Debatte um Abschuss-Erlaubnis in Bayern:Rehe, Jäger und der Wolf - oder: Wer jagt da wen?

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SZ-Leser schlagen sich auf Isegrims Seite und werfen der Politik und Funktionären unnötige Panikmache vor

"Die Jagd beginnt" vom 27. Januar:

Dem Wolf die Beute gönnen

Es ist ein merkwürdiges Phänomen, dass die Debatte um die Wölfe dort am heftigsten geführt wird, wo sie bislang gar nicht vorkommen, so offenbar auch unter bayerischen Politikern, von denen auch nicht ein einziger in seinem Leben bisher einen Wolf gesehen hat. Ich habe von 1998 bis 2008 dem bayerischen Landtag angehört und verbringe nun meinen Ruhestand auf meinem Besitz in Reuthen, Landkreis Spree Neiße in der Lausitz. Liebe Kollegen: Man sollte sich davor hüten, über Dinge zu reden, von denen man nichts versteht. Hier in der Lausitz ist der Wolf inzwischen zu einem ganz normalen Tier geworden. Es gibt in unserer Umgebung mindestens 12 Rudel, und so gut wie niemand regt sich über die Wölfe auf. Die Rudel sind immer gleich groß, bestehen aus einem Rüden, einer Fähe und den Welpen der vergangenen beiden Jahre. Wölfe, die nicht zum Rudel gehören, werden im Territorium nicht geduldet. Können die Jungwölfe ihr Reh erst einmal selber fangen, wandern die Geschwister aus dem Vorjahr ab und besiedeln bisher wolfsleere Gebiete. Einen solchen Wolf hat man vor ein paar Jahren telemetriert und über GPS verfolgt. Er wanderte binnen sechs Wochen von hier nach Weißrussland. Ein weiterer wurde tot in Dänemark gefunden und konnte zweifelsfrei einem Lausitzer Rudel zugeordnet werden.

Die Lausitz ist sehr viel dichter besiedelt als beispielsweise mein Heimatlandkreis Haßberge in Unterfranken. Das Argument von Herrn Aiwanger, Bayern sei viel zu bevölkerungsreich, als dass da noch Platz für Wölfe wäre, geht also an der Sache vorbei. Nicht einmal die Jäger müssen Angst davor haben, dass der Wolf die Rehe ausrottet. In meinem Forstbetrieb wird übers ganze Jahr konsequent nach der Vorgabe "Wald vor Wild" gejagt. Dennoch haben wir vor ein paar Wochen anlässlich einer Drückjagd 50 Rehe erlegt - und das trotz der "Konkurrenz" durch den Wolf. Die Wölfe sind äußerst scheu, meiden den Menschen und leben wie im Schlaraffenland. Sie ernähren sich zum guten Teil von Rehen, von denen es in Deutschland nach vorsichtigen Schätzungen 2,5 Millionen gibt. Da wird man doch den paar hundert Wölfen, die es bisher in Deutschland gibt, ihre Beute gönnen. Sebastian Freiherr von Rotenhan, Reuthe

Panische Jagdherren

Aus Nissen werden Läuse, pflegte meine Oma zu sagen, wenn sie im Sommer den Buben die Köpfe kahl schor. Aus einem hinkenden Wolf wird ein Rudel, also gleich weg damit, wehret den Anfängen! Jeden Sommer liest man in schöner Regelmäßigkeit die Klagen derselben Herren über die Verheerungen, welche Wildschweine in ihren Feldern anrichten, weil ihnen jeder natürliche Feind hierzulande fehlt, und die Klagen der Forstwirte, dass ihnen das Damwild die Aufforstungen verbeißt, weil die Population (die man im Winter fleißig füttert) aus dem Ruder läuft, trotz heftigen Bejagens. Aber um Gotteswillen, der Wolf passt nicht mehr in unsere Landschaft und muss bejagt werden, bevor er überhaupt auftaucht. Es sei die Vermutung erlaubt, dass man in gewissen Kreisen auf unliebsame Konkurrenz nicht scharf ist. Selber totschießen macht halt Spaß. Es sei weiterhin erlaubt, der bayrischen CSU einen Rat zu geben: Die Bauern und Jagdherren wählen Euch ohnehin, und so viele sind's auch wieder nicht. Lasst den Wolf wieder ins Land. Renate Seitz, München

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© SZ vom 30.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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