Tag der offenen Gartentür am Sonntag:Wilde Romantik

Lesezeit: 4 min

Rosemarie Specht-Modlmayr und Leni Müller führen am Sonntag Besucher durch ihr kleines Paradies, das sie mit Hingabe und Leidenschaft pflegen. Ihre Gärten sind heimelig und verspielt und vermitteln ein Gefühl von Urlaub

Von Robert Stocker, Petershausen / Odelzhausen

Willkommen im grünen Wohnzimmer: In vielen Ecken stehen verspielte Stühle und Tische aus Eisen, Kübelpflanzen und Skulpturen schmücken fast jede Nische. Das 700 Quadratmeter große Paradies im Zentrum von Kollbach strahlt eine kontemplative Ruhe aus, der Wohlfühlfaktor ist mit Händen zu greifen. Ihr Garten bedeutet für Rosemarie Specht-Modlmayr Entspannung pur. Das gilt auch für die Pflege ihres kleinen Reichs. Umgraben, einpflanzen, Hecken schneiden? Die Gartenliebhaberin macht das mit Hingabe und Leidenschaft. Eine Arbeit, bei der sie sich erholen und vom Alltag abschalten kann. Irgendwohin in die Ferien gefahren ist sie schon lange nicht mehr - auch wegen der intensiven Pflege, die das Wohnzimmer im Freien braucht. Wenn Rosemarie Specht-Modlmayr im Garten ist, ist sie im Urlaub. "Gartenarbeit kann ich jedem gestressten Menschen empfehlen." Jeden Morgen wecken die Vögel sie mit einem Konzert. Dann steht sie auf und macht erst einmal einen Rundgang im Garten. "Es gibt nichts Entspannenderes", lautet ihr Credo.

1 / 7
(Foto: Niels P. Joergensen)

Wenn Rosemarie Specht-Modlmayr durch ihren Garten geht,...

2 / 7
(Foto: Niels P. Joergensen)

...fühlt sie sich wie im Urlaub.

3 / 7
(Foto: Niels P. Joergensen)

Eine Lieblingspflanze von Leni Müller ist der Blauregen, der sich beispielsweise am Balkon des Hauses rankt.

4 / 7
(Foto: Niels P. Joergensen)

Das Gartenhaus mit dem Namen "Blue Cottage" hat sie mit einigen Utensilien verziert.

5 / 7
(Foto: Niels P. Joergensen)

Sie liebt Gärten im englischen Stil, die nicht allzu geschleckt aussehen.

6 / 7
(Foto: Niels P. Joergensen)

Ein kleiner Teich mit Seerosen findet sich hier ebenso...

7 / 7
(Foto: Niels P. Joergensen)

...wie Himbeer-Stauden.

An diesem Sonntag öffnet Rosemarie Specht-Modlmayr ihr Paradies für viele Besucher. Sie beteiligt sich zum zweiten Mal am Tag der offenen Gartentür, den der Bezirksverband Oberbayern für Gartenkultur, der Dachauer Kreisverband für Gartenbau und Kreisfachberater Siegfried Lex veranstalten. "Ich möchte den Leuten zeigen, wie schön ein Garten sein kann", begründet Specht-Modlmayr ihre Teilnahme. Außerdem treffe man Gleichgesinnte, die wie sie leidenschaftliche Gartenfans sind. Man könne fachsimpeln und Anregungen geben. Aus ihrer Sicht gibt es nichts Interessanteres als private Gärten, jeder hat seinen eigenen Stil. Rosemarie Specht-Modlmayr würde gern einen wildromantischen Garten haben. Die romantische Komponente ist überall in ihrem grünen Reich zu finden, das Wilde fehlt ein bisschen, wie sie sagt. "Mein Perfektionssinn steht dem entgegen." Doch ihr Garten ist kein starres Gebilde, er verändert sich jedes Jahr. An der Südseite, die vom Gebäude des Nachbarn begrenzt wird, standen früher lauter Fichten. Weil sie den anderen Pflanzen Wasser entzogen, nahm Specht-Modlmayr die Bäume heraus. Den Teich, der zu nah an der Mauer lag und deshalb zu wenig Licht bekam, verlegte sie einige Meter weiter zum Haus.

1 / 4
(Foto: Niels P. Joergensen)

Verspielte Gartenmöbel und Accessoires sind überall im grünen Reich von Rosemarie Specht-Modlmayr in Kollbach zu finden.

2 / 4
(Foto: Niels P. Joergensen)

In ihrem Garten dominieren die Farben Blau, Lila und Rosa;

3 / 4
(Foto: Niels P. Joergensen)

Aquarelltöne haben es der Gartenliebhaberin besonders angetan.

