"Dîner en blanc" in München:Kommerz in Weiß

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Das "Dîner en blanc" ist als spontanes Picknick in Weiß unter Freunden gedacht. Kostenlos und an einem öffentlichen Platz. Das, was zwei Berliner Agenturen nun in München vorhaben, hat mit der ursprünglichen Idee nur noch wenig zu tun.

Von Christopher Horn

Für Passanten muss es ein Bild besonderer Anmut gewesen sein: Hunderte Münchner, alle in Weiß gekleidet, sitzen an einem warmen Juliabend an langen Tafeln auf dem Platz vor dem Nationaltheater. Sie haben sich Plastikstühle und Klapptische mitgebracht, Kerzen, Wein und Nudelsalat, um gemeinsam unter freiem Himmel zu Abend zu essen.

Das "Dîner en blanc" ist eine Art Flashmob. Die Idee geht zurück auf den Franzosen François Pasquier. Als 1988 zu viele Leute zu seiner Gartenparty kamen, soll er die Gäste spontan aufgefordert haben, das Fest in den nahegelegenen Bois de Boulogne zu verlegen. Daraus wurde eine Tradition, zu der sich Jahr für Jahr Tausende Pariser zum Beispiel an der Place de la Concorde oder im Innenhof des Louvre versammeln.

Zwei Veranstalter wollen das große Geld machen

Auch in München gibt es seit 2010 ein solches Abendessen in Weiß. Kostenlos und spontan, an einem bis zum letzten Moment geheim gehaltenen - und dann über soziale Netzwerke verbreiteten - Ort. Doch jetzt könnte das "Dîner en blanc" seinen ursprünglichen Charme verlieren. Zwei Berliner Veranstalter wollen sich das Konzept zu eigen machen - und daraus Profit schlagen. Unter dem Motto "Munich White-Dinner with Friends" wirbt eine Agentur für eine Veranstaltung Ende Juli. Tickets kann man über eine Facebook-Seite erwerben, Kostenpunkt: 29,99 Euro pro Person. Einen Monat später lockt ein anderer Veranstalter, für 32,99 Euro pro Person, zum "White Dinner Picknick". Sitzplatz, Tischdeko und Unterhaltungsprogramm inklusive - das Essen aber nicht. Zumindest nicht im Grundpreis: Wer will, kann einen gefüllte Picknickkorb online dazu buchen.

Flashmob "Diner en blanc"
:Ganz in Weiß

München hat Stil: Hunderte Menschen haben sich weißgekleidet zum Abendessen getroffen - unangemeldet und mitten in der Stadt.

Robert Haas

Freunde des "Dîner en blanc" sind wenig begeistert und machen ihrem Ärger im Internet Luft. "Bei so einer professionell organisierten Massenveranstaltung geht das besondere Flair verloren", meint eine Userin auf Facebook. Vielen anderen geht es genauso. Die Veranstalter begründen den Preis mit anfallenden Kosten für Stühle, Tische, Deko, Location, Personal und Unterhaltungsprogramm. Doch das alles braucht es ja eigentlich nicht. Das haben die vergangenen Jahre gezeigt. Auf der Facebook-Seite eines Veranstalters haben trotzdem fast 9 000 User ihr Interesse bekundet, einige haben sich bereits Tickets gekauft. Genau Zahlen wollten die Veranstalter auf Nachfrage allerdings nicht verraten. Sie rechnen mit je 1500 Besuchern.

Droht nun Ärger von den Behörden?

Hatten die Behörden aufgrund des spontanen Charakters in den vergangenen Jahren nichts gegen das "Dîner en blanc" einzuwenden, könnte den Veranstaltern diesmal Ärger drohen. Das Münchner Kreisverwaltungsreferat (KVR) ist der Ansicht, dass ein kommerzielles Dinner an einem öffentlichen Platz nicht zulässig ist. "Hier steht anders als bei Konzerten der gastronomische und eben kein kultureller Nutzen im Vordergrund", sagt Wolfgang Schober, im KVR zuständig für Veranstaltungen auf öffentlichem Grund. Eine unerlaubte Sondernutzung würde ein Bußgeld von bis zu 1000 Euro nach sich ziehen. Die beiden Berliner Veranstalter dürfte das indes kaum abschrecken. Auf Nachfrage sagt einer, das Dinner sei nicht auf einem öffentlichen Platz geplant. Es soll auf einer extra dafür angemieteten Fläche stattfinden.

© SZ vom 28.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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