Vermittlungsversuche gescheitert:Eine Schranke stört den Frieden

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Die Schranke auf dem Privatweg am Tiefen Graben zum Karlsfelder Naherholungsgebiet. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Der Streit zwischen Anliegern und Bürgerinitiative um die Sperre auf dem Weg zum Karlsfelder See findet kein Ende

Von Felix Wendler, Dachau/Karlsfeld

Gespräche wurden geführt, Vorwürfe ausgetauscht und Fronten verhärtet. Der Streit um die Schranke am Tiefen Graben, die einen viel genutzten Weg vom Dachauer Osten in Richtung Karlsfelder See teilweise blockiert, geht in eine neue Runde. Vor knapp zwei Wochen erreichte Bruno Schachtner von der Bürgerinitiative "Grünzug Dachau+Karlsfeld" die E-Mail eines älteren Bürgers, der mit seinem Spezialfahrrad die Schranke umfahren wollte und daraufhin im aufgeweichten Boden stecken blieb. Dies gab Anlass für eine erneute Kontaktaufnahme mit Landrat Stefan Löwl (CSU), der die Rechtmäßigkeit der Schranke jedoch bestätigte.

Im Frühling dieses Jahres hatten Grundstückseigentümer am Tiefen Graben, die dem Wasserzweck- und Bodenverband Dachau angehören, die Schranke errichtet. Grund seien die vielen Autos gewesen, die den Privatweg zum Karlsfelder See unbefugt befahren hätten. Auch zu schnelle Radfahrer hätten den Weg immer wieder missbraucht, rechtfertigt Gerlinde Hartmann, Anliegerin am Tiefen Graben, die Errichtung der Schranke.

Die Bürgerinitiative allerdings findet sich mit dem versperrten Zugang zur Natur nicht ab. Schachtner sieht darin gar einen Verstoß gegen das bayerische Naturschutzgesetz. Wege in die Natur müssen für Radfahrer und Fußgänger grundsätzlich frei bleiben, auch bei Privatwegen. Sperren sind nur in Ausnahmen zulässig, so das Gesetz weiter. Hartmann dagegen sieht die Schranke als Beitrag zum Naturschutz: "Ich verstehe die Radfahrer ehrlich gesagt nicht. Die müssten sich doch eigentlich freuen, dass jetzt keine Autos mehr da langfahren." Darüber, ob überhaupt viele Autos den Weg befahren haben, gibt es unterschiedliche Auffassungen. Zu denen die das anzweifeln, gehören neben Schachtner auch einige Anwohner. Maica Deuse zum Beispiel hat noch nicht viele Autos gesehen.

Grundsätzlich kritisiert auch niemand, dass die Durchfahrt jetzt für Autos versperrt ist. Stadträtin Sabine Geißler, Bündnisses für Dachau, hatte bereits im Sommer ihr Verständnis dafür signalisiert. Die Beeinträchtigung für Fahrradfahrer, Menschen mit Kinderwagen oder Rollstuhlfahrer hingegen sei absolut nicht vertretbar. Viele Leute würden vergessen, dass der Tiefe Graben ursprünglich ein Zufahrtsweg für die Ackerflächen gewesen ist, nicht zum Karlsfelder See, sagt Gerlinde Hartmann. "Die Landwirte pflegen seit Generationen den Weg und den Bach. Gerade erst haben wir wieder Löcher gestopft." Landwirt Anton Mayerhanser, der das letzte Grundstück vor der Schranke besitzt, wollte sich nicht äußern und bestätigte lediglich, an der Errichtung der Schranke beteiligt gewesen zu sein. Seinen Unmut kann Hartmann verstehen. Besonders der Anton Mayerhanser stecke sehr viel Arbeit in den Weg, während die Leute um Schachtner nichts Handfestes dafür tun würden. "Es gibt eben diese Handvoll Leute, die immer rumtönen." Wenn man mit Hartmann spricht, wird deutlich, dass sich vieles angestaut hat. "Wir sind so angefeindet worden", erzählt sie. Teilweise mit "Kinderwagen ohne Kinder" seien die Leute von der Bürgerinitiative "zur Show" angerückt. Außer Frage steht jedoch, dass die Schranke ein echtes Hindernis sein kann. Auch Anwohner Marco Hiecke berichtet von einer "Mutter mit Fahrradanhänger, die Probleme hatte, durchzukommen". Wie viele andere kann Hiecke nicht verstehen, warum man sich nicht auf einen Mittelpfosten einigt. An der Rechtmäßigkeit der Schranke haben Landratsamt und Dachauer Bauamt keine Zweifel. "Es handelt sich hier um einen landwirtschaftlichen Privatweg, der nicht öffentlich gewidmet ist", erklärt Wolfgang Reichelt, Sprecher des Landratsamtes. Nachdem sich Ende September Vorstandsmitglieder des Wasserverbandes Tiefer Graben, Vertreter der Stadt Dachau, der Unteren Naturschutzbehörde und Landrat Löwl getroffen hatten, konnte zumindest eine vorläufige Kompromisslösung gefunden werden, so Reichelt weiter. Man habe den Bypass, also den schmalen Bereich, der um die Schranke herumführt, optimiert. Die Stelle könne nun "gefahrlos auch von älteren Radlern, Kindern und Rollstuhlfahrern passiert werden."

Vor Ort zeigt sich aber, dass ein Rollstuhlfahrer die Schranke höchstens mit großer Mühe passieren kann. Der Schlammboden ist gefroren und hat tiefe Furchen hinterlassen. Landrat Löwl wolle sich der Sache annehmen, teilte er Schachtner mit. Noch diese Woche solle der Kreisbauhof den Bypass ertüchtigen. Einer langfristigen Lösung mit Mittelpfosten oder Halbschranke allerdings, die auch Löwl präferieren würde, hätten die Grundstückseigentümer eine klare Absage erteilt. Auch Hartmann stellt klar: "Die Schranke bleibt auf jeden Fall." Eine im wahrsten Sinne des Wortes festgefahrene Diskussion also, die jedoch spätestens im Frühling und mit wachsendem Publikumsverkehr in Richtung Karlsfelder See wieder Fahrt aufnehmen wird.

© SZ vom 06.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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