Dienstältester Stadtrat:Alphatier mit Z

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Woche der Ehrungen: Walter Zöller ist ein Rekord-Politiker. (Foto: Stephan Rumpf)

Für die Rathaus-CSU prägt Walter Zöller die Stadt seit 45 Jahren

Von Alfred Dürr

In einer Beziehung ist er immer der Letzte: Auf allen Namenslisten des Stadtrats bildet Walter Zöller das Schlusslicht. Das ist der alphabetischen Reihenfolge der Aufzählung und dem Anfangsbuchstaben seines Nachnamens geschuldet. Über die Bedeutung des 77-jährigen Juristen sagt diese Einordnung nichts aus. Der Stadtplanungsexperte der CSU-Fraktion steht seit Jahrzehnten auf der Bühne des Rathauses ganz weit vorn. 45 Jahre macht Zöller Politik in München und hält damit den Rekord als dienstältester Stadtrat. Den Spaß am Job hat er noch längst nicht verloren.

In dieser Woche hat seine Partei Walter Zöller besondere Anerkennung erwiesen. Auf dem Bezirksparteitag am Montag ernannten ihn die Delegierten einstimmig zum Ehrenmitglied der CSU München, auch Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) applaudierte. An diesem Freitag richten Bezirksverband und Stadtratsfraktion einen Empfang im Kleinen Rathaussaal aus. "Die Feierlichkeiten betrachte ich auch mit Skepsis", sagt Zöller und schmunzelt. Denn so viel Hochachtung der Parteifreunde kann auch ein Hinweis sein, dass es langsam reicht mit der Rathausarbeit.

Bis heute stehen die Themen Stadtplanung, Baupolitik und Architektur im Mittelpunkt von Zöllers politischem Engagement. "Das ist nicht nur ein Hobby, das ist Leidenschaft", betont er. Das Besondere ist für ihn, dass er die Resultate seiner Tätigkeit immer direkt vor Augen hat: "Ich sehe an fast jeder Ecke in München ein Projekt, an dem ich in der einen oder anderen Form mitgewirkt habe."

Aktuell geht es beispielsweise um die Planungen für ein Hochhaus, das direkt neben dem künftigen neuen Hauptbahnhof aufragen soll. Dieses Thema zieht kontroverse Debatten nach sich. Zöller befürwortet das Konzept, weil man damit moderne Akzente im Stadtbild setzen kann. Der Kultusminister und Münchner CSU-Chef Ludwig Spaenle ist vehement dagegen, denn er fürchtet massive Beeinträchtigungen der traditionellen Stadtsilhouette mit ihren typischen Kuppeln und Türmen.

Konflikte hat Zöller nie gescheut - gerade auch nicht mit eigenen Parteifreunden. Aber speziell die Auseinandersetzungen in den Achtzigerjahren mit dem damaligen und im vergangenen Jahr gestorbenen Oberbürgermeister Georg Kronawitter (SPD) waren extrem turbulente Zeiten im Rathaus. Kronawitter bezeichnet sich und den einstigen CSU-Fraktionschef in dem Buch "Mit aller Leidenschaft" als "zwei Alphatiere" für die es nur ein K.-o.-System gibt - nach dem Motto: "Er oder ich." Der Alt-OB charakterisierte seinen wichtigsten Gegenspieler als "arrogant, eitel, überheblich, ehrgeizig" und auch als "verspielt". Zöller bringen Kronawitters politische Kniffe und Listen, mit denen dieser seine Gegner habe austricksen wollen, immer noch ein bisschen in Rage.

Zöller zitiert gern einen Bericht aus der Süddeutschen Zeitung, in dem er sich besonders treffend beschrieben sieht. Es geht um die Zeit, als er ein Mehrheitsbündnis gegen Kronawitter gezimmert hatte. Als "Schwarzer Riese" zwang er dem OB zusammen mit den Grünen - die damals bei vielen Konservativen überhaupt nicht gelitten waren - für ein paar Jahre die Stadtpolitik auf. Zöller sei damit der wohl mächtigste Oberbürgermeister gewesen, den München nie hatte, heißt es in dem Artikel.

Nein, "richtiger" OB von München ist er nie geworden. Gründe dafür, nicht als Kandidat anzutreten, waren die eigene Zögerlichkeit, aber auch mächtige parteiinterne Gegner wie Peter Gauweiler. Die alten Fehden über einen harten oder einen liberalen Konservativismus sind längst ausgetragen. "Ich bin kein verbohrter Berufspolitiker, mir hat die Arbeit immer Spaß gemacht", sagt Zöller. Über Parteigrenzen hinweg pflegt er gute Beziehungen, etwa zu Alt-OB Christian Ude (SPD). "Wir fechten beide mit dem Florett und nicht mit dem Säbel", sagt Zöller.

Die Unabhängigkeit liegt wohl auch daran, dass das Ansehen als Stadtrat zum Gedeihen seiner Notarskanzlei beigetragen haben mag. Zöller bestreitet den Erfolg gar nicht. Die SPD machte es einst im Stadtrat aber zum Thema, ob Mandat und Insiderwissen als Planungsexperte missbraucht wurden; ein Fehlverhalten konnte nicht nachgewiesen werden. "Das ist alles im Sand verlaufen", winkt Zöller ab.

Wie lange wird er im Rathaus bleiben? Drei Jahre dauert die Amtsperiode noch. "Da wäre es doch vermessen, schon jetzt eine Antwort auf die Frage zu geben", sagt dazu der Rekord-Stadtrat.

© SZ vom 30.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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