Dokumentation:Auf in die Premier League

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Produzent und Regisseur Franz Stepan hat einen Dokumentarfilm über den englischen Fußballverein Bradford City gedreht, der von zwei Deutschen gekauft wurde

Von Stefan Galler, München

Er selbst hat natürlich früher auch gegen den Ball getreten. Leidenschaftlich, aber dummerweise weitgehend talentfrei, zumindest sagt Franz Stepan das ein bisschen augenzwinkernd über sich: "Ich war so ein lausiger Fußballer, dass ich einfach selbst einen Verein gegründet habe, damit ich meinen Stammplatz sicher habe." Der Filmproduzent, Regisseur und Drehbuchautor rief Mitte der Siebzigerjahre den FC Joker ins Leben, einen Verein in der Freizeitliga. "Und nach zwei Jahren war ich wieder der schlechteste und saß in meinem eigenen Klub immer wieder mal auf der Bank."

Seiner Leidenschaft für den Fußball hat diese Episode dennoch keinen Abbruch getan, bis heute beschäftigt sich Stepans Firma TVT creative media, die ihren Sitz in München in der Nähe der Theresienwiese hat, immer wieder mit Projekten, die sich um die schönste Nebensache der Welt drehen. Das aktuellste Beispiel ist besonders spektakulär: Stepans Firma hat einen Dokumentarfilm produziert über den englischen Fußballverein Bradford City, der diesen Donnerstag im Münchner Gloria-Palast seine Deutschlandpremiere feiert.

Es wird die Geschichte erzählt, wie der Bayer Stefan Rupp und der Schwabe Edin Rahic den drittklassigen Traditionsverein im Sommer 2016 kauften. In den Reihen der Fans schlug dem deutschen Duo jede Menge Skepsis entgegen, sie fürchteten um das Wohl ihres Klubs, der in der Gründerzeit des Fußballs, im Jahr 1911, sogar einmal englischer Pokalsieger gewesen war. Und doch kamen die beiden "Germans" wegen ihrer seriöses Art recht schnell gut an beim Anhang. "Bradford ist ein Familienklub, da kommen regelmäßig bis zu 3000 Kinder unter elf Jahren ins Stadion. Beleidigungen, Sexismus, Rassismus oder homophobe Äußerungen sind verpönt", erzählt Filmproduzent Stepan, dem die Arbeit über den Klub aus der 300 000-Einwohnerstadt in der Nähe von Leeds sichtlich Spaß macht. Etwa 2,5 Millionen Fans habe Bradford City auf der Insel, erklärt Stepan, "das Stadion ist - auch wegen der niedrigsten Ticketpreise in England - fast immer voll, 20 000 Dauerkarten verkauft der Klub in jeder Saison".

Der Ehrgeiz, es irgendwann in die Premier League zu schaffen und sich dann mit den großen Klub aus Manchester, London und Liverpool zu messen, ist bei den beiden deutschen Machern und den Fans geweckt. Und Franz Stepan will diesen Weg mitgehen: "Unsere Doku ist mit diesem ersten Film noch nicht abgeschlossen, wir planen acht Episoden pro Jahr und das idealerweise, bis der Verein oben angelangt ist." Gerade eben haben sie die Verhandlungen mit diversen Fernsehsendern abgeschlossen, wer die Bradford-Saga, die den Titel "Bradford City - wir kaufen einen Fußballklub" trägt, ausstrahlen wird. Den Zuschlag hat Eurosport erhalten, dort wird die Saga bereits im Dezember laufen. Die Wiederholung ist dann auf DMAX zu sehen.

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Filmemacher Stepan wurde sein Hang zur Unterhaltungsindustrie sozusagen in die Wiege gelegt: Die Mutter war Opernsängerin, der Vater verantwortete als Leiter des Bereichs Unterhaltung beim Bayerischen Rundfunk einstmals legendäre Sendungen wie "Was bin ich?" oder den "Komödienstadel". Schon als Gymnasiast hatte Franz Stepan eine ersten Regieassistenzen, später schrieb er Hörspiele, machte eine Regie- und Theaterausbildung und stand sogar selbst als Schauspieler auf der Bühne. Stepan gelangte mehr und mehr in den Bereich Dokumentarfilme, dieses Genre hat er verinnerlicht, er ist ihm auch heute noch zugetan. Nachdem er etwa für WDR, NDR und ZDF gedreht hatte, gründete er 1984 seine eigene Firma: TVT. Der Start war nicht einfach, alleine das nötige Schneide-Equipment hätte damals 750 000 Mark gekostet, für Stepan nicht finanzierbar. Eine wohlhabende Freundin seiner Mutter sprang als Gesellschafterin ein und streckte ihm das Geld vor. Nach und nach kam die Firma in Schwung, immer wieder richtete Stepan sie nach den aktuellen Anforderungen aus. Irgendwann wurde der Zusatz "creative media" in den Namen aufgenommen.

Zu den Kunden, die regelmäßig Filme von TVT produzieren lassen, zählen unter anderem BMW, Sky, Siemens und der Nutzfahrzeughersteller MAN, für den man beispielsweise Werbespots mit den Fußballprofis des FC Bayern und von Borussia Dortmund gedreht hat.

Seit 2009 ist Stepan nur noch Geschäftsführer, er veräußerte das Unternehmen an die Augsburger RT1.media group, die explizit nach einer "Kreativschmiede" (Stepan) gesucht hatten und dabei auf die Münchner Produktionsfirma stieß. "Als klar wurde, dass keiner meiner beiden Söhne in diesem Bereich arbeiten will, habe ich mich dazu entschieden zu verkaufen", sagt Stepan. Heute steht die Firma zukunftsorientiert da, was dem gebürtigen Schwabinger ganz wichtig ist: "Die Film- und Fernsehbranche ist im Umbruch, durch die Social Media-Kanäle haben sich auch die Sehgewohnheiten der Leute verändert", sagt Stepan. Wenn etwa ein kurzer Clip auf Facebook nicht in den ersten fünf bis sieben Sekunden irgendeine Form von Spannung vermittle, so der Produzent und Regisseur, "dann hat man den Zuschauer verloren". Bei YouTube sei das noch ein bisschen anders, weil hier der User aktiv nach einem Ergebnis sucht und nicht ungefragt mit einem Film konfrontiert wird.

Der Film von Franz Stepan erzählt die Geschichte, wie ein Bayer und ein Schwabe den Traditionsverein kauften und welch große Pläne sie mit ihm haben. (Foto: Claus Schunk)

Derzeit plant seine Firma auch ein Projekt, das in diese Richtung geht: "Wir wollen zeigen, wie die Digitalisierung die Menschen und ihr Leben verändert." Der Film soll möglichst weltweit vermarktet werden, erste Interessenten gibt es schon. Der umtriebige Geschäftsführer will außerdem eine eigene Werbeagentur mit dem Namen "Isarpiraten" realisieren, mit dem 19 Jahre alten Volleyball-Nationalspieler Tobias Krick zieht er ebenfalls gerade ein Filmprojekt auf. Denn Stepan, der seit mehr als 50 Jahren in Ottobrunn lebt, ist einer, der nicht locker lässt. "Ich habe einen Sieben-Tage-Job." Urlaub mache er so gut wie nie, sagt er. Und dann muss er auch schon wieder los, der nächste Termin wartet.

© SZ vom 23.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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