Um es vorwegzunehmen: Der Workshop zum "Erinnerungsort Olympia-Attentat München 1972" - von Kultusminister Ludwig Spaenle angesetzt, um alle Interessenten an einen Tisch zu bringen und zu befrieden - war kein Erfolg. Im Gegenteil: Zur vorgesehenen Diskussion über Erwartungen und Befürchtungen zum Standort am Lindenhain im Olympiapark kam es am Dienstagabend erst gar nicht. Zu knapp war die auf zehn Minuten anberaumte Zeit für die Debatte im Plenum, zu aufgeheizt die Stimmung von Anfang an. "Ein dreistündiges Gehacke" nennt der Bezirksausschuss-Vorsitzende Fredy Hummel-Haslauer (SPD) das Gespräch: Es seien wieder einmal "zwei Welten" aufeinandergetroffen. "Das Ganze war eine Null-Nummer."
Dabei sollte das Treffen eine verfahrene Situation lösen: Der Freistaat will zusammen mit Stadt und Bund eine Gedenkstätte an die israelischen Attentatsopfer errichten. Der Lindenhain ist bereits der dritte Standort; die ersten beiden wurden wegen des Protests der Anwohner gestrichen. Die fühlten sich vor allem übergangen von den Verantwortlichen. Daraufhin hatte ihnen Spaenle den Workshop versprochen.
Manche von ihnen waren aber zu dessen Beginn schon "wütend", wie Manuela Feese-Zolotnitski von der Einwohner-Interessen-Gemeinschaft Olympiadorf (EIG) sagt. Denn nicht allen Teilnehmern sei eine Tagesordnung und eine Teilnehmerliste ausgehändigt worden. Andere sprechen von einer "unprofessionellen Vorbereitung". Werner Karg von der Landeszentrale für politische Bildung und Leiter der Gedenkstätten-Projektgruppe widerspricht: "Der Abend war gut vorbereitet."
Weiteres Feuer entfachte Bernhard Purin, Direktor des Jüdischen Museums München. Er warf den Einwohnern des Olympischen Dorfes vor, mit ihren Aktivitäten gegen die Gedenkstätte Antisemitismus zu nähren. "Dies war der Moment, an dem wir uns entschlossen haben, die Mitarbeit als Connollyberg-Gruppe einzustellen", teilte anderntags dieser Kreis mit, der gegründet worden war, um den ursprünglich geplanten Standort auf dem Connollyhügel zu verhindern. Man werde sich nun auflösen. Auch BA-Chef Hummel-Haslauer sagt: "Dieser Vorwurf war wirklich unpassend."
Weitere Unstimmigkeiten habe es erneut über den Standort gegeben, beklagt Feese-Zolotnitski. Der sei einfach schon "klar gesetzt" worden. Versprochen hatte Spaenle, im Workshop über Inhalt, Wegeführung und vor allem die äußere Gestaltung des Gedenkortes zu reden. Dazu sei es, sagt Feese-Zolotnitski, nicht gekommen. Die so wichtige Frage nach dem eigentlichen Ziel einer Gedenkstätte, die Einbindung in ein einheitliches Erinnerungskonzept, sei erneut ausgeblendet worden. Einig waren sich alle der 27 Workshop-Teilnehmer wohl nur in einem Punkt: Es soll eine "Informationsstätte" zu den Opfern des Attentats geben.
Die EIG zumindest spricht von einer neuen Gesprächsbasis; auf ihre Initiative hin sollen die Diskussionen fortgesetzt werden. "Das ist eines der zwei guten Ergebnisse des Workshops", sagt Karg. Das zweite: Die Debatten seien schwer gewesen, aber gut.