Vor dem Amtsgericht:Mann schlägt Opfer eine Bierflasche auf den Kopf

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Ein 26-Jähriger rastet in einem Flüchtlingsheim aus und verletzt seinen Freund. Ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung

Von Christiane Bracht, Dachau/Haimhausen

Der Alltag in einem engen Flüchtlingsheim ist offenbar nicht immer leicht. "Wenn ich nicht arbeite, trinke ich Alkohol", gesteht ein 26-jähriger Mann aus Eritrea vor dem Dachauer Amtsgericht. Eine verhängnisvolle Spirale. Denn an diesem Donnerstag sitzt er bereits zum dritten Mal auf der Anklagebank. Gefährliche Körperverletzung wird ihm vorgeworfen. Richter Tobias Bauer warnt ihn eindringlich: "In ihrer Situation ist das gefährlich. Wenn Sie weiter Alkohol trinken, ist die Gefahr ziemlich groß, dass weitere Verurteilungen dazukommen. Das kann Auswirkungen auf ihren Aufenthaltsstatus haben. Sie sollten sich das gut überlegen, ob es das Wert ist." Um die 2,29 Promille Alkohol hatte er zur Tatzeit offenbar im Blut, vielleicht sogar mehr. Genau kann man das nicht mehr nachvollziehen, denn ein Bluttest wurde nicht gemacht. Dennoch rechnet Bauer ihm das nicht strafmindernd an. Der 26-Jährige hatte erklärt, dass er sich "nüchtern fühlte". Auf die Polizisten wirkte er koordiniert. Ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung lautet deshalb das Urteil am Ende.

Gegen halb fünf Uhr morgens war der Angeklagte plötzlich aggressiv geworden. Sein Opfer, ein 23-jähriger Afghane, mit dem er eigentlich befreundet war, habe seine Mutter beleidigt, verteidigte sich der Eritreer. Da habe er seine noch volle Bierflasche genommen und sie dem 23-Jährigen auf den Kopf geschlagen. "Wenn es um meine Mutter geht, ist das halt meine Reaktion", sagte der Angeklagte vor Gericht. Das sei auch drei Monate vorher schon so gewesen, als er schon einmal eine schlagkräftige Auseinandersetzung mit jemandem gehabt habe. "Ich habe meine Mutter schon seit acht Jahren nicht mehr gesehen", erklärte er. Richter Bauer zeigte sich davon wenig beeindruckt.

Der Afghane wies diese Version der Geschichte entschieden zurück. Der Eritreer habe ihn um eine Zigarette gebeten, sagt er. Der 23-Jährige gab sie ihm bereitwillig. Trotzdem musste er kurz darauf mit heftig blutender Nase und einer Platzwunde ins Krankenhaus gebracht werden. Beleidigt habe er ihn oder seine Mutter nicht. "Aber ich habe deshalb auch kein Problem mit ihm. Wir haben darüber gesprochen und sind wieder Freunde", erklärte das Opfer.

Bauer bewertete die Tat als "hinterhältig". Der 23-Jährige, der ihm eine Zigarette geschenkt hatte, konnte nicht damit rechnen, angegriffen zu werden. Schließlich hatte der Angeklagte ihm völlig grundlos zunächst mit der Faust ins Gesicht und dann mit der Flasche auf den Kopf geschlagen. Denn die Verletzungen sind nur durch mindestens zwei Schläge zu erklären, so der Richter. Dass der 26-Jährige zuvor 16 Flaschen Bier getrunken hatte und stark alkoholisiert war, könne nicht zu seinen Gunsten sprechen, da er aus einem früheren Fall bereits wusste, was unter Alkoholeinfluss passieren kann. Schwer wog auch, dass der 26-Jährige innerhalb von drei Monaten drei Einträge ins Bundeszentralregister gesammelt hatte, zwei davon wegen gefährlicher Körperverletzung.

"Erschreckend" fand der Richter die "Einstellung des Angeklagten" in Bezug auf die angebliche Beleidigung von dessen Mutter. Das zeige, dass es mit der Rechtstreue des Eritreers nicht weit her sein könne. "Mit einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung sind Sie noch gut dran", gab Bauer dem 26-Jährigen mit auf den Weg. Drei Jahre lang muss er sich nun bewähren und einen Betrag von 1100 Euro an das Franziskuswerk zahlen, sonst wandert er hinter Gitter. "Allein Ihre Festanstellung rettet Sie vor der Haft", sagte der Richter.

© SZ vom 27.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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