Drei Stunden lang:Razzia bei Sieber

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Ermittler durchsuchen die Firma, Labore und ein Privathaus

Von David Costanzo, München/Geretsried

Es hätte der Tag des Neubeginns der Großmetzgerei Sieber werden sollen. Drei Wochen nach Beginn des Listerien-Skandals wollten sich Insolvenzverwalter, Landratsamt und Gesundheitsbehörden in Geretsried zu ersten Beratungen über ein neues Hygiene-Konzept treffen. Doch die Ermittler kamen ihnen zuvor - mit einer Razzia im Unternehmen, beim früheren Geschäftsführer und in mehreren Lebensmittellaboren.

Sie rückten am Morgen gegen sieben Uhr an: 20 Beamte der Kripo und ein Staatsanwalt nahmen sich fünf Adressen vor. Neben der Wurstfabrik an der Geretsrieder Böhmerwaldstraße und dem Privathaus des früheren Geschäftsführers Dietmar Schach durchsuchten sie auch zwei Labore im Großraum München und eines in Baden-Württemberg. Denn die Ermittler fahndeten vor allem nach Ergebnissen früherer Kontrollen, die das Unternehmen selbst in Auftrag gab. Sie beschlagnahmten rund 50 Aktenordner und kopierten die Daten mehrerer Computer. "Wir haben ein paar Sachen abgeholt", fasste Oberstaatsanwalt Ken Heidenreich zusammen. Knapp drei Stunden dauerte die Aktion.

Womöglich spielen bei der Razzia neue Listerien-Analysen eine Rolle. Die Gesundheitsbehörden haben auf weiteren Proben genau den Bakterienstamm identifiziert, den sie für den Listeriose-Ausbruch mit 80 Kranken und acht Toten in Süddeutschland verantwortlich machen. Es geht um drei weitere Wammerl von Anfang April und einen vegetarischen Aufschnitt von Ende Mai, erklärte das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen. Die Behörde sieht sich in der Annahme bestätigt, dass sich die Listerien bei Sieber nicht nur auf eine Produktlinie beschränken. Darum verschärfen die Gesundheitsbehörden die Ursachenforschung: Alle Beschäftigten mussten Stuhlproben abgeben, erklärt das Landratsamt. Die ersten Ergebnisse liegen vor, ein Treffer war bislang nicht darunter. Listeriose-Patienten können den Erreger noch über Monate ausscheiden. Die Bakterien sind auch bei bis zu fünf Prozent aller Gesunden nachweisbar. Sieber-Inhaber Schach hatte vor einer Woche Insolvenz angemeldet, nachdem die Behörden ein Produktionsverbot verhängt und deutschlandweit einen Rückruf der gesamten Ware veranlasst hatten.

© SZ vom 16.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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