Antrag an den Stadtrat:Und jetzt alle

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Für die stark befahrene Eberhardstraße in Ebersberg wünschen sich viele ein Tempolimit, auch aus Lärmschutzgründen. (Foto: Christian Endt)

Ebersbergs Freie Wähler fordern eine interfraktionelle Arbeitsgruppe zum Thema Verkehr und Umgehungsstraßen

Von Wieland Bögel, Ebersberg

In den kommenden zwei Jahren soll sich entscheiden, wie es mit dem Verkehr in der Kreisstadt weitergeht. Zumindest fordern dies nun die Freien Wähler in einem aktuellen Antrag. Demnach sollen bis Ende der aktuellen Wahlperiode im Frühjahr 2020 durch eine neue Arbeitsgruppe "Verkehr Innenstadt und St2080" Lösungsansätze für eine Nord-Süd-Umfahrung erstellt werden.

Der erste Satz des Antrages dürfte im Stadtrat wohl unwidersprochen bleiben. Demnach soll dieser, beziehungsweise sein Technischer Ausschuss feststellen: "Der Verkehr im Zentrum ist unerträglich, es besteht Handlungsbedarf." Den sieht inzwischen aber nicht nur der Stadtrat, auch viele Ebersberger haben genug von der Blechlawine durch ihre Stadt und wollen daran etwas ändern. Anfang dieses Jahres wurde darum die Bürgerinitiative "St 2080 raus" gegründet - der Name ist Programm. Gefordert wird eine Verlegung der Staatsstraße, die derzeit noch direkt durch Ebersberg führt.

Anlieger der stark befahrenen Straße ist auch die Stadtverwaltung selbst, liegt doch das Rathaus direkt daneben. Dort ist die Verkehrsbelastung also täglich zu beobachten - gelegentliche Schäden im Putz durch zu knapp abbiegende Lastwagen inbegriffen. Dass Ebersberg trotzdem nicht längst die Straße verlegt hat, liegt also nicht daran, dass das Problem bislang keiner bemerkt hat, sondern daran, dass die Straße der Stadt nicht gehört. Da es sich um eine Staatsstraße handelt, ist der Freistaat zuständig. Was dieser an seinen Verkehrswegen an Um- und Neubauten unternimmt, ist im Staatsstraßenausbauplan festgelegt, der alle ein bis zwei Jahrzehnte aktualisiert wird. Der aktuelle wurde vor acht Jahren aufgestellt, bis die dringlichsten Projekte darin abgearbeitet sind, wird es wohl 2025 werden. Das jedenfalls hat das Verkehrsministerium Anfang des Jahres der Stadt mitgeteilt. Eine Umfahrung für die Kreisstadt steht übrigens nicht auf der Liste, da sich der Stadtrat 2009 nicht auf eine Variante einigen konnte.

Und genau dies soll nun anders werden, fordern die Freien Wähler. "Bis zur nächsten Fortschreibung des Staatsstraßenausbauplans soll fraktionsübergreifend eine sachorientierte Lösungsfindung erfolgen." Zweiter Bürgermeister Toni Ried sowie die Stadträte Edi Zwingler, Hans Hilger und Gerd Otter schlagen dazu vor, jede Fraktion solle ein oder zwei ihrer Mitglieder in die Arbeitsgruppe entsenden. Dort sollen dann "innerhalb der laufenden Sitzungsperiode auf Basis vorhandener Grundlagenarbeit" Lösungen für eine Umfahrung erarbeitet werden. Ausdrücklich darin enthalten ist die "großräumige Konzeption", auch diese soll nach dem Willen der Freien Wähler "neu diskutiert werden".

Diese Diskussion gab es schon einmal im Jahr 2009. Kurz vor der Verabschiedung des aktuellen Staatsstraßenausbauplans hatte der Ebersberger CSU-Stadtrat Florian Brilmayer eine interkommunale Umgehung ins Gespräch gebracht. Dabei hätte beginnend in Zorneding eine Art Bypass für die B304 gebaut werden sollen, der westlich von Ebersberg auf eine Straße durch den Forst führen sollte. Dort, so die damalige Idee, sollten die bisher zwei Staatsstraßen zu einer zusammengefasst werden. Auch eine Anbindung an die Flughafentangente wurde vorgeschlagen. Allerdings stieß dieser Vorschlag - außer in Kirchseeon - bei den anderen Kommunen auf wenig Gegenliebe. Besonders Vaterstetten und Zorneding sprachen sich dagegen aus, sie befürchteten eine Verkehrszunahme.

Der Einspruch der Nachbarn war nicht der einzige Grund, warum das Projekt nie weiterverfolgt wurde. Schwerwiegender waren Probleme mit Natur- und Landschaftsschutz. So hätte eine neue Schneise durch den Forst geschlagen werden müssen; dass sich die Staatsforsten darauf eingelassen hätten, ist fraglich. Sicher nicht zugestimmt hätten sie dem Straßenabschnitt nördlich von Kirchseeon, dieser wäre durch einen der am strengsten geschützten Teile des Forstes, ein sogenanntes Flora-Fauna-Habitat verlaufen. Im weiteren Straßenverlauf westlich von Ebersberg liegt außerdem das Landschaftsschutzgebiet Egglburger See.

Dieses beschränkt auch die Möglichkeiten für eine kleinräumigere Umfahrung um Ebersberg. Zwar wurden in einer Machbarkeitsstudie 2008 auch Varianten im Westen untersucht, aufgrund der Probleme mit dem Landschaftsschutz - und der Kosten von 21 bis 31 Millionen Euro - allerdings eher schlecht bewertet. Skeptisch waren die Experten damals auch bei der auf 27 Millionen Euro geschätzten Tunnel-Variante. Besser schnitten die Ost-Trassen ab, damals mit acht bis elf Millionen Euro berechnet. Doch konfliktfrei dürfte deren Bau auch nicht verlaufen, darauf wies erst kürzlich Ebersbergs Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU) im Stadtrat hin. Schließlich werde dadurch ein Naherholungsgebiet durchschnitten. Zudem seien harte Verhandlungen mit den Landwirten zu erwarten, denen die zum Straßenbau benötigten Grundstücke gehören.

Dass sich für diese Fragestellung innerhalb von knapp zwei Jahren eine Lösung finden lässt, scheint unsicher. Sicher ist jedoch - falls der Stadtrat dem Antrag der Freien Wähler überhaupt zustimmt - dass die Arbeitsgruppe einiges an Arbeit vor sich haben dürfte.

© SZ vom 02.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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