000 Euro, den die beiden bei dem Online-Geldinstitut beantragt hatten. Dabei, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, hätten sie allerdings bewusst falsche Angaben zu ihrer Bonität gemacht, und dies zusätzlich mit gefälschten Kontoauszügen zu belegen versucht. Geld bekamen sie allerdings keines, die Bank durchschaute den Trick und verweigerte die Auszahlung des Kredits. Stattdessen gab es eine Anzeige, aufgrund derer das Gericht die beiden Antragsteller per Strafbefehl zu 6300 beziehungsweise 2700 Euro verurteilte, wogegen diese allerdings Einspruch einlegten.

Bei der darum fälligen Verhandlung wollten die Angeklagten allerdings nicht selbst im Gerichtssaal erscheinen, sie hatten ihre Anwälte mit einer entsprechenden Vollmacht ausgestattet. Ein persönliches Erscheinen der zwei Angeklagten, so deren Advokaten, hätte ohnehin wenig zur Aufklärung der Sache beigetragen. Die Mandanten, ein Pärchen aus Südosteuropa, sprächen nämlich nicht genug Deutsch, um der Verhandlung überhaupt folgen zu können. Dies sei auch der Grund, warum die beiden unmöglich die Kreditanträge selbst ausgefüllt und die Kontoauszüge gefälscht haben könnten, so die Argumentation der Rechtsanwälte. Noch deutlicher wurde ein Jurist: "Da fehlen die geistigen Voraussetzungen", brachte es der Verteidiger des angeklagten Mannes auf den Punkt.

Zumal, wie der Anwalt der zweiten Angeklagten betonte, die Betrügereien "nicht schlecht gemacht" seien. So habe, wer auch immer die Anträge und Auszüge bearbeitet hatte, genau gewusst, welche Punkte für eine Kreditvergabe wichtig seien. So wurde im Kontoauszug etwa die Überweisung an einen Gerichtsvollzieher - "ein KO-Kriterium für jede Bank" - unkenntlich gemacht. Und die unregelmäßigen Bareinkünfte des Angeklagten wurden zu regelmäßigen Überweisungen auf den Kontoauszügen, um ein geregeltes Einkommen zu simulieren. All dies, so versicherten die beiden Anwälte, liege außerhalb der Fähigkeiten ihrer Mandanten. Diese hätten wegen ihrer schlechten Kenntnisse der deutschen Sprache und der lateinischen Buchstaben vermutlich kaum das Antragsformular verstehen und ausfüllen, geschweige denn Kontoauszüge an der richtigen Stelle fälschen können.

Dies habe nämlich ein dubioser "Landsmann" der beiden Angeklagten übernommen, so die Erklärung der Anwälte. Wer dieser Unbekannte sei, wüssten ihre Mandanten aber auch nicht, "angeblich ist der verschwunden". Dass mit dieser Aussage ein Freund oder Angehöriger geschützt werden solle, wollten die Advokaten zwar nicht ganz ausschließen. Wahrscheinlicher sei aber, dass die Angeklagten auf einen betrügerischen Vermittler hereingefallen seien. Dieser habe ihnen versprochen, wohl gegen Zusicherung einer Provision, den Kredit zu verschaffen. Vermutlich habe der Vermittler ohnehin einen falschen Namen benutzt.

Die Anwälte regten darum eine Einstellung des Verfahrens ein - auch weil die Angeklagten die im Strafbefehl verlangte Geldstrafe kaum würden bezahlen können. Die beiden seien bereits mit rund 25 000 Euro verschuldet und verdienten als Putzleute nur sehr wenig Geld. Was auch der Grund gewesen sei, nach einem günstigen Kredit zu suchen - wobei die Angeklagten dann aber eben auf einen Betrüger hereingefallen seien.

Nach einigem Zögern stimmten das Gericht und die Staatsanwaltschaft dem Vorschlag zu. Die Angeklagte muss nun 1300 Euro, ihr Mann 600 Euro an eine soziale Einrichtung spenden. Was, wie Richterin Vera Hörauf betonte, eine einmalige Sache sei: "Beim nächsten Mal zählt die Ausrede nicht mehr, richten Sie das ihren Mandanten aus."

© SZ vom 23.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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