Diskussionsstoff:Streitfälle

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Der 2013 verstorbene Metro-Gründer Otto Beisheim scheiterte als Namensgeber für das Tegernseer Gymnasium. (Foto: dpa)

Ungeeignet oder historisch belastet? Über die Benennung von Schulen wird oft heftig debattiert

Von Melanie Staudinger, München

Otfried Preußler habe zwar keinen unmittelbaren Bezug zu Pullach gehabt, sei aber wegen seines literarischen und pädagogischen Rangs als Namensgeber durchaus geeignet, argumentierten Lehrer, Schüler und Eltern des Gymnasiums Pullach. Der örtliche Gemeinderat hingegen fand, Preußler sei eher ein Kinderbuchautor denn ein Schriftsteller für Jugendliche und junge Erwachsene. Der Eismaschinen-Erfinder und Industrielle Carl Linde, der Journalist und Widerstandskämpfer Fritz Gerlich oder auch der Maler Hans Jürgen Kallmann böten sich doch viel mehr an. Erbittert stritten Rathaus und Gymnasium vor viereinhalb Jahren. Das Ergebnis: Die Schule, die Stadt und Landkreis München sowie die Gemeinde Pullach in einem Zweckverband errichtet haben, heißt doch Otfried-Preußler-Gymnasium.

Schulnamen sind eine emotionale Sache, keine Frage. Und immer wieder gibt es hitzige Diskussionen, welche Namen denn nun geeignet sind und welche nicht. Noch heftiger als in Pullach wurde am Tegernsee gestritten. Dort wollte der Metro-Gründer Otto Beisheim dem Gymnasium Tegernsee 2005 zehn Millionen Euro stiften, wenn die Schule seinen Namen tragen würde. Es entzündete sich eine Debatte, ob der Slogan "Geiz ist geil", damals gehörte Saturn noch zum Konzern, zu einer Schule passe. Nachforschungen im Bundesarchiv ergaben, dass Beisheim im Dritten Reich der Leibstandarte SS Adolf Hitler angehört hatte. Zu seiner Vergangenheit hat Beisheim sich nicht geäußert. Daher blieb es beim Namen Gymnasium Tegernsee.

Nach historisch belasteten Schulnamen ließ auch Kultusminister Ludwig Spaenle, CSU-Chef in München, im Jahr 2013 fahnden. Die Mitarbeiter des Kultusministeriums entdeckten fünf Schulen, die zumindest fragwürdige Personen als Namenspatron hatten. In Friedberg hieß das Gymnasium nach dem Raketeningenieur Wernher von Braun, in Regensburg gab es eine Hans-Hermann-Mittelschule (Herrmann war Zweiter Bürgermeister während des NS-Regimes und gehörte anschließend der CSU an), drei Schulen in Unterhaching, Neumarkt und Neuburg trugen den Namen von Erwin Lesch, der als Sonderschulpädagoge gleichzeitig ein Verfechter der Theorie von der Ungleichheit menschlichen Lebens war. Einen Zwang zur Umbenennung sprach der Historiker Spaenle damals nicht aus, alle fünf Schulen haben sich aber freiwillig andere Namen gegeben.

© SZ vom 29.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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