SZ-Serie: Wege des Herrn, Folge 4:Die Kraft des Gehens

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Über Felder, durch Wäldchen und an der Amper entlang führt der Jakobsweg von Vierkirchen in die Dachauer Altstadt. Neben Kirchen und einer Heilwasserquelle mahnen Gedenkorte für NS-Opfer zum Innehalten

Von Anika Blatz

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(Foto: Niels P. Joergensen)

Besonders auf dieser Route sind die Wege am Fluss Amper entlang.

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(Foto: Niels P. Jørgensen)

Der Schutzheilige der Pilger ist in vielen Kirchen am Weg dargestellt, natürlich auch am Ziel in St. Jakob in der Dachauer Altstadt.

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(Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Muschel, wie hier am Dachauer Pfarrbüro, weist den Wanderern den Weg, auf dem sich immer wieder schöne Ausblicke eröffnen.

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(Foto: Niels P. Jørgensen)

Etwa auf die Kirchtürme von Heilig Kreuz und St. Josef in Schönbrunn. Die Klosterschänke ist ein guter Ort für eine Pause.

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(Foto: Niels P. Jørgensen)

Los geht's in Vierkirchen. Von dort führt die Route über den lehrreichen Baum- und Gehölzweg, der für die Bundesgartenschau in München 2005 angelegt wurde. Die Strecke eignet sich auch gut für Fahrradfahrer.

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(Foto: Niels P. Jørgensen)

Später wird das Schlossgut Mariabrunn erreicht. In romantischer Kulisse liegen die Wallfahrtskirche Mariä Verkündigung, die Schlosswirtschaft und eine Heilwasserquelle.

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(Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Martin-Huber-Treppe. Sie führt hinauf in die Dachauer Altstadt. Dort befindet sich das Ziel der Pilgerstrecke - die Kirche St. Jakob.

Ein lauer Frühlingswind kräuselt das Wasser der Amper, Sonnenlicht glitzert auf den Wellen. Vogelgezwitscher. Bäume säumen das Ufer. Das Knirschen kleiner Kieselsteine unter den Schuhsohlen entfaltet beim Gehen durch die warme Nachmittagsluft geradezu meditative Wirkung. Wenn der Geist zur Ruhe kommt, stellt sich die innere Einkehr ganz automatisch ein. Verständlich, dass der Vierkirchener Helmut Größ den vor seiner Haustür verlaufenden Abschnitt des Jakobswegs schon mehrmals gegangen ist.

Der Jakobsweg im Landkreis Dachau beginnt an der St.-Jakobus-Kirche in Vierkirchen und endet an der Pfarrkirche St. Jakob in der Dachauer Altstadt. Besonders die Wege am Fluss entlang haben es dem 75-jährigen Größ angetan. "Der Pfad an der Amper entlang ist einfach wunderschön. Oft kann man hier auch Eisvögel beobachten. Das sind echte Raritäten." Bevor der Weg an die Amper führt, sind jedoch noch einige Kilometer zu bewältigen.

Kleine blaue Schilder mit leuchtend gelber Jakobsmuschel bieten auf der Strecke Orientierung. Der Muschelspitzpunkt zeigt in die einzuschlagende Richtung. Weil die Wegweiser gelegentlich schwer zu sehen sind und an manchen entscheidenden Abzweigungen komplett fehlen, sollte man sich nicht allein auf sie verlassen. Einen groben Überblick über die Marschrichtung und Hinweise auf besonders heikle Stellen soll auch der hier gezeichnete Pilgerbericht liefern.

Vom Startpunkt S-Bahnhof Vierkirchen-Esterhofen geht es zunächst unter der Bahnunterführung durch. Die Indersdorfer Straße führt zur Kirche St. Jakobus im Ortskern. Besonders sehenswert ist die Kreuzigungsgruppe von Ignaz Günther mit Kruzifix und Mater Dolorosa. Auf dem Hochaltar befindet sich eine Statue des Kirchenpatrons St. Jakob: In der rechten Hand hält er einen Wanderstab, in der linken eine Muschel. Auch von der Decke schaut ein Heiliger Jakobus auf die Kirchenbesucher herab.

