Degustation:Winzer auf Welttournee

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Die "Tre Bicchieri"-Degustation des Weinführers Gambero Rosso im BMW-Museum ließ diesmal auch normales Publikum zu

Von Franz Kotteder

Zehn Stationen haben sie schon geschafft, sagt das Ehepaar, das extra aus Penzberg angereist ist, seinen Namen aber dann doch nicht verraten will. "Unser Weinhändler hat uns den Termin gesagt", erzählt der Ehemann, "und dann sind wir eben hergefahren." Er hat dabei den besseren Part, sagt er, er darf viel mehr verkosten, weil: "Meine Frau fährt dann auf dem Rückweg."

Ein Satz, den man öfters hören kann an diesem späten Montagnachmittag im BMW-Museum. Der Gambero Rosso hat geladen, Italiens berühmtester Weinführer, und er hat nicht weniger als 99 Winzer mitgebracht, die rund 300 ihrer Weine präsentieren. Eigentlich wird ja nur die deutsche Ausgabe des Führers vorgestellt, aber weil es den Gambero Rosso nunmehr seit 30 Jahren gibt und weil Deutschland der bedeutendste Auslandsmarkt für italienischen Wein ist, hat man eben die Winzer mitgenommen und die Degustation auch für Fachbesucher und die interessierte Öffentlichkeit ermöglicht. Alle 99 Winzer haben mindestens einen Wein dabei, der in der neuen Ausgabe des Weinführers mit drei Gläsern - auf Italienisch: "tre bicchieri" - ausgezeichnet wurde. Das ist die höchste Bewertung, die der Gambero Rosso vergibt. Unter den 22 000 Weinen, die in der aktuellen Ausgabe aufgelistet sind, haben nur 421 drei Gläser erhalten. Insofern ist es natürlich eine schöne Gelegenheit, gleich so viele ausgezeichnete Weine auf einmal probieren zu können. Und die beiden Penzberger finden dann auch: "Schade, dass man hier nicht gleich kaufen kann. Da würden wir schon den einen oder anderen mitnehmen."

Das finden auch "die Meiers aus München-Ost", die ebenfalls nicht genannt werden wollen (Weingenuss scheint gesellschaftlich schwieriger zu werden), und denen besonders gut "der Rote vom Ätna" schmeckt, der Barbagalli vom Jahrgang 2012 von der Kellerei Pietradolce. Er ist wohl nicht zufällig auch Rotwein des Jahres in der Wertung des Gambero Rosso geworden. Auch "die Meiers" haben über ihren Weinhändler von dem Event im BMW-Museum erfahren und gehören zu den wenigen mit den weißen Armbändern, an denen man die zahlenden Privatbesucher erkennt. Viele der anderen gut 600 Gäste in der großen Rotunde des Museums sind Fachbesucher.

Andreas Saffer etwa, Chef des auf Italien spezialisierten Münchner Weinimporteurs Saffer. Er kennt sich bestens aus, schließlich führt seine Familie seit mehr als 90 Jahren Wein aus Italien ein. "Der Gambero Rosso vertritt schon immer eine bestimmte Richtung", sagt er, "nach einer Weile kennt man die Kriterien." Einen Tipp hat er trotzdem: "Auf Nummer 68, bei Poggio Le Volpi aus der Region Latium, gibt's einen spannenden Weißen, den Donnaluce von 2014."

Im aktuellen Gambero Rosso hat der "nur" zwei Gläser bekommen. Aber wie die drei Herausgeber Marco Sabellico, Eleonora Guerini und Gianni Fabrizio zuvor schon bei der Vorstellung der deutschen Ausgabe meinten: "Auch Weine mit einem oder zwei Gläsern können hervorragend sein." Nicht weniger als 44 000 Weine haben die gut 60 Tester des Gambero Rosso für die aktuelle Ausgabe blind verkostet, 2400 Kellereien haben sie besucht. Der Führer, der 1990 erstmals auf Deutsch erschien und damals natürlich auch in München präsentiert wurde, ist übrigens ein börsennotiertes Unternehmen mit Zeitschriften, TV-Sendungen und Seminaren als Ablegern. Zum 30-jährigen Bestehen ist man nun auf Welttournee gegangen, um für sich und für italienischen Wein zu werben. Nach München geht es erst einmal in die USA, an die 40 weitere Stationen sollen folgen.

© SZ vom 27.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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