Angebot und Nachfrage:Es langt einfach nicht

Lesezeit: 3 min

Auch im Landkreis ist Wohnraum knapp, obwohl überall gebaut wird. Nur bei weitem nicht genug, wie nun eine aktuelle Statistik belegt

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Frei nach Bruno Jonas scheint es im Landkreis nur drei Daseinszustände zu geben: Wir bauen, wir haben gebaut oder wir werden bald bauen. Überall werden neue Gebäude hochgezogen oder bestehende erweitert und ersetzt. Was im Landkreis mit der am schnellsten wachsenden Bevölkerungszahl in der Region sicher nachvollziehbar ist. Doch laut einer aktuellen Statistik des Planungsverbandes äußerer Wirtschaftsraum München müsste im Landkreis Ebersberg sogar mehr gebaut werden.

Auf den ersten Blick scheint die Zahl der Wohnungen gut mit der steigenden Zahl der Einwohner mitzuhalten. So sind die Ebersberger im vergangenen Jahrzehnt um rund 14 000 mehr geworden, das entspricht einer Steigerung um 11,2 Prozent. Stichtag ist hier der 31. Dezember 2016, inzwischen dürften noch etliche dazugekommen sein. Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der Wohneinheiten um 7424 auf knapp 60 500 was rund 14 Prozent Zuwachs seit 2006 bedeutet. Auch das Verhältnis Wohnraum zu Einwohner scheint auf den ersten Blick unkritisch zu wachsen: Eine neue Wohnung kommt etwa auf zwei Neubürger, dieses bekamen im vergangenen Jahrzehnt sogar etwas mehr Platz: Lebten 2006 noch durchschnittlich 2,35 Personen in einer Wohnung, waren es 2016 nur noch 2,29.

Dass nun trotzdem keine Leerstände im Landkreis zu verzeichnen sind, liegt daran, dass die Zahl der Wohnungen und die der Einwohner sehr ungleich wachsen. Dies zeigt sich an einer Statistik, in der die neu gebauten Wohneinheiten mit der Zahl der neu im Landkreis hinzukommenden Erwerbstätigen nebeneinander gestellt werden. Im Jahr 2006 zeigt die Statistik noch ein recht ausgeglichenes Bild: Knapp 700 zusätzlichen Erwerbstätigem steht etwa die gleiche Zahl fertiggestellter Wohneinheiten gegenüber. In den folgenden zwei Jahren gingen die beiden Entwicklungen aber auseinander, pro Jahr wurden immer weniger Wohnungen gebaut, gleichzeitig stieg die Zahl der Einwohner. Eine leichte Entspannung gab es ausgerechnet während der Wirtschaftskrise. In den Jahren 2009 und 2010 verzeichnet die Statistik bei den neuen potenziellen Bewohnern nahezu Nullwachstum. Dies liegt zum einen wohl daran, dass die Daten nur für Erwerbstätige erhoben werden, und deren Zahl geht in einer Wirtschaftskrise eben zurück. Aber auch die allgemeine Bevölkerungsentwicklung stagnierte in den Krisenjahren: Zwischen Ende 2008 und Ende 2011 wuchs die Bevölkerung im Landkreis von rund 127 000 auf 128 800. Zum Vergleich: Alleine zwischen 2015 und 2016 wuchs die Bevölkerung von 137 400 auf rund 139 000, also um nahezu den gleichen Wert.

Der Wohnungsbau dagegen ging auch in Krisenzeiten voran. So stieg die Zahl der fertiggestellten Wohneinheiten von 2009 auf 2010 sogar merkbar an, von 411 auf 525. Der bisherige Höchststand wurde im Jahr 2015 erreicht, als 729 neue Wohnungen fertig wurden. Weniger als die Hälfte war es dagegen ein Jahr darauf mit gerade einmal 314 Wohneinheiten. Umgekehrt stieg die Zahl der neuen Einwohner im gleichen Zeitraum überproportional: Knapp 750 zusätzliche Erwerbstätige erfasst die Statistik für 2013, zwei Jahre darauf sind es bereits rund 1900.

Allerdings ist die Zahl der Baugenehmigungen 2016 auf einen neuen Höchststand geklettert: Insgesamt 871 Wohngebäude wurden beantragt, das ist der zweithöchste Wert seit 2006, damals waren es 797. Und noch etwas fällt auf: Die Anzahl der Wohnungen pro Haus nimmt tendenziell zu. Zwar ist das klassische Modell mit einer Wohneinheit - also Einfamilienhäuser, Doppelhaushälften oder Reihenhäuser - nach wie vor gefragt. Insgesamt 20 280 gab es davon 2006, zehn Jahre darauf waren es 24 240. Ähnlich stark gewachsen ist im gleichen Zeitraum aber auch die Zahl der Häuser mit drei oder mehr Wohneinheiten, und zwar von 20 920 auf 24 447 Wohnungen. Ein Auslaufmodell scheinen dagegen Häuser mit zwei Wohnungen zu sein. Diese werden kaum noch gebaut, gerade einmal 19 Häuser waren es 2016, noch 37 waren es 2006. Auch die absolute Zahl der Zweiwohnungshäuser sank im gleichen Zeitraum von 5146 auf 4725.

Gestiegen ist hingegen die Wohnfläche pro Einwohner: Diese lag 2006 noch bei durchschnittlich 41 Quadratmeter, zehn Jahre darauf sind es 44 Quadratmeter. Allerdings scheint in jüngster Zeit wieder etwas platzsparender gebaut zu werden, vor fünf Jahren wohnten die Landkreisbürger im Schnitt auf 45 Quadratmeter pro Person.

Das ergibt sich auch aus der Anzahl der Räume. So stieg die Zahl der Wohnungen mit einem, zwei oder drei Zimmern in den vergangenen zehn Jahren von 24,3 auf 28,4 Prozent aller Wohnungen. Dementsprechend zurückgegangen ist der Anteil von größeren Wohnungen - mit einer Ausnahme: Wohneinheiten mit sieben und mehr Räumen machten 2006 noch 16,2 Prozent aller Wohnungen aus, 2016 waren es 17,5 Prozent.

© SZ vom 27.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: