Willibaldsritt von Jesenwang:300 Jahre alte Tradition

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Johannes Kneidl und der Fördervereinsvorsitzende Martin Schmid. (Foto: Privat)

Edelweiß-Kapelle Einsbach wirkt künftig beim Willibaldsritt mit

Von Renate Zauscher, Sulzemoos

Landkreisgrenzen sind sehr oft nicht einfach nur das Ergebnis politischer Entscheidungen sondern haben praktische Auswirkungen, was kulturelle Belange oder den Austausch von Informationen angeht. Ein gutes Beispiel ist hier der Willibaldsritt von Jesenwang: eine mehr als dreihundert Jahre alte Tradition im Landkreis Fürstenfeldbruck, von der jenseits der Landkreisgrenze zu Dachau, selbst in geografisch so nah gelegenen Orten wie Odelzhausen oder Sulzemoos, kaum jemand etwas weiß. Dabei ist das, was einmal pro Jahr, immer um den Festtag des Heiligen Willibald, in Jesenwang bei Mammendorf stattfindet, europaweit einmalig: Zwischen zwei- und dreihundert Pferde und Reiter werden beim Ritt quer durch das kleine, etwas außerhalb des Ortes gelegene Kirchlein vom örtlichen Pfarrer gesegnet. Auch große Gespanne und Kutschen sind dabei, allesamt so wie die Pferde prächtig geschmückt. Nach der Pferdesegnung treffen sich Reiter und Zuschauer unter den alten Kastanien vor der Kirche bei Bier und Blasmusik - eine schönere, traditionsreichere Biergartenszenerie lässt sich kaum denken.

Die Tradition des Willibaldsritts geht auf das Jahr 1712 zurück, als die Jesenwanger wegen einer grassierenden, vor allem für Pferde gefährlichen Seuche den Heiligen Willibald um Hilfe baten. 250 Jahre später schien das Ende der alljährlichen Pferdesegnung gekommen: Die Willibalds-Kirche war so baufällig geworden, dass der Ritt von 1964 an nicht mehr abgehalten wurde. Die Rettung kam ein Jahrzehnt später mit der Gründung des Fördervereins Sank Willibald, der sich den Erhalt der Kirche zum Ziel gesetzt hatte. Von 1979 an fand auch der alljährliche Ritt wieder statt. Im vergangenen Jahr wurde der Förderverein mit seinem Vorsitzenden Martin Schmid mit dem Heimatpreis Oberbayern ausgezeichnet. Aus dem Landkreis Dachau sind nach Auskunft von Martin Schmid alljährlich um die zehn, zwölf Reiter in Jesenwang dabei. Einer der zwölf Gespannführer ist seit langem Josef Gottschalk aus dem Hörhammermoos bei Dachau, und Ramona Reithmeier aus Hebertshausen kommt alljährlich mit einem Pony-Einspänner nach Jesenwang.

Besucher aus dem Landkreis Dachau aber sind nach wie vor selten. Das könnte sich jetzt ändern, und zwar durch eine erst kürzlich geschlossene Kooperationsvereinbarung zwischen dem Jesenwanger Freundeskreis Sankt Willibald und dem Musikverein Einsbach. Dabei wurde beschlossen, dass die Edelweiß-Kapelle Einsbach künftig beim Willibaldsritt mitwirken und nach der Pferdesegnung neben anderen Kapellen im Biergarten aufspielen wird.

Johannes Kneidl, Zweiter Bürgermeister von Sulzemoos und Vorsitzender des Musikvereins Einsbach, hat die Kooperation zwischen den beiden Vereinen angestoßen. Zum einen ist ihm die landkreisübergreifende Zusammenarbeit wichtig, zum anderen aber auch, dass die rund 40 aktiven Mitglieder der Einsbacher Kapelle in eine so einmalige Traditionsveranstaltung mit eingebunden werden. Die Musikerinnen und Musiker der Blaskapelle sind dank engagierter musikalischer Förderung von Kindern und Jugendlichen im Durchschnitt sehr jung, und Johannes Kneidl findet es ebenso wie Martin Schmid wichtig, gerade junge Leute an die Pflege der Traditionen heranzuführen. Nur so, betonen beide, könnten solche Traditionen in der Zukunft weiter Bestand haben.

"Wir haben", sagt Martin Schmid, "ja über den lokalen Aspekt hinaus einen umfassenden Kulturauftrag: den nämlich, bayerische Traditionen zu bewahren und für den Fortbestand des gemeinsamen Engagements zu sorgen, das die Basis solcher Traditionen bildet." Wenn dieser Auftrag grenzüberschreitend zwischen Landkreisen wahrgenommen werde, dann könne dies nach Überzeugung von Kneidl und Schmid beiden Seiten, diesseits und jenseits dieser Grenzen, nützen.

Zuschauer wie Reiter aus Dachau sind deshalb in Jesenwang willkommen. Wer beim nächsten Willibaldsritt dabei sein will, der sollte sich jetzt schon den 7. Juli vormerken.

© SZ vom 16.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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