Die Kunst, lustig zu sein:Außerfriesischer Wahnsinn

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Im Juli soll Otto Walkes 70 geworden sein. Muss ein Irrtum sein, denn er sieht - bis auf den schicken Anzug - aus wie immer. (Foto: Stephan Rumpf)

Otto Waalkes bekommt den Bayerischen Kabarettpreis

Von Thomas Becker, München

Es geht auf Mitternacht, als Mercedes Hanitzsch in der Tür des Vereinsheims steht, auf das wild wogende Leben vor ihren Augen schaut, den Kopf schüttelt und sagt: "Aber irgendwie hat das was." Ihr Mann fühlt sich in dem Trubel pudelwohl, wird hier geherzt, fällt da dem nächsten Gratulanten um den Hals - und so geht es auch allen anderen Gewinnern des Bayerischen Kabarettpreises, der gerade nebenan im Lustspielhaus verliehen worden ist. Wobei es im Vereinsheim, diesem herrlich freigeistigen Stück Schwabing, total egal ist, ob man Preis- oder Kabelträger ist. In diesem anarchischen Durcheinander kommt man sich zwangsweise näher, was dem Abend eine zusätzliche Ebene verleiht. Frag nach bei der hübschen Brünetten, der Otto Waalkes ausdauernd ins Ohr flüstert.

Seit 20 Jahren verleiht der BR mit dem Lustspielhaus den Bayerischen Kabarettpreis, und so bleiben bei der von Luise Kinseher moderierten Aufzeichnung der Jubiläumssendung (1. November, 20.15 Uhr) diverse Rückblicke nicht aus. Georg Kreisler, Dieter Hildebrandt, Matthias Beltz - hach, die Großen halt.

Im Saal sitzen auch ein paar Ex-Preisträger: Gerhard Polt, Otti Fischer, Helmut Schleich, Michi Altinger. Es waren und sind stets besondere Abende, diese Klassentreffen der deutschen Kleinkunstszene. Zwar haben die Bayern ein Übergewicht bei den Preisträgern, aber so genau nimmt man es nicht. Vergangenes Jahr wurde die Schweizerin Hazel Brugger und das Ruhrpott-Universalgenie Helge Schneider ausgezeichnet. Diesmal sind neben der Münchner Karikatur-Institution Dieter Hanitzsch (Jubiläumspreis) der Niederbayer Martin Frank (Senkrechtstarter-Preis), der Sachse Olaf Schubert (Musikpreis), der NRWler Christian Ehring (Hauptpreis) und der weltbekannteste Ostfriese dran: Otto Waalkes.

Im Juli soll er 70 geworden sein. Muss ein Irrtum sein, denn er sieht - bis auf den schicken Anzug - aus wie immer. Also wie in den Siebzigerjahren, als der außerfriesische Wahnsinn seinen Lauf nahm. Laudator Oliver Welke fordert, ihn möglichst bald zum Unesco-Weltkulturerbe zu erklären. Das Bundesverdienstkreuz kann da nur ein Anfang sein. Dass Otto dabei den Orden zweimal aus der Schachtel zu Boden plumpsen ließ - das muss wohl so sein. Das Adjektiv "zeitlos" sei praktisch für ihn erfunden worden, so Welke, der weiß, "dass einfach lustig sein alles andere als einfach ist". Aber man könne auf sehr hohem Niveau sehr albern sein - was Waalkes dann beim Grimassieren für die Fotografen gleich mal unter Beweis stellt. Fragt man ihn später im Vereinsheim, wie er es schafft, so unverschämt jung zu bleiben, winkt er ab: "Och, das ist einfach: immer mit guten Leuten Spaß haben, nicht so viel Speck fressen, nicht so viel saufen." Dann nimmt er einen Schluck Apfelschorle, herzt Arnd Schimkat, mit dem er "Otto's Eleven" gedreht hat, fachsimpelt mit Willy Astor, um sich dann wieder der Brünetten zu widmen. Doch dann ist selbst ein Abend im Vereinsheim irgendwann mal zu Ende.

© SZ vom 31.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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