4 / 4
(Foto: Niels P. Joergensen)

Neben der Sitzgruppe hinter dem Haus in Roßbach ist eine Hainbuche eingepflanzt, an deren Ästen mit Steinen gefüllte Gläser hängen. Sie beeinflussen das Wachstum der Triebe, die das Laubdach über dem Tisch vergrößern sollen.

Der südliche Teil des Gartens wirkt besonders verspielt. Ein Sitzplatz mit englischen Gartenmöbeln ist mit einer eisernen Pergola überdacht, umrankt von Clematis und einer üppig blühenden Kletterrose der Sorte Veilchenblau. Die Farben Blau, Lila und Rosa dominieren in diesem romantischen Garten, Aquarelltöne haben es der Besitzerin besonders angetan. Gelbe und rote Farben kommen hier nicht vor. Das gilt auch für das Staudenbeet mit Rosen und Kräutern, das sich an der Westseite des Hauses befindet. Neben der Sitzecke mit der blühenden Pergola hat die Gartenbesitzerin ein altes Holztor aufgestellt, das einmal zu einem Bauernstadl gehörte. Das erwarb sie auf einem Flohmarkt. "Ich bin auch eine leidenschaftliche Sammlerin." Auf Flohmärkten erstand sie viele der Skulpturen und Möbel, die ihrem Garten eine verwunschene Note geben. "Und zum Geburtstag bekomme ich seit 20 Jahren nichts anderes als Gartendeko geschenkt". Solche können übrigens Besucher am Sonntag erwerben. Eine Freundin stellt im Garten einen Verkaufsstand auf. Ihr kleines Paradies pflegt Rosemarie Specht-Modlmayr allein. Sogar den Rasen mäht sie selbst, damit keine Blumen abrasiert werden. Ihr Mann ist nur für die groben Arbeiten zuständig. "Der fährt zum Beispiel die Abfälle weg."

Auch Leni Müller hat auf ihrem 2000 Quadratmeter großen Anwesen in Roßbach im Laufe der Jahre einen wildromantischen Garten entwickelt. "Ich will einen Garten englischer Prägung, in dem nicht alles so geschleckt aussehen soll", sagt die 64-jährige gelernte Gärtnerin für Zierpflanzenbau. Die längste Zeit ihres Berufslebens arbeitete sie aber im Fliesengeschäft ihres Mannes mit. Der Garten wurde zu ihrem Hobby, dem sie mit großer Leidenschaft frönt. Seine wildromantische Note bekam er erst im Laufe der Jahre. An der Süd-und Nordseite standen ursprünglich hohe Thujen-Hecken, die anderen Pflanzen das Licht wegnahmen. "Die hab ich rausgehauen", sagt Leni Müller. Anstelle der Hecken ließ sie Säulen aus Ziegeln mauern, die mit einer Holzwand verbunden sind.

Das war der Beginn des romantischen Gartens. Wichtig ist Leni Müller, dass die Harmonie in ihrem grünen Reich stimmt. Im südlichen Teil vor dem Hanghaus bestimmen ein Pool und ein Teich das Bild. Das Schwimmbad umgibt ein Rosarium; an Eisenstangen ranken sich verschiedenfarbige Kletterrosen empor. Der Teich liegt unmittelbar daneben und ist mit Wasserlilien und schwimmenden Rosen bestückt. Blauregen ist an vielen Stellen des Gartens zu finden. "Ich liebe diese üppig blühenden und duftenden Kletterpflanzen", schwärmt die Gartenbesitzerin. Um die Hausfassade oder den Zaun zu schonen, klettern diese Gewächse an Seilen hoch. Von der Terrasse vor dem Haus führt eine steinerne Treppe den Hang hinauf zum Nordteil des Gartens. Er wird von einer Mauer aus unverputzten Ziegeln begrenzt. Um dem Hang noch mehr Halt zu geben, legte die Hausherrin vor der Mauer ein Beet mit großen Natursteinen an, in dem Gemüse und Kräuter wachsen. Gleich daneben ist eine Sitzgruppe angeordnet, deren Standort einen Blick in die freie Natur ermöglicht. "Hier sitzen wir beim Frühstück", sagt Leni Müller. Ein Platz, der ihr und ihrem Mann schon am Morgen ein Gefühl von Freiheit und Urlaub gibt. Neben dem Tisch ist eine Hainbuche eingepflanzt, die den Sitzenden Schatten spendet. Das Wachstum des Baumes beeinflusst die Gartenbesitzerin mit einem Trick: An den Ästen hängen mit Steinen gefüllte Einmachgläser, die die Richtung der neuen Triebe bestimmen.

Auch Leni Müller beteiligt sich zum zweiten Mal am Tag der offenen Gartentür. Vor fünf Jahren pilgerten etwa 1000 Besucher durch ihr grünes Reich. Angst, dass es darunter leidet, hat sie nicht. "Das sind alles Gartenliebhaber, die rücksichtsvoll sind."

© SZ vom 24.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: