Der Schichtl:Mehr Wiesn, weniger Müll

Lesezeit: 2 min

Kaffeebecher und viel sonstiger Müll: Unser Oktoberfest-Kolumnist empfiehlt, ganz einfach vom Spektakel auf der Theresienwiese zu lernen

Fantastisch, was man den Leuten alles als unverzichtbar andrehen kann. Es scheint eine große Kaste von Mitmenschen zu geben, die in permanenter Lauerstellung sind, um ja keinen Trend liegen zu lassen, der - meist aus dem Land der ungenierten Müllemission importiert - dem alten Europa die Ehre gibt und sich hier dann schon fast epidemisch verbreitet. Das ursprünglich aus Irland stammende Halloween zum Beispiel musste erst amerikanisiert werden. Kein Mensch hätte sich sonst vor 20 Jahren Ende Oktober einen Kürbis auf seinen Kürbis gesetzt und die Kinder herumlaufen lassen wie wild gewordene Staubsauger. Folgerichtig kraxeln die lieben Kleinen jetzt auch nimmer, die müssen nun bouldern.

Kaffee to go ist der logische Wurmfortsatz dieser Nachahmungsorgie. Kaum jemandem ist er abgegangen. Seit es ihn hier aber gibt, scheinen viele Leute nicht mehr darauf verzichten zu können. Das ist nix Schlimmes, aber was nur mit den stündlich 320 000 Bechern Müll im Lande machen? Aufheben oder zurückbringen macht keinen Sinn, alles wird sowieso weggeschmissen. Ich glaube, und wähne mich da nicht alleine, die Lösung zum großen Teil der Misere könnte ein Pfand sein, wie es auf der Wiesn im Straßenverkauf schon seit Jahren mit Erfolg eingeführt ist. Dazu müsste natürlich die Industrie mitspielen und Becher herstellen, die wiederverwendbar sind. Und dann, die Wiesn macht's vor, wirkungsvolle ein oder besser zwei Euro Pfand drauf, der Kreislauf wäre geschlossen.

Und bis der Pfandbecher kommt, liebe Kaffeefreunde, zu denen ich auch gehöre, ist es denn zu viel verlangt, aus dem Kaffee unterwegs wieder das Getränk vor Ort zu machen - und schon wieder Vorbild Wiesn, da funktioniert es - einfach aus der Tasse? Gewohnheiten lassen sich ändern, zum Rauchen gehen die Leute ja auch vor die Wirtschaft. Oder an die Isar. Erstens Gott sei Dank, zweitens leider. Dort stehen allerdings keine Aschenbecher rum, aber auch keine Hemmungen im Weg, Kippen ins Grüne zu schnalzen. Das, was Coffee to go als mobile Variante von Vermüllung ist, findet in den Gefilden der Isar als stationäre Versauung statt.

Mit der Renaturierung hat die Stadt etwas richtig Gutes auf den Weg, beziehungsweise an das Ufer gebracht. Es ist ein Refugium für Mensch und Tier, lässt aber manche Menschen zum Tier, zum Saubären, werden. Schön, wenn sich dort Leute zum Erholen, Feiern oder von mir aus auch zum Grillen treffen. Aber: Es ist gelinde gesagt eine Schweinerei, wie nach milden Abenden und vor allem Nächten die Isarufer mit Dreck überzogen sind. Papiertüten, Plastik, Grillrückstände, Flaschen und Glasscherben - alles wird einfach liegen gelassen, auch im Wasser. Der strukturell asoziale "Naturfreund", oder auch Grattler, er räumt halt seinen Dreck nicht weg. Da der meiste Unrat nachts hinterlassen wird, sind Kontrollen so wie jetzt, kaum hilfreich. Schauen wir nach Singapur, da kostet eine weggeworfene Zigarettenkippe 80 Dollar Strafe. Wie wär's denn, solche Strafen auch für hiesige Schmutzler einzuführen? Ich meine: Wer dagegen ist, entlarvt sich letztendlich selbst.

Nur auf der Wiesn geht das selbstverständlich nicht. Wo sollten wir denn die ganzen Dolmetscher herbekommen ...

© SZ vom 02.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: