Die Milchbar zieht ins Zentrum:Drei mit dem richtigen Riecher

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"Baggerladen" oder griechische Taverne - egal was die Faltenbachers anpacken, es gelingt ihnen eigentlich immer. Künftig mischen sie die Szene in der Münchner Innenstadt auf.

Philipp Crone

Einen echten Faltenbacher erkennt man sofort. In der griechischen Taverne "Molos" in der Maistraße steht an diesem Abend einer an der Bar, ein zweiter betritt das Lokal. Große Statur, große Nase, bekannt in der Münchner Clubszene.

Michael, 46, Kaufmann, mit kurz geschorenen Haaren, Bodybuilderstatur und Wolljacke, geht zur Tür und begrüßt seinen Cousin Jakob. Der 35-Jährige mit kinnlangen Locken setzt sich mit Michael an einen weißen Tisch in ihrer eigenen Gaststätte. Die beiden warten auf den Dritten, ihren kreativen Kopf, Jakobs Bruder Florian Faltenbacher, 38. Der hat schließlich alles ins Rollen gebracht.

Schon als Kind träumte Florian davon, eine Disco zu eröffnen, vor zehn Jahren war es dann so weit, die drei starteten die "Milchbar". Heute, kurz vor dem Umzug des mittlerweile legendären Clubs in die Sonnenstraße, haben sie reichlich Erfahrung gesammelt - darunter auch mit Flops wie beim Freibad in Germering. Was das Münchner Nachtvolk will, glauben sie heute zu wissen. Das Trio also ist bereit für das nächste Abenteuer: die Eroberung der Innenstadt.

Florian Faltenbacher setzt sich zu den beiden anderen, dreht seinen Autoschlüssel noch ein paar Minuten in den Händen herum, er ist voller Tatendrang. Sein Arbeitstag beginnt gerade erst, der seiner Verwandten geht zu Ende.

Florian macht die Nachtschichten. Die drei Familienväter sehen sich nur zweimal in der Woche für eine Stunde im Büro. Das Trio wirkt ein bisschen wie ein Künstler mit zwei Assistenten. Florian hat die Ideen und den Nacht-Elan. Michael und Jakob sorgen tagsüber dafür, dass seine Einfälle funktionieren und sie allesamt davon leben können.

Die erste Idee war die Milchbar im Kunstpark, in einem kleinen, eigentlich viel zu hohen Raum. "Alle haben gesagt, dass das schwierig wird", sagt Jakob. Aber auf die Familie war Verlass: Michaels Schwester, eine Architektin, verwandelte die ehemalige Fabrikhalle in einen Club.

An den Eingang stellten sie als Türsteher einen Parkplatzwärter. Der hatte seine eigenen Vorstellungen, wer rein durfte und wer nicht; wenige durften. "Wir haben das drinnen gar nicht mitbekommen", sagt Florian. Der Ruf der strengen Tür machte den Club interessant, auch wenn das so gar nicht beabsichtigt war.

Wer ist der Boss im Familienbetrieb? Jakob sagt: "Es läuft immer so: Flo kommt an und sagt: 'Passt auf, wir machen da jetzt einen neuen Laden.'" Michael lacht: "Und da müssen wir dann halt durch."

An bis zu sechs Projekten waren sie gleichzeitig beteiligt, zum Beispiel beim "Garden"-Club in der Lindwurmstraße oder den "Drei Türmen" auf dem Optimolgelände. Bisher ist es ja auch noch nie schief gegangen, oder? "Doch!", rufen die drei Männer gleichzeitig. Etwa das Restaurant im Freibad Germering. Das Problem: "Da waren wir nicht vor Ort." Sonst hätte auch dort die Gastronomie funktioniert, da ist sich Florian sicher.

Er ist ständig unterwegs in München, schaut sich die anderen Clubs an. "Am Wochenende war ich im 089, im P1, im Pacha." Ihn interessiert, wie viel da los ist, welche DJs spielen, er sammelt Anregungen.

Obwohl München samstags mit Platz für 60.000 Menschen mehr Discofläche als Berlin aufweist, sind nicht andere Clubs die Hauptkonkurrenz, sondern Berge und Seen im Umland, sagt Florian. "Wenn die Münchner in der Stadt sind, gehen sie abends weg und kommen auch bei uns vorbei." Je mehr gute Clubs, desto besser sei das für alle.

Die Milchbar gilt als "Baggerladen", was die Betreiber als Kompliment nehmen. "Irgendwann hieß es: Bei uns geht immer was", sagt Jakob. Als das auch so in einem Münchner Frauenmagazin mit internationalem Titel stand, hatten die drei ein Problem: "Da kamen auf einmal lauter 45-jährige Single-Frauen."

Mittlerweile wissen die Faltenbachers, was nicht geht und was funktioniert. Zum Beispiel mehr Männer als Frauen in einem Club. Florian sagt: "Frauen fühlen sich unwohl, wenn um sie herum zu viele Frauen sind." Jakob ergänzt: "Die wollen doch umschwärmt werden." Männer seien auch gerne mal für eine gewisse Zeit unter sich, trinken ihr Bier, unterhalten sich. Anders die Frauen: Die wollen immer einen gewissen Flirtfaktor.

Am 18. Januar eröffnet nun die neue Milchbar auf knapp 100 Quadratmetern in der Sonnenstraße 12. Und der Ruf des Clubs zieht mit: Die Faltenbachers gelten als umgänglich und gastfreundlich. Das kommt an. Auch intern. Alle Mitarbeiter, die vor zehn Jahren dabei waren, sind noch im Team.

Die Faltenbachers sind sich zwar äußerlich ähnlich, aber längst nicht immer einer Meinung. Leidenschaftlich diskutieren sie darüber, ob München nun eine Schickigesellschaft ist oder nicht. Jakob: "Und wie!" Florian hält dagegen: "Nein. Das P1 zum Beispiel war nie ein Schickiladen." Das Publikum dort sei ein Querschnitt durch die Nachtszene plus einige Promis.

Einig sind sich die Faltenbachers bei ihren Zukunftsplänen. In drei oder vier Jahren wird die Milchbar wieder umziehen. Und irgendwann, wenn Florian keine Lust mehr auf Nachtarbeit hat, werden sie sich anderen Dingen zuwenden.

Michael zeigt in den Raum. Seit der Eröffnung vor einem Jahr ist die griechische Taverne Molos immer gut gefüllt. Die drei haben eben einen guten Riecher für das Geschäft. Kein Wunder, bei den Nasen.

© SZ vom 20. November 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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