Von dort geht es Richtung Schönbrunn. Die Schilder führen von der Kirche bis zur Sandbergstraße. Vorbei an einem ehemaligen Wasserturm geht es über ruhige Feldwege, fernab vom Straßenlärm. Der für die Münchner Bundesgartenschau 2005 angelegte Baum- und Gehölzweg ist ein Teil der Strecke. Tafeln am Wegesrand informieren über die Vielfalt einheimischer Bäume und Sträucher. Am klaren Himmel kreisen Bussarde und halten nach Feldmäusen Ausschau. Durch den Wald geht es nach Schönbrunn. Auf dem Gelände des Franziskuswerks kann die Klosterkirche St. Josef besichtigt werden. An der Südseite der Kirche erinnert ein Mahnmal an die mehr als 500 Heimbewohner, die dem sogenannten Euthanasieprogramm der Nationalsozialisten zum Opfer fielen. Die Nazis hatten systematisch psychisch kranke und behinderte Menschen ermordet.

Eine erste Rast lässt sich gut im Biergarten des auf dem Weg gelegenen Klosterwirts Schönbrunn einlegen. Aber auch die nächste Station eignet sich bestens für eine Brotzeit und zum ausgiebigen Verweilen und Genießen. Vom Wirtsgarten geht es zunächst unter der Unterführung durch, auf der anderen Seite nun den Hügel steil bergauf. Vorbei am Wasserturm, über Feldwege und den Lotzbach bis schließlich der Wald erreicht wird. Im friedlichen Bründlholz beim Gehen über den weichen, moosbewachsenen Waldboden wird der Kopf leicht. Mit jedem Schritt kommt man mehr im Hier und Jetzt an. Trotz Anstiegs ist der schattige Weg bei warmem Wetter angenehm kühlend.

Das Waldstück nach links verlassend, wird das Schlossgut Mariabrunn erreicht. In romantischer Kulisse liegen die Wallfahrtskirche Mariä Verkündigung, die Schlosswirtschaft und eine Heilwasserquelle. Im 19. Jahrhundert hat die Wunderheilerin Amalie Hohenester hier gewirkt. Zum Gasthaus gehört ein Biergarten - einer der schönsten im Landkreis Dachau und ein beliebtes Ausflugsziel. Bei schönem Wetter hat er immer geöffnet.

Der Muschel folgend geht es am Biergarten vorbei den Hügel hinauf. Oben angelangt bietet sich ein herrlicher Blick auf die malerische Landschaft - bei Föhnwetter sogar mit Alpenpanorama. Auf dem Feldweg gelangt man nach Ampermoching und passiert dabei die Pfarrkirche St. Peter. Wer diese besichtigen will, muss den Besuch vorab im Pfarrbüro anmelden. Zu sehen gibt es einen prächtigen Hochaltar, zwischen dessen Säulen die Figur des Heiligen Petrus thront.

Der nun folgende Abschnitt gestaltet sich etwas knifflig, da die Muschelschilder häufig fehlen. Von der Bamergasse ausgehend, folgt man der Hauptstraße zum Ortsausgang Richtung Haimhausen bis zur Amperbrücke. Dort rechts in den Fuß- und Radweg flussaufwärts Richtung Dachau einbiegen und dann immer an der Amper entlang. Wahrhaft paradiesisch ist man hier an den Amperauen unterwegs. Nicht irritieren lassen, wenn die Muschel an einer Stelle nach links zeigt. Lieber weiterhin rechts am Fluss bleiben, der Weg ist schöner. In Dachau angelangt, entlang der Alten Römerstraße, lohnt sich ein Abstecher zur Würmmühle mit eigenem Mühlenladen. Auch das Kloster Karmel Heilig Blut liegt auf dem Weg. Rechts führt die Pater-Roth-Straße zur KZ-Gedenkstätte, die täglich bis 17 Uhr besucht werden kann. Ein Ort zum Innehalten.

Über den John-F.-Kennedy-Platz geht es nach rechts Richtung Altstadt. Über den Amperweg und die Martin-Huber-Straße erreicht man die Martin-Huber-Treppe. Sie führt hinauf in die Altstadt. Dort befindet sich das Ziel der Pilgerstrecke - die Kirche St. Jakob. Mit dem Besuch des ebenfalls dem Schutzpatron der Pilger und Reisenden geweihten Gotteshauses, schließt sich der Kreis der Tagesroute.

Wer noch im Zentrum Dachaus verweilen will, dem seien das Schloss mit Café und Hofgarten empfohlen. Die wunderschöne Gartenanlage mit Laubengang lädt zum Ausruhen ein und gibt bei passendem Wetter den Blick auf München und die Alpen frei. Es ist dies auch der geeignete Moment des Nachspürens und Entdeckens der trotz aller Erschöpfung an diesem Tag neu gewonnenen Kraft.

© SZ vom 14.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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