Die Frau des Imam:Seelenqualen einer Frau

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Sie ist die dritte Frau des Imam, hatte ihn der Misshandlung beschuldigt - und ihre Aussage zurückgezogen. Nun sitzt sie in Haft.

Bernd Kastner

Sie bewundern diese Frau in gewisser Weise, sagen Jamil Azem und Annette von Stetten. Die bisherigen Zeugenbeistände der Drittfrau von Abu Adam sind nun ihre Verteidiger. Wegen des Verdachts der falschen Verdächtigung und Freiheitsberaubung wurde die 31-Jährige verhaftet. Die Anwälte bewundern den Mut ihrer Mandantin, weil sie die Konsequenzen ihrer Aussage trägt, die ihren Mann wohl zu Unrecht ins Gefängnis brachte. Dabei hatte Azem ihr geraten, von Syrien aus ihr "Geständnis" an die Ermittler zu schicken. Der Imam wäre frei, aber sie nicht eingesperrt.

Wer die Frau erlebt hat, beschreibt sie als intelligent und taff, als eine, die wisse, was sie will, auch wenn ihre Verschleierung anderes vermuten lasse. Sie sei zudem tief religiös. In einem Brief an die Staatsanwaltschaft schreibt sie von ihren großen Gewissensqualen, die schlimmer seien als jede Strafe. Schon viel früher habe sie ihre Vorwürfe zurücknehmen wollen, aber die Umstände hätten es nicht erlaubt.

Während der Imam die Ehe als weitgehend harmonisch beschreibt, schildert die Syrerin eher eine Hassliebe. Sie scheint seelisch sehr unter der Beziehung gelitten zu haben, habe sich vernachlässigt gefühlt. Seine Zärtlichkeiten mit den anderen Frauen mitzubekommen, muss schwer für sie gewesen sein. Sie konnte es nicht fassen, dass der Vater ihrer Kinder nach Pakistan reiste, um gegen den Terrorismus zu predigen, sich dabei aber in große Gefahr brachte. Was, wenn der Ernährer nicht mehr wäre?

Es gab, glaubt man ihr, oft Streit. Am Abend des 23. November muss eine der Diskussionen eskaliert sein. Sie habe die Scheidung gewollt, er aber habe die nötigen Worte nicht gesprochen; nur gesagt, sie könne gehen, mit den Kindern, er wolle seine Ruhe. Das muss sie so verletzt haben, dass sie rot sah; es kam zu gegenseitigen Tätlichkeiten, mit denen sie begonnen habe. Tags darauf habe sie es ihm heimzahlen wollen mit ihrer Aussage, habe aber nie gedacht, dass man ihn einsperrt.

Ihr Ziel sei nur die Scheidung gewesen und das Sorgerecht für die Kinder. Nun sind die beiden Töchter, knapp ein und drei Jahre alt, bei ihren Großeltern in Syrien. Anwalt Azem will Haftbeschwerde einlegen und hofft, angesichts der Umstände, auf baldige Freilassung.

© SZ vom 14.